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Magical Mystery

Magical Mystery

Titel: Magical Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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Außenstehenden wie mich etwas gruselig erscheinen ließ, Raimund jedenfalls steigerte sich bei aller guten Laune irgendwann so sehr in das Schrankenhusen-Borstel-schlechte-Vorahnung-Ding hinein, dass er schließlich laut in die Runde rief: »Und wenn wir einfach nicht hinfahren?!«, woraufhin alle verstummten, denn er hatte das ausgesprochen, was alle anderen die ganze Zeit schon gedacht hatten, Schrankenhusen-Borstel musste weg, das war die allgemeine Stimmung, oder »Schrankenhusen-Borstel go home«, wie Dubi es seit einiger Zeit pausenlos und nur für mich hörbar in sich hineinmurmelte, aber nun war auch er verstummt und starrte Raimund an. Und Raimund kannte nun kein Zurück mehr: »Mal ehrlich, ich meine, wer hat denn wirklich Bock auf Schrankenhusen-Borstel? Und ein Fluxi gibt’s da auch nicht, nur so Bauernbetten oder was, und was ist, wenn da nur so Güllebauern kommen, so Dreibuchstaben-Raver, die streifen sich dann die Gülle von den Stiefeln ab und kommen da vom Rübenfeld direkt in die Dorfdisco und dann soll ich da den ›Hit mit der Flöte‹ verheizen, oder was?«
    »Saxofon!«, sagte Anja lustlos.
    »Anja, ein für allemal: Es ist ein Saxofon, ich weiß das! Aber das Ding heißt nun einmal der ›Hit mit der Flöte‹ und dann ist das auch einer, ich kann jetzt echt keine Musikschuldiskussion hier gebrauchen, wir sind hier doch nicht in Rockistenhausen!«
    »Jetzt lass mal gut sein, Raimund«, sagte Ferdi vom Kopfende des Tisch. Und er hielt dazu ein Stück Rotbarsch im Bierteig mit seiner Gabel in die Luft, ich wusste, dass es Rotbarsch war, weil Ferdi vorher lang und breit erklärt hatte, dass nur Rotbarsch im Bierteig okay sei, Kabeljau und »der ganze andere Fischkram« dagegen nicht, wenn Bierteig, dann Rotbarsch, hatte Ferdi uns eingeschärft, »dann geht’s zur Not auch mal ohne Gault Millau und Kochmützen«. Jetzt jedenfalls hielt er ein Stück von seinem Rotbarsch in die Luft und ich konnte sehen und auch den Blick nicht davon abwenden, wie der Bierteig auf der dem Erdboden zugewandten Seite langsam dunkler wurde, bis sich ein Tropfen Öl materialisierte und herunterfiel, während Ferdi uns die Leviten las: »Ihr könnt gerne alle hierbleiben, aber dann seid ihr nicht mehr cool, dann seid ihr nur noch Arschlöcher. Schrankenhusen-Borstel ist scheiße, klar, was denn sonst, aber das ist die Königsdisziplin, das ist Magical Mystery, wie ich es verstehe: Dass man dahin geht, wo es wehtut, um die Message zu verbreiten, so sieht’s aus. Dass man in die Dorfdisco geht und dann spielen da die HostiBros und kann ja sein, dass dann keiner tanzt oder keiner kommt oder beides, auf jeden Fall aber haben wir dann das Licht nach Schrankenhusen-Borstel gebracht, und wenn da nur ein Jugendlicher ist, nur einer, der sich freut, dass endlich mal nicht Ü-30-Party ist oder Schaumparty oder was und der da hingeht, weil er von uns gehört hat und später sagt: »Da waren diese coolen Typen, die keiner verstanden hat, aber ich fand die toll!«, dann haben wir mehr erreicht, als wenn wir tausendmal im JLH in Frankfurt spielen, Leute. Dann haben die Leute in Schrankenhusen-Borstel mal aus erster Hand erfahren, worum es geht beim deutschen Dance, und nicht immer nur irgendwelche Artikel in ihren Käseblättern drüber gelesen, wo die Techno mit drei k in der Mitte schreiben und man immer nur die Bilder von den Mädchentitten bei der Loveparade sieht, Himmelarschundzwirn noch mal. Wenn ihr Hippies sein wollt, dann müsst ihr auch mal ein bisschen was dafür tun! Und was ist denn überhaupt die Alternative? Hier sitzenbleiben? Noch ein freier Tag? Da können wir ja gleich alle wieder nach Berlin fahren! Oder gleich nach Essen und da dann auf die Springtime warten wie ein paar Rentner im Altersheim auf Kaffee und Kuchen! Das ist doch stumpf!«
    Nun schwiegen alle betreten und nuckelten an ihren Bierflaschen. Ferdi mampfte derweil zufrieden seinen Rotbarsch. Dann fügte er hinzu: »Ich glaube, ich hätte den Fisch mit Kartoffelsalat nehmen sollen und nicht mit Fritten. Beim Kartoffelsalat ist mehr Säure drin, das hilft beim Verdauen.« Dann guckte er nacheinander jeden am Tisch ganz genau an, auch mich: »Und ist hier nun einer, der nicht nach Schrankenhusen-Borstel will?«
    »Ich finde das scheiße«, sagte Dave. »Das ist doch so ein reines Machoding, wo du uns zeigen willst, wer hier das Sagen hat, Ferdi!«
    »Ja«, sagte Ferdi. »Kann sein. Aber wer soll sonst das Sagen haben? Du?«
    »Raimund!«, sagte

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