Magical Mystery
kleine Junge, der mir damals beim Krokodilfüttern geholfen hatte.
»Ich bringe hier ein Meerschweinchen hin, damit es sich nicht einsam fühlt. Die dürfen nicht allein sein.«
»Aber hier sind doch gar keine Meerschweinchen.«
»Ich weiß, aber ich dachte, ich könnte ihn zu den Kaninchen stecken.«
»Nein, das geht nicht«, sagte der Junge, der, wie ich mich jetzt erinnerte, Hans-Peter hieß. »Ich hab mal im Fernsehen was über Meerschweinchen gesehen, das war so für Kinder gewesen, da haben die gesagt, das geht nicht mit anderen Tieren, nur mit Meerschweinchen. Sonst haben die Angst.«
Ich nahm Bolek wieder aus dem Käfig heraus. Es sah dort nicht gut für ihn aus, er war von den Kaninchen regelrecht umzingelt.
»Bist du sicher, dass der Film über Meerschweinchen ging?«
»Aber klar! Man soll die auch nicht streicheln! Und wenn die dabei so Geräusche machen, dann ist das wegen Todesangst!«
»Ja, was mach ich denn dann jetzt?«, sagte ich ratlos. »Und was machst du überhaupt hier? Habt ihr jetzt nicht Mittagessen?«
»Ich hatte keinen Hunger. Ich wollte mal zu den Tieren.«
»Weiß Hartmut, dass du hier bist?«
»Der doch nicht! Der steht doch Wache am Eingang!«
»Was mach ich denn jetzt mit dem Meerschweinchen?«, sagte ich.
»Lass das doch einfach hier, dann müssen die ein zweites Meerschweinchen anschaffen«, sagte Hans-Peter. »Ich kann denen ja sagen, dass die nicht allein sein dürfen, dann schaffen die noch eins an. Ist doch ganz einfach.«
»Wem willst du das sagen?«
»Hartmut.«
»Und wie willst du Hartmut erklären, dass du weißt, dass hier ein Meerschweinchen ist?«
»Die haben jetzt einen neuen Tierpfleger.«
»Aber du hast meine Frage nicht beantwortet.«
»Ich krieg das schon hin!« Der Junge streckte die Hände aus und ich legte ihm Bolek hinein. »Wir tun den einfach hier …«, er ging zu einem kleinen Karton, der in der Ecke lag, und setzte Bolek hinein, »… einfach hier rein und stellen ihn auf den Tisch da, dann finden die den.«
»Aber die wissen, dass ich hier runtergegangen bin. Dann wissen sie auch, dass ich ihn hergebracht habe«, sagte ich.
»Na und? Hast du ja auch«, sagte Hans-Peter.
»Stimmt auch wieder«, sagte ich.
»Ich sag denen, wie die das machen sollen, ich sag das zu Hartmut und der kümmert sich drum.«
»Hm …« Ich war nicht überzeugt.
»Du musst den Leuten auch mal vertrauen«, sagte Hans-Peter. »Wenn du den Leuten nicht vertraust, dann kommst du auf Dauer im Leben nicht klar!«
Ich lachte. »Hast du das von Hartmut?«
»Nein, hab ich mir selber ausgedacht!«
»Okay«, sagte ich, »ich vertrau dir. Du machst das schon. Der heißt übrigens Bolek.«
»Was ist das denn für ein komischer Name.«
»Können nicht alle Hans-Peter heißen.«
Ich schüttelte ihm ernsthaft und fest die Hand zum Zeichen meines Vertrauens und ging raus. Am Eingang stand Hartmut mit Dr. Selge zusammen und sie waren in ein Gespräch vertieft. Ich versuchte, mich unauffällig vorbeizuschleichen.
»Herr Karl, was verschafft uns denn die Ehre?!« Das war ungewöhnlich sarkastisch. Das war nicht die einfühlsame Psychiaterin, das war jetzt die Heimleiterin, die da sprach!
»Ich habe ein Buch in der Werkstatt vergessen«, sagte ich und zog Dubis Buch aus der Jacke und hielt es hoch. »Das hat mir im Urlaub sehr gefehlt. Ich wollte unbedingt wissen, wie es ausgeht.«
»Die Satanshexe vom Piz Palü«, las Dr. Selge vor. »Das klingt ja vielversprechend.«
»Ja, es ist sehr spannend«, sagte ich.
»Sollten Sie nicht im Urlaub irgendwo in der Lüneburger Heide sein?«
»Woher wissen Sie das, Dr. Selge?«
»Ich habe mit Herrn Maier darüber gesprochen. Der hat mich angerufen und mir komische Fragen gestellt, und dabei hat er so etwas gesagt. Dass Sie eigentlich in der Lüneburger Heide sein sollen.«
»Da gehen Züge hin und her«, sagte ich, »von Uelzen und von Lüneburg, da ist man schneller in Hamburg als Sie von Pinneberg mit dem Auto, Dr. Selge.«
»Ihre Mutter hat mich auch angerufen. Ob ich wüsste, wo Sie sind. Sie hat sich Sorgen gemacht. Herr Maier hatte sie auch angerufen.«
»Tja, dann grüßen Sie meine Mutter mal schön, wenn Sie mal wieder mit ihr sprechen, Dr. Selge.«
»Was machen Sie bloß? Sind Sie sicher, dass Sie das Richtige tun?«
Hartmut war es sichtlich unangenehm, dem Gespräch beizuwohnen, er knetete die ganze Zeit seine Hände und guckte an die Decke und nach links und rechts und kratzte seine Nase und was sonst noch alles,
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