Magical Mystery
Protoschlumheimer kaputt, ich musste erst noch einen Papierkorb dazustellen, dann ging es wieder, dann glich sich das irgendwie aus und ich konnte wieder zurück zu Frau Schmidt.
»Reparaturformulare«, rief ich im Hineinkommen, um ihr gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen, und dazu schwenkte ich die beiden Zettel, die ich noch hatte, »ich brauche neue Reparaturformulare!«
»Da ist der Kopierer«, sagte sie und sah dabei auf die elektrische Schreibmaschine, in die sie hineinhämmerte, was sie aus ihrem Kopfhörer eingeflüstert bekam, sie konnte das alles gleichzeitig, das eine sagen und was anderes dabei anhören und auch noch in ihre Maschine tippen, eine tolle Frau eigentlich, sie sah auch nicht schlecht aus, obwohl sie schon um die fünfzig war, irgendwie sexy, das kommt davon, dachte ich, wenn man die Pillen absetzt, es dauert nicht lange, dann kommt der Notstand und dann ist sogar Frau Schmidt sexy.
»Ich brauche aber Tipp-Ex«, sagte ich.
Sie hörte auf zu tippen und nahm entnervt ihren Kopfhörer ab.
»Was wollen Sie denn mit Tipp-Ex?«
»Ich muss das hier wegmachen«, sagte ich und zeigte auf die Schrift auf dem Reparaturzettel, den ich im Eifer des Gefechts schon vollgeschrieben gehabt hatte. »Ich brauche ja zwei davon, weil das doch DIN A5 ist und die Kopien DIN A4, dann muss ich ja zwei auf den Kopierer legen, und der eine ist schon vollgekritzelt, da brauch ich mal eben Tipp-Ex, ist doch logisch.«
»Logisch ist, wenn Sie den anderen, der noch leer ist, erst einmal kopieren, dann haben Sie zwei leere Formulare, die Sie auf den Kopierer legen können, und mit denen machen Sie dann die ganzen nächsten Kopien!« Sie setzte den Kopfhörer wieder auf und tippte weiter. Eine tolle Frau, keine Frage, aber auch böse, also ging ich zum Kopierer und tat, was sie mir vorgeschlagen hatte, man muss wissen, wann man verloren hat.
Ich war gerade fertig und wollte mich rausschleichen, zurück zu meinem Schlumheimer für Arme, als sich die Tür von Dr. Selges Büro öffnete und Dr. Selge, die Leiterin des Kinderkurheims Elbauen höchstselbst, in Frau Schmidts Vorzimmer kam. Ich wusste nicht genau, ob ich sie grüßen sollte, sie sah ja nicht zu mir her, sondern steuerte auf Frau Schmidt zu, »wer hereinkommt, grüßt«, heißt es, aber auch »der Mann grüßt zuerst« und »jung grüßt alt«, und eine Frau und alt war Dr. Selge, sie sah sogar noch ein wenig älter aus als sonst, irgendwie übernächtigt, und schweren Schritts steuerte sie auf Frau Schmidt zu, die immer weiter tippte und tippte, und ich raffte schnell meine Kopien zusammen und machte mich auf den Weg zur Tür, aber da hatte sie mich schon gesehen und rief: »Ach Karl, das trifft sich gut, bleiben Sie doch noch eben«, denn das war der Kompromiss gewesen, den sie seinerzeit, als ich ihr Patient und Angestellter wurde, für die Anrede gefunden hatte, sie wollte mich eigentlich duzen, weil sie mich als Kind schon gekannt hatte, sie war ja die beste Freundin meiner Mutter und wahrscheinlich auch der Grund dafür gewesen, dass meine Mutter mit mir damals nach Hamburg gezogen war, da war ich schon vierzehn gewesen und mein Vater gerade tot, jedenfalls kannte mich Dr. Selge, seit ich denken konnte, sie hatte wegen ihrer großen Freundschaft mit meiner Mutter auch vorher schon den Weg nach Bielefeld nie gescheut, ein gern gesehener Gast war sie in Ostwestfalen gewesen, deshalb hatte sie mich, als ich mit der lockeren Schraube in ihre psychiatrische Behandlung kam, zunächst hemmungslos angeduzt und ich hatte sie, um gar nicht erst das alte Tante-Marianne-Ding wieder anzufangen, gnadenlos zurückgesiezt und in die Ecke gedoktort, und am Ende hatte sie sich mit sich selbst darauf geeinigt, mich zu siezen und Karl zu nennen, die blödeste Lösung, wenn man erstmal drüber nachdenkt.
»Bleiben Sie bitte, ich möchte noch mit Ihnen sprechen, ich versuche Sie schon den ganzen Morgen zu erreichen, wo sind Sie denn gewesen?!«, sagte sie und nun schauten mich beide Frauen an, Frau Schmidt und Dr. Selge, es war ein bisschen wie mit Heidrun und Gabi, den Muttis von Gruppe acht, und ich hätte gerne den Pümpel wiedergehabt, um auch symbolisch die Kluft zwischen ihnen, den Macht- und Geistesmenschen, und mir, dem Mann von Tat und Faust oder jedenfalls dem, der die Scheiße wegschiebt und -saugt, zu unterstreichen, der Pümpel war ein starkes Symbol, zu stark wahrscheinlich für den kleinen Schlumheimer, er hatte die ganze Aufmerksamkeit aufgesaugt, deshalb
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