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Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Titel: Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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soll
ich denn jetzt ins Fluxi kommen?«
    »Geh da
vorne lang und rechts rum und auf die große Straße, da muss irgendwo ein
Taxistand sein. Oder es kommt ein Taxi vorbei.«
    »Und wenn
kein Taxi kommt?«
    »Dann geh
da auf der großen Straße links runter und immer geradeaus, dann bist du in
einer halben Stunde am Fluxi, das kommt irgendwann auf der linken Seite.«
    »Du bist
echt ein Held, Charlie!«
    »Du auch,
Raimund!«
    Dann ging
er. Ich sah ihm nach, wie er um die Ecke trottete. Dann ging ich zum Auto. Ein
Vorderrad war seltsam geknickt, wahrscheinlich war die Aufhängung gebrochen.
Lolek und Bolek zwitscherten aufgeregt, als ich den Kofferraum öffnete. Ich
nahm das Warndreieck, das dort vom letzten Mal noch lag, und baute es weiter
vorne auf den Schienen auf. Dann stellte ich das Warnlicht an und wählte die
Notrufnummer der Polizei.

43. Zugvögel
    Die
Bullen kamen nach zehn
Minuten und lachten und riefen einen Abschleppdienst und die Straßenbahnbetriebe
an. Dann gaben sie mir ein zweites Warndreieck für die andere
Straßenbahnrichtung, nur für den Fall, dass von dort eine Straßenbahn kommen
sollte, man wisse ja nie und so weiter. Dann kam auch wirklich eine Werkstattstraßenbahn
auf Betriebsfahrt um die Ecke, der Fahrer hielt vor dem Warndreieck an, stieg
aus und lachte mit. Dann kam ein Riesenbergungsfahrzeug mit einem Riesenkran
und der Fahrer stieg aus, lachte, brachte das Ding so nah wie möglich ans
Schotterbett und hob den Wagen von den Gleisen und auf seine Ladefläche. Ich
wollte mitfahren, aber die Bullen hatten andere Pläne mit mir, ich hatte beim
Röhrchenpusten keine auffälligen Ergebnisse gehabt, deshalb fuhren sie mit mir
auf die Wache und holten einen Arzt und zapften mir Blut ab und nahmen eine
Haarprobe und ließen mich mit geschlossenen Augen geradeauslaufen und auf
einem Bein stehen und den ganzen Scheiß. Als das alles nichts brachte,
schienen sie dann doch erleichtert, sie mochten mich wohl ganz gerne, jedenfalls
taten sie so, als sie mich zur Sache vernahmen, wie ich das bloß hingekriegt
habe mit dem Auto und dem Schotterbett und so weiter und so fort, sie machten
einen auf
Bewunderung, aber ich stellte mich blöd wie zu den schlimmsten Zeiten von
Werners Plenums oder Plena oder gar »Plenata«, wie Klaus-Dieter immer gesagt
hatte, das waren die Anfangszeiten gewesen, als sie mich dauernd zu meinem
Drogenverhalten ausgefragt hatten, vor allem Werner, der nicht hatte glauben
wollen, dass ich wirklich ein Multitoxfreak und damit für Clean Cut 1
qualifiziert war, verglichen mit Werner waren die Bullen Waisenknaben, denn
während Werner mir das Blödstellen nie abgenommen hatte, gaben die Bullen
ziemlich schnell auf und fanden sich damit ab, dass ich um drei Uhr morgens
noch alleine mit dem Auto unterwegs gewesen war, weil ich kein Kleingeld für
den Zigarettenautomaten gehabt hatte und dann auf der Suche nach einer
Tankstelle von der großen Straße abgekommen und in der kleinen Nebenstraße aufs
Schotterbett gebrettert war. Mit dem Rest blieb ich hart an der Wahrheit,
nämlich dass ich im Fluxi wohnte und der Chauffeur einer Truppe von DJs war,
die Deutschland bereisten. Als sie Namen wissen wollten, sagte ich ihnen, sie
könnten das alles wahrscheinlich im RaveOn nachlesen, da wäre sicher was über
die Tour drin, die im übrigen Magical Mystery hieße, worauf sie sagten,
Magical Mystery, das käme ihnen bekannt vor. Dann fuhren sie mich zur
Werkstatt, weil ich ihnen sagte, dass ich mir Sorgen um die Meerschweinchen mache,
vom Auto ganz zu schweigen, das verstanden sie, sie waren tierlieb, der eine
hatte einen Hund und der andere hatte mal einen Hund gehabt. Es waren zwei
nette Knallköpfe und beide hatten Schnurrbärte.
    Tierlieb
war auch der
Werkstattmann, der hatte die Meerschweinchen nicht nur schon entdeckt, der
hatte ihnen auch schon was zu essen gegeben und ihren Käfig saubergemacht,
der sei ja völlig verdreckt gewesen, »Kein Wunder, die scheißen ja immer alles
voll«, er habe als Kind selber welche gehabt, und darüber hinaus habe er festgestellt,
dass dies und das und jenes in der Radaufhängung hin war und irgendwelche
Lenkstangen, Pleuel-, Beuel- oder sonstigen Dinger und Seilzüge und was weiß
ich denn, auch, und dass er erst Ersatzteile kriegen müsse, und die kämen zwar
schnell, weil’s ein Mercedes sei, »aber die können auch nicht zaubern«, die
Teile würden kommen, keine Panik, 24-Stunden-Werkstatt, kein Problem, nur
teuer und vor Samstag keine Chance,

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