Magical Mystery
Raststättenspießer!«
Ich fuhr also auf den Randstreifen und stellte den Motor ab. Das Geräusch verstummte. »Sag ich doch, das ist das Auto!«, rief Ferdi.
Ich stieg aus und öffnete die Heckklappe, um das Warndreieck rauszunehmen, dabei fielen mir mehrere Koffer entgegen. Die anderen kletterten derweil aus dem Auto.
»Wir brauchen das Warndreieck«, rief Raimund gegen den Lärm der gerade wieder Fahrt aufnehmenden Autos, die eins nach dem anderen aus der Baustelle herausquollen wie in einem von Klaus-Dieters Heftchen die Sternenflottenschiffe aus den Wurmlöchern. »Bei sowas braucht man immer das Warndreieck, was willst du denn mit den Koffern?«, wandte er sich an mich.
»Das Warndreieck ist unter dem Fahrersitz«, rief Holger. »Ich weiß das, mein Vater hat auch so ein Auto, wir sind damit immer in den Urlaub gefahren.«
»Dann hol’s doch mal«, sagte ich.
Holger lief zur Fahrertür, während ich die Koffer wieder einlud. Mittlerweile waren bis auf Schöpfi alle ausgestiegen und standen auf dem Randstreifen herum und sahen mir dabei zu, wie ich versuchte, die Tür des Autos wieder zuzubekommen und zugleich die Koffer zurückzuhalten.
»Das sieht gefährlich aus«, meinte Raimund, »pass bloß auf, Charlie, dass du dir nicht die Finger klemmst.«
In diesem Moment begann das Zwitschern wieder, aber sehr leise, kaum zu hören unter dem Rauschen der vorbeifahrenden Autos. Es kam offensichtlich aus dem Innenraum des Wagens.
»Alle ruhig mal!«, schrie Raimund. »Alle ruhig mal, da ist es wieder!«
»Das ist nicht der Motor«, sagte Basti. »Das kann nicht der Motor sein. Der läuft ja gar nicht mehr!«
»Seid doch mal ruhig!«
»Das ist auf keinen Fall der Motor«, sagte Holger und reichte mir ein zusammengefaltetes Warndreieck. »Ich glaube, ich weiß jetzt, warte mal!«
Er ging zurück ins Auto und kam mit einem kleinen Plastikkäfig, der oben einen Tragegriff hatte, wieder heraus. »Es sind die Meerschweinchen!«, rief er. »Shit, die hatte ich ja ganz vergessen!« Er öffnete den Käfig und nahm ein fettes, buntes Meerschweinchen heraus. Es spreizte die Beine, als er es durch die Öffnung zog. Durch die ganze Gruppe ging ein allgemeines Raunen und Dubi sagte: »Das ist aber niedlich!«
»Das andere ist noch drin«, sagte Holger. »Die gehören meiner kleinen Schwester, die ist gerade in einem Sprachcamp, da sollte ich drauf aufpassen, da habe ich sie mitgenommen.«
Er reichte sein Meerschweinchen Dubi und holte das andere aus dem Käfig und streichelte es.
»Holger!«, rief Ferdi streng. »Das ist hier Magical Mystery, verdammt! Seit wann macht man Magical Mystery mit Meerschweinchen?! Und dann auch noch gleich zwei!«
»Nun lass ihn doch mal«, sagte Raimund, »die sind ja echt niedlich!«
»Ich wusste nicht, was ich sonst mit denen machen sollte«, sagte Holger, »ich hatte ihr versprochen, dass ich auf die aufpasse, da hatte ich das mit der Tour gerade vergessen.«
Alle standen um Holger und Dubi herum und jeder streichelte einmal die Meerschweinchen. Ich stand mit dem Warndreieck dabei und schaute auf ihre Rücken. »Die müssen immer zu zweit sein«, hörte ich Dubi sagen. »Die dürfen nicht alleine sein. Wenn die alleine sind, sind sie traurig, das ist dann Tierquälerei!«
Dann stiegen alle wieder ein und wir fuhren weiter. Die Meerschweinchen nahm Holger auf den Schoß, »Nur bis zur Raststätte, damit die auch mal rauskommen!«
Sie hießen Lolek und Bolek.
26. Salat
Die Raststätte mit dem McDonald’s kam nach einigen Kilometern. Lolek und Bolek kamen wieder in ihren Käfig und unter die hintere Rückbank, wo sie wieder zu pfeifen und zu zwitschern begannen. Ferdi bestand darauf, dass alle ihr Essen zum Mitnehmen holten, damit es schnell weitergehe. Ich hatte keinen Hunger und sagte, ich würde beim Auto bleiben und aufpassen, worauf auch immer. Rosa versprach, mir einen Kaffee mitzubringen. Als sie alle weg waren, saß ich alleine hinter dem Steuer, rauchte und schaute auf den Parkplatz. Unter der letzten Bank sangen Lolek und Bolek ihr Lied. Ich stieg aus, ging nach hinten und schaute mir die beiden näher an. Sie waren wirklich ziemlich niedlich und hatten kleine Ohren, die schlapp und gewellt am Kopf hingen wie alte Salatblätter. Der Käfig war klein und schmutzig. Ich verstand nichts von Meerschweinchen, aber sie erinnerten mich – von den Ohren einmal abgesehen – an die Kaninchen vom Kinderkurheim Elbauen. Sie hatten nicht viel Platz in ihrer Box und nicht viel zu
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