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Magical Mystery

Magical Mystery

Titel: Magical Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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wie wir von der Nachtschicht, wir machen ja immer nur Nachtschicht«, sagte der Mann.
    »Wer ist wir?«, sagte ich. »Sind Sie viele?«
    »Nur zwei, ich und mein Kollege«, sagte er, »aber der ist heute nicht da, wir wechseln uns immer ab, also wenn ich da bin, ist er natürlich nicht da und umgekehrt, ist ja logisch.«
    »Auf jeden Fall«, sagte ich.
    »Jedenfalls«, sagte er und hauchte auf eine kleine Spiegelfläche an einer Säule, die seinen Tresen begrenzte, dann wischte er sie ab und betrachtete sich oder sein Werk, wer wusste das schon, »jedenfalls sind die ganz schön aus dem Häuschen wegen dem Elch, und wenn ich den Elch hätte, dann würde ich den mal wieder freilassen.«
    »Elche sind keine Tiere, die man dauerhaft in Gefangenschaft halten kann, ebensowenig wie Hirsche, glaube ich«, sagte ich. »Der Elch ist ein freiheitsliebender Geselle.«
    »Genau!«
    »Das ist auch der Unterschied zwischen Kaninchen und Hasen«, fuhr ich fort. »Hasen kann man, so wie Elche, nicht im Käfig halten, Kaninchen aber schon.«
    »Da habe ich so noch nie drüber nachgedacht«, sagte der Mann und schaute weiter in seinen Spiegel.
    »Meerschweinchen genauso«, sagte ich.
    »Jetzt Käfig ja oder Käfig nein?«
    »Käfig ja, darum sind sie ja so beliebt.«
    »Auf jeden Fall«, sagte Prinz Eisenherz, der noch immer in den kleinen Spiegel schaute. Ich konnte sehen, dass es ihn in den Fingern juckte, sich einen Pickel auszudrücken. Stattdessen drehte er sich aber zu mir um und schaute mich an.
    »Aber Elch Käfig nein!«, sagte er.
    Dazu zwinkerte er verschwörerisch mit den Augen.
    Ich ging nach oben und ins Zimmer. Das war mit seinen zwei Betten, dem Zustellbett und dem Elch gut gefüllt. Den Elch hatte Dubi im Badezimmer versteckt, als der Mann mit dem Zustellbett geklopft hatte, hochkant, weil er anders nicht hineingepasst hätte in die kleine Nasszelle. Nun stand er zwischen Zustellbett und Fenster und schaute mich an. Ich zog meine Jacke aus, klappte das Zustellbett zusammen, legte es auf eins der anderen Betten, zog den Elch zur Tür, öffnete sie und schaute hinaus. Es war niemand zu sehen. Ich zog den Elch, den man nicht tragen konnte, so schwer und sperrig war er, hinter mir her zum Lift, stellte ihn hochkant hinein und fuhr mit ihm hinunter ins Erdgeschoss. Als dort die Lifttüren aufgingen, stand der picklige Prinz Eisenherz davor.
    »Schauen Sie«, sagte ich, »der Elch war im Lift.«
    »So ein Schlingel«, sagte der Mann.
    Ich stellte den Elch auf die Füße und zog ihn aus dem Lift heraus. »Wo hat er denn gestanden?«, fragte ich.
    »Hier auf der rechten Seite.«
    Ich stellte ihn dort ab. »Ein schönes Tier.«
    »Und arschteuer«, sagte der Mann und streichelte dem Elch über den Rücken.
    »Ich gehe dann mal auf mein Zimmer«, sagte ich.
    »Gute Nacht«, sagte der Mann.
    Auf dem Weg nach oben merkte ich, dass ich gute Laune hatte. Vielen Dank, Elch, vielen Dank, Prinz Eisenherz!
    Aber auch: Vielen Dank, Dubi!

34. Faceless Techno
    Als der Anruf kam, war ich noch ziemlich müde.
    »Sie müssen mal kommen«, sagte der Nachtportier. »Es gibt hier ein Problem mit Ihren Zimmergenossen.«
    Ich hatte zum Glück einen Pyjama an. Das war eine der Sachen, die man in Clean Cut 1 lernte: mit Pyjama ist besser als ohne Pyjama. Wenn nachts irgendwas war, einer Krawall machte wegen eines Wutanfalls oder schlechten Träumen, oder wenn man sich morgens auf dem Weg ins Bad begegnete, dann war es gut, einen Pyjama zu tragen, »Wohngemeinschaft heißt Pyjama«, sagte Werner immer, er schenkte uns die Pyjamas jedes Jahr zu Weihnachten, dem einen Flanell, dem anderen Viskose, dem einen kariert, dem anderen gestreift, nie bekamen zwei Leute denselben Pyjama, darauf achtete Werner, »Pyjamas kann man gar nicht genug haben«, sagte er, »das ist das wichtigste Kleidungsstück überhaupt«, auf diese Weise wurde in Clean Cut 1 jedes Zusammentreffen um die Schlafenszeit herum zu einer bunten Pyjamaparty und wir mussten uns nie gegenseitig in Unterhose oder T-Shirt oder gar nackt sehen.
    Ich nahm also die Plastikkarte mit den Löchern drin, die sie einem im Fluxi als Schlüssel gaben, steckte sie in die Brusttasche meines Pyjamas und ging hinaus in die Welt. Als sich im Erdgeschoss die Fahrstuhltür öffnete, standen dort auch schon Schöpfi und Dubi und der Elch und der Nachtportier mit dem komischen Haarschnitt. Dubi hatte die Arme um den Elch geschlungen.
    »Charlie, alte Socke«, sagte Schöpfi. »Schicker Pyjama!«
    »Was macht

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