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Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Titel: Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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eine Körbchen hin, Rosa das andere. Die Körbchen sahen
genau gleich aus und die Hähnchenteile auch. Dann brachte er uns eine große
Schüssel Kartoffelsalat und stellte sie in die Mitte.
    »Das ist
für euch beide«, sagte er, »die kommen beide mit Kartoffelsalat, das teilt ihr
euch einfach mal schön.«
    »Was ist
der Unterschied?«, fragte ich.
    »Wovon?«
    »Was ist
der Unterschied zwischen dem steirischen und dem Wiener Backhendl?«
    »Das
steirische Backhendl ist vom steirischen Huhn«, sagte der Kellner.
    »Und das
Wiener vom Wiener?«
    »Nein, beim
Wiener Backhendl kann das Huhn von irgendwo sein. Da muss das nicht aus Wien
sein. Ich weiß gar nicht, ob die da Hühner haben in Wien, das ist ja mehr was
für auf dem Lande.«
    »Und das
macht einen Unterschied?«, sagte Rosa.
    »Keine
Ahnung. Könnt ihr ja ausprobieren. Ihr habt ja die Möglichkeit, einen Vergleich
vorzunehmen«, sagte der Kellner.
    »Aus
Österreich bist du aber nicht?!«, sagte ich auf gut Glück.
    »Nein, ich
bin aus Paderborn«, sagte er. »Das ist in Ostwestfalen.«
    »Ich weiß«,
sagte ich.
    Er machte
kurz den Mund auf, um noch was zu sagen, aber dabei fiel sein Blick auf Rosa,
die ihn stirnrunzelnd ansah, da schwieg er und ging weg.
    Rosa
löffelte mir Kartoffelsalat auf den Teller.
    »Also was
jetzt?«, sagte sie. »Bist du wegen den Drogen irre geworden oder nicht?«
    »Schwer zu
sagen«, sagte ich und nahm eine Keule aus dem Körbchen. »Warum?«
    »Nur so,
wahrscheinlich egal«, sagte sie. »Obwohl andererseits«, fügte sie nach kurzem
Nachdenken hinzu, »wenn du wegen Drogen irre geworden bist, dann kannst du das
ja für die Zukunft vermeiden. Wenn sonstwie, dann ist das schon schwieriger.«
    »Die
Zukunft ist eine dumme Sau«, sagte ich. »Man weiß nie, womit sie als Nächstes
um die Ecke kommt!«
    »Ja. Ich
glaube, das ist keine gute Idee, wenn wir jetzt irgendwas anfangen«, sagte sie
und stapelte alle ihre Hähnchenteile auf dem Teller. »Es ist echt besser, wenn
man sich erstmal noch ein bisschen näher kennenlernt.«
    »Auf jeden
Fall«, sagte ich.

22. Tourplan
    Am
nächsten Morgen
wachte ich um neun Uhr auf. Es war sehr hell im Zimmer, am Fenster waren keine
Gardinen. Ich zog mich an und ging leise aus der Wohnung. Rosa war nicht zu
sehen. Sie hatte mir einen Schlüssel gegeben und auch für das Büro hatte ich
von Ferdi einen bekommen, er hatte ihn Dave weggenommen mit den Worten: »Du
kommst doch Morgen sowieso nicht, Dave, du willst doch eh alles noch heute
Abend erledigen!« Ich setzte mich an den Schreibtisch, den Ferdi mir mit den
Worten »Hier, Woodstein!« zugewiesen hatte. Auf dem lag eine Schreibunterlage
der Firma »Auto Porsche Jaguar Schrellste« bei der jedes Blatt vom Abreißpapier
mit dem Werbespruch »Schnell, Schneller, Schrellste« bedruckt war. Die
Zettelsammlung, die mir Dave am Abend zuvor gegeben hatte, und die ich selber
am Abend, nachdem Ferdi mir diesen Schreibtisch zugewiesen hatte, auf die
Schreibunterlage gelegt hatte, lag jetzt in einem Plastik-Ablagekörbchen, das
jemand nach meinem Weggehen dazugestellt haben musste, das war ein bisschen
gespenstisch. Auf der Schreibunterlage lag dagegen ein neues Papier, es trug
die Überschrift: »MAGICAL MYSTERY: Tourplan«.
    Ich suchte
die Kaffeemaschine und machte erst einmal Kaffee. Sie röchelte wie die von
Rüdiger, das beruhigte mich ein bisschen, denn so ganz allein war mir das Büro
nicht geheuer, sie hatten da so Bewegungsmelder, die dafür sorgten, dass immer
nur dort das Deckenlicht an war, wo man gerade stand, also ging das Licht auf
dem Weg vom Schreibtisch zur Kaffeemaschine immer hinter mir aus und vor mir
an, das war ziemlicher Science-Fiction-Quatsch und wahrscheinlich eine Idee
von Raimund, sie verband zwei seiner Leidenschaften, Elektrospielzeug aus dem
Fachhandel und Geldsparen, aber mich machte das nervös, es war wie in »2001
Odyssee im Weltraum« oder was weiß ich, in welchem Science-Fiction-Film man das
nun wieder gesehen hatte, da gab es ja einige, und Klaus-Dieter hatte sie alle
im örtlichen Off-Kino immer wieder geguckt und mich oft genug mitgeschleift.
Deshalb blieb ich auch gleich mal schön bei der Kaffeemaschine stehen und
wartete, dass sie mit ihrer Arbeit fertig wurde, das gab mir ein vertrautes
Gefühl, und ich stand schön ruhig, denn wenn ich den Oberkörper zu sehr
bewegte, änderte sich das Licht, die Kaffeemaschine lag genau auf der Grenze
zweier Sensorfelder, schon ein leichter Hospitalismus brachte da

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