Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt
wenig Leute da gerade, zwei im Urlaub,
einer davon sogar Flitterwochen, gut dass wenigstens der Karneval vorbei sei,
er sei im Augenblick aber trotzdem ganz alleine, also Samstag im Laufe des
Tages möglich, aber teuer, »die können auch nicht zaubern«, so ging das immer
weiter und im Kreis herum, es hatte ein bisschen was von Ochsenzoll am
Nachmittag! Ich zückte irgendwann die Karte, gab ihm eine Anzahlung und legte
noch zwanzig Mark in bar für die Meerschweinchenpflege obendrauf. Als ich ging,
hielt er Lolek im Arm und streichelte ihn, da wusste ich die beiden Nagerfreaks
in guten Händen.
Als ich
ins Hotel kam, war
es schon halb sieben, und ich ging gleich zu Ferdi, der machte im Jogginganzug
auf, weil er zur Entgiftung ein paar Runden laufen wollte, das mache er immer,
sagte er. Bei ihm im Bett lag Sigi unter der Decke und tat, als schliefe sie,
während Ferdi die nötigen Entscheidungen fällte. Die sahen so aus, dass die
ganze Truppe außer Dave und Hans mit dem Zug nach München fahren, Dave und
Hans mit dem Auto das Merch mitnehmen und ich in Köln auf die Reparatur des
Sprinters warten und damit nachkommen sollte.
»Irgendwie
ist das ja schön hippiesk, aber andererseits auch ganz schön doof«, fasste
Ferdi den Stand der Dinge zusammen, »jetzt fliegt uns die ganze schöne Magical-Mystery-Sache
um die Ohren. Sowas geht doch nur, wenn man irgendwie zusammenbleibt!«
»Bei den
Beatles ging auch alles schief«, sagte ich.
»Ja, aber
das ist jetzt kein Trost«, sagte Ferdi. »Im Gegenteil.«
Ich ging
zur Rezeption, um
mein Zimmer um einen Tag zu verlängern. Dann half ich Ferdi, die Leute zusammenzutrommeln,
was einige Zeit dauerte. Frierend, übermüdet und sich mit Taschen und
Plattenkoffern abmühend, ließen sie sich von Ferdi und mir wie eine verwirrte
Schar Hühner in die Straßenbahn treiben, die hier zugleich auch U-Bahn war. Mit
der sollten sie zum Hauptbahnhof, Ferdi hatte sich geweigert, Taxis zu
bezahlen, »Seid froh, dass ihr nicht zu Fuß nach München laufen müsst!«, hatte
er gesagt. Raimund war die ganze Zeit ungewöhnlich schweigsam. Das Einzige, was
er hin und wieder sagte, war: »Wir hätten auf die Frankfurter hören sollen!«
44.
Die Stimme von Clean Cut 1
Ich
legte mich für
einige Stunden hin. Als ich aufwachte, schien die Sonne, und durch das Fenster
des Fluxis wehte ein warmer Wind den Straßenlärm herein. Ich stand auf, duschte
und ging hinunter. Im Fluxi gab’s keinen Kaffee, also ging ich auf die Straße
und marschierte Richtung Innenstadt. Es war ein schöner Frühlingstag und die
Leute auf der Straße machten einen fröhlichen, aufgeräumten Eindruck, und als
ich in den kleineren Straßen der Innenstadt, wo es viele Galerien und
Kunstbuchhandlungen und so weiter gab, angekommen war, ging ich in das
nächstbeste Kneipen-, Café-, Galeriedingsbums, das mir vor die Füße kam. Kaum
hatte ich mich gesetzt und einen Kaffee bekommen, klingelte das Mobiltelefon.
Bis ich es aus meiner Jackentasche gepult hatte, hassten mich alle Leute im
Laden, sie schüttelten die Köpfe und stöhnten. Was immer auch Raimund sich mit
seinem Telefon an Prestigegewinn versprach, hier war es nicht zu kriegen, hier
war der Funktelefonbesitzer ganz klar ein Freak, und zwar ein unsympathischer.
Ich drückte so schnell es ging den grünen Knopf und hielt mir das Ding ans Ohr.
»Ja?«,
sagte ich gedämpft.
»Ist da
Raimund Schulte?« Es war eine Männerstimme.
»Nein.«
»Wer ist
denn da?«
»Die Frage
ist falsch gestellt«, sagte ich leise, es konnten ja alle mithören, in dem
Laden hatten sie nicht einmal Musik, nur die elektrische Kaffeemühle, die sie
hier parallel zur Espressomaschine betrieben, die machte ab und zu einen
entlastenden Krach.
»Ich kann
Sie schlecht verstehen, wer spricht denn da?«, sagte der Mann. Seine Stimme kam
mir bekannt vor, aber richtig deuten konnte ich sie nicht, der Sound war
blechern und es gab immer wieder Aussetzer in der Verbindung.
»Nein,
umgekehrt, wer spricht denn da bei Ihnen?!«
»Ich ruf nochmal an«, sagte
der Mann und legte auf.
Ich bekam einen Kaffee und trank ihn und irgendwann kam ich
drauf: Es war die Stimme von Werner Maier gewesen, die
Stimme von Clean Cut 1.
45. Schöne Grüße
Ich
versuchte, schnell
zu bezahlen und rauszukommen aus dem Café-, Kneipen-, Galeriedings, in dem ich
saß, bevor Werner wieder anrief, aber die Frau, die bediente, war eine von der
›Ich-bin-auf-der-Arbeit-und-nicht-auf-der-Flucht‹-Sorte, und je mehr
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