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Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Titel: Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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nicht, ich also das Ding wieder aus der Jacke gefummelt und ans Ohr
gehalten: »Schulte!«
    »Ja, ich
bin’s wieder, Maier, ich hätte gerne Karl Schmidt gesprochen.«
    »Der ist
nicht da.«
    »Du kannst
durch die Nase reden, bis du schwarz geworden bist, Karl Schmidt, ich erkenne
deine Stimme!«
    Ich ließ
mich nicht beirren, zumal es Quatsch war, was er sagte, die Wahrheit war ja,
dass ich mir die Nase zuhielt, was ja nun genau das Gegenteil von
Durch-die-Nasereden war, aber das konnte ich natürlich nicht sagen.
    »Hören
Sie«, sagte ich streng, »ich weiß nicht, was Sie von Charlie wollen, aber der
ist gerade nicht in der Nähe und beleidigen lasse ich mich nicht.«
    »Soso«,
sagte Werner. »Und wann ist er mal in der Nähe, der liebe Charlie?«
    »Der ist in
Köln, wir sind in München«, sagte ich. »Der hat noch in Köln zu tun.«
    »Und was
macht der da? Und wo ist der da?«
    »Hören
Sie«, sagte ich streng, »ich versuche gerade, meinen Schnupfen auszukurieren,
ich wollte gerade ein Dampfbad mit Kamille nehmen, das ist schon aufgegossen
und das wird jetzt kalt, also wollen wir das vielleicht abkürzen: Ich kenne Sie
nicht und ich gebe Ihnen keine Auskunft über egal wen, Sie alte
Sozpäd-Kapeike.«
    »Ha, bist
du das doch, Karl Schmidt, jetzt hast du dich selbst verraten, da kannst du mir
erzählen, was du willst, das ist doch typisch dein dummes Gequatsche! Und jetzt
hör mal zu, früher oder später wirst du mit mir reden müssen, am besten früher,
so kommst du mir nicht davon, einfach abhauen ist nicht, das sag ich dir
gleich. Am besten kommst du mal gleich zurück und erzählst alles. Oder St.
Magnus erstmal, wenn die dich da noch nehmen!«
    »Ich weiß
nicht, wovon Sie reden!«
    »Na gut,
spielen wir das so weiter«, sagte Werner und ich sah ihn regelrecht vor mir,
wie er da den guten alten Werner-weiß-Bescheid-Plenumszeigefinger hin- und
herwedelte, »machen wir ruhig hier einen auf doof, aber tun Sie mir bitte einen
Gefallen, lieber Herr Schulte: Sagen Sie Charlie, wenn Sie ihn
wiedersehen, und ich bin sicher, das wird bald sein, sagen Sie ihm also, er
kann sich jederzeit bei mir melden! Ich hab zwar nicht so ein Telefon wie Sie, Herr Schulte, aber der liebe Charlie kann mich ja zu Hause
erreichen, sagen Sie ihm das, zu Hause, er wird ja wohl noch wissen, wo das
ist. Und wie da die Nummer geht. Ich habe ihn noch nicht abgeschrieben, er kann
jederzeit anrufen und er kann jederzeit zurückkommen, nüchtern oder breit, das
ist mir wurscht, oder er kann auch nicht zurückkommen, meinetwegen, aber er
soll vorher wenigstens noch einmal mit mir geredet haben, die feige Sau.«
    »Das ist
ein bisschen viel, was ich ihm da sagen soll, ich glaube nicht, dass ich mir
das alles merken kann. Können Sie ihm keinen Brief schreiben?«
    »Wohin
denn?«
    »Was weiß
ich, Sie wissen doch immer alles, dann werden Sie das schon noch rauskriegen.
Wo haben Sie eigentlich diese Nummer her?«
    »Ich hab
bei so Idioten in Berlin angerufen, die haben mir weitergeholfen, Herr
Schulte!«
    »Soso«,
sagte ich und wusste nicht mehr weiter. Irgendwie fehlte mir der alte Zausel
und ich freute mich, seine Stimme zu hören, aber er tat mir auch ein bisschen
leid, dieses
Gespräch erinnerte mich auf unangenehme Weise daran, wie meine Mutter damals in
eine Kneipe im Karolinenviertel gekommen war und gewollt hatte, dass ich mit
ihr nach Hause kam und wie ich ihr vor der versammelten Punker-Mannschaft eine
Abfuhr erteilt hatte, da war ich achtzehn gewesen, und wie sie sich dann immer
weiter zum Horst gemacht und dem Wirt mit der Polizei und sonst was gedroht
hatte, und der hatte sie ausgelacht, das war traurig gewesen, und ein bisschen
traurig wurde ich jetzt auch und ich wollte schon sagen »Okay, Werner, du alte
Betreuungshaubitze, lass uns reden«, da fing er wieder an und sagte: »Aber das
ist kein Charity-Ding, das können Sie ihm sagen, dem Charlie, wenn Sie
ihn sehen, Herr Schulte, das ist nicht, weil er mir leidtut, oder weil
ich sentimental bin, ich sehe es bloß als meine verdammte Pflicht an,
wenigstens einmal noch mit ihm geredet zu haben, haut der einfach ab, der Charlie!«
    »Ich habe
gerade nichts zum Mitschreiben«, sagte ich und dabei wanderte mein Blick nach
rechts zu den Schmidts im Regal, und da waren viele, viele Kataloge, es heißen
ja auch viele Leute Schmidt, da sind dann auch viele Künstler dabei, das ist ja
logisch, und dann sah ich einen Katalog, der war gleich mehrmals da, Rücken an
Rücken, alle

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