Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt
vielen
Dank«, sagte ich.
Die Kinder
brachten den Meerschweinchenkäfig zum Auto: Sie holten einen kleinen Rollwagen,
stellten den Käfig drauf und rollten das Ding so langsam und vorsichtig zum
Auto wie einen Atomsprengkopf. Dort hoben ihr Vater und ich den Käfig mit den
Kleintierspacken in den Kofferraum und machten die Tür hinter ihnen zu.
»Ich will
auch so welche«, sagte der Junge.
»Wenn du
zehn bist«, sagte der Vater. »Vorher nicht!« Und zu mir sagte er: »Nehmen Sie
doch noch einen Kaffee für die Fahrt mit!«
Ich sagte:
»Nicht nötig!«, aber da war er schon im Büro verschwunden und kam gleich darauf
mit einem Porzellanbecher voller Kaffee wieder, den stellte er mir aufs Armaturenbrett.
»Geschenk des Hauses«, sagte er. »Und schön vorsichtig fahren. Immer so, dass
nichts aus dem Becher schwappt. Auch ohne Becher!«
Er
überreichte mir den Schlüssel. »Am besten fahren Sie mal kurz um den Block, ich
bin noch zehn Minuten hier, zum Aufräumen, wenn Sie in zehn Minuten nicht zurück
sind, gehe ich davon aus, dass alles in Ordnung ist. Achten Sie vor allem
darauf, ob er nach links oder nach rechts zieht. Mal Lenkrad kurz loslassen.
Und Radmuttern nachziehen nicht vergessen. Etwa auf der Höhe von Bonn!«
Ich fuhr
ein bisschen durch das Gewerbegebiet, in dem die Werkstatt lag, und
zwischendurch ließ ich immer mal kurz das Lenkrad los und mal schien mir der
Wagen ein bisschen nach links und mal ein bisschen nach rechts zu ziehen, also
war wohl irgendwie alles in Ordnung. Als ich wieder zur Werkstatt kam, war sie
verschlossen. Am Tor hing ein Schild: »Wochenende«, gleich neben dem mit
»24-Stunden-Werkstatt«.
Ich
studierte die Karte
und schlug den Weg Richtung Bonn ein. Es fing zu regnen an. Hinter mir zwitscherten
Lolek und Bolek. Ich schlürfte den Kaffee aus dem geschenkten Becher, auf dem
»Ibiza« stand. Der Scheibenwischer quietschte. Auf dem Armaturenbrett lag eine
Kassette, keine Ahnung, wo die hergekommen war, ich legte sie ein und es war
BummBumm-Musik drauf und sie klang wie die, die Rosa in dem leeren Club
gespielt hatte, als ich sie zum ersten Mal gesehen hatte. Und auf der Kassette
stand, mit Buntstift draufgekritzelt, »RM«. Rosa Meier? Rosa Müller? Rosas
Mixtape? Hauptsache Rosa, dachte ich und fuhr auf die Autobahn.
48. Astrid
Nach etwa fünfzig Kilometern Fahrt fuhr
ich auf einen Parkplatz, um die Radmuttern vorne links nachzuziehen, wie es der
Mann von der Werkstatt gesagt hatte, und genau wie von ihm prophezeit brachte
das gar nichts, sie saßen so fest, wie man es sich nur wünschen konnte. Ich
drückte die Radabdeckung wieder in ihre Halterung, wischte mir die Hände an der
Hose ab und schaute auf die Uhr, es war kurz vor elf an einem Samstagmorgen, um
diese Zeit waren bei Clean Cut 1 alle mit Saubermachen beschäftigt und ich
überlegte, ob ich nicht doch Werner anrufen und ihm sagen sollte, dass es mir
gut ging und dass ich nicht breit war und dass er sich keine Sorgen machen
solle, irgendwie hatte ich ihn ja doch gern, und dann dachte ich, dass
wahrscheinlich Astrid rangehen würde, weil sie ja gleich neben dem Telefon
wohnte, und das schreckte mich erstmal ab, aber dann dachte ich, was soll’s,
wenn man Angst vor Astrid am Telefon hat, wenn sie einen sogar im Rheinland
noch schreckt, dann kann man auch gleich aufgeben und nach St. Magnus fahren,
also holte ich den Knochen raus und rief in der Clean Cut 1 an und tatsächlich
ging Astrid ans Telefon.
»Ist Herr
Maier zu sprechen?«
»Wer
spricht?«
»Schmidt,
ich möchte bitte Herrn Maier sprechen.«
»Der ist gerade nicht da, worum geht es
denn?«
»Wann kommt er denn wieder?«
»Der ist
noch im Urlaub. Aber Frau Maier ist da.«
»Nein danke, das bringt
nichts.«
»Bist du
das, Karl?«
»Karl?
Welcher Karl?«
»Sind Sie
nicht Karl Schmidt?«
»Nein,
Schmidt ja, aber Charlie Schmidt.«
»Ach so.
Also wollen Sie Frau Maier jetzt sprechen? Die ist hier zuständig, solange Herr
Maier weg ist!«
»Nein danke, ich rufe später noch mal an.«
»Wieso
später? Was soll das denn bringen?«
»Na später
eben. Ich ruf später nochmal an.«
»Später ist
der auch nicht da, der ist doch im Urlaub, das hab ich Ihnen doch eben gerade
gesagt oder etwa nicht? Etwa nicht?« Man konnte hören, wie bei Astrid die
Telefonistinnenfassade abbröckelte und die alte Hassnatter wieder rauskam.
»Ich habe doch gesagt, dass der im Urlaub ist, und mehrmals, oder etwa nicht?«
»Ich meine
doch: später im Jahr, blöde
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