Magical Village 1 Zimt und Zauber
seinem Glühwein. »Aber nichts für die Dauer. Wir wurden immer ausgeflippter, doch ich spürte immer mehr eine starke soziale Ader in mir erwachen. Lach nicht, aber ich hatte darüber nachgedacht, zur Polizei zu gehen – allerdings konnte ich mir dann doch nicht vorstellen, mir die hüftlangen Haare über Nacht streichholzkurz stutzen zu lassen. Beim Rettungsdienst waren sie nicht ganz so streng, was lange Haare betrifft – also habe ich sie nach und nach etwas schneiden lassen, und da bin ich. Vor fünf Jahren habe ich die Ausbildung gemacht und zunächst in London gearbeitet, bis ich dieses Jahr hierher versetzt wurde.«
»Und – ähm – glaubst du, dass du hier bleiben wirst … ich meine, wird man dich noch mal woandershin versetzen?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein. Ich möchte jetzt gern selbst Wurzeln schlagen. Die wilden Zeiten sind vorbei. Und in die Stadt zieht es mich nicht mehr zurück. Von daher, sosehr ich
Lav und Lob auch mag, will ich mir im neuen Jahr hier in der Gegend eine feste Bleibe suchen.«
Jaaa! In Gedanken boxte Lu vor Freude in die Luft.
Aber natürlich war da noch eine kleine Fliege in der sonst so herrlichen Suppe.
»Und – äh – Carmel? Seid ihr beide …? Ich meine, wirst du …?«
Shay zuckte die Schultern. »Wir verstehen uns prima und sind ein gutes Team. Sie ist ein tolles Mädchen. Und echt bewundernswert. Weißt du, was sie heute Abend macht?«
»Nein«, sagte Lulu, nicht sonderlich interessiert, sondern heilfroh, dass Carmel nicht auch auf der Gemeindewiese war und die elfenhafte Anstandsdame spielte.
»Sie hilft bei der Bonfire-Night-Party im Kinderhospiz. Sie gehört nämlich zum Team von ›Träume werden wahr‹ für unheilbar kranke Kinder. Damit verbringt sie jede freie Minute.«
Lulu stöhnte innerlich auf. Ach verdammt. Wie sollte sie jetzt das Elfenpüppchen Carmel weiterhin hassen, wenn die sich bei so etwas engagierte. Damit war sie ja schon fast wie eine Heilige.
»Das ist großartig«, sagte sie leise. »Sie muss wirklich was Besonderes sein.«
»Oh ja.« Shay nickte. »Das ist sie.«
Doll hatte sich bei Brett eingehakt und schwebte beinahe durch die dunklen, verqualmten Straßen von Hazy Hassocks. Das orangefarbene Glühen am Himmel zeigte, dass das Feuer schon hellauf loderte. Bestimmt ging bald das Feuerwerk los.
»Geht’s dir besser?« Brett sah sie fragend an. »Bist du sicher, dass du heute Nacht noch da hinwillst?«
»Absolut. Mir geht’s jetzt fantastisch, danke. Ähm – kann ich dich mal was fragen?«
»Wenn es nicht gerade um Quantenphysik oder den Sinn des Lebens geht, nur zu.«
»Weißt du noch, wie du gesagt hast, du willst nicht, dass sich etwas ändert? Ja also, aber wie wäre es, wenn ich aufhören würde zu arbeiten?«
»Möchtest du das denn?« Brett sah sie einigermaßen erstaunt an. »Ich dachte immer, du wärst sehr zufrieden in der Praxis.«
»Oh, das bin ich auch – ich habe mir nur überlegt, wie es wäre, wenn ich mal eine Karrierepause einlege, sagen wir mal, für ein Jahr oder so. Kämen wir zurecht? Ich meine, finanziell?«
»Ganz bestimmt. Wir müssten uns hier und dort vielleicht ein bisschen einschränken, aber insgesamt wäre es kein Problem. Wenn du dir das wünschst, unterstütze ich dich dabei voll und ganz, das weißt du ja.«
Sie lächelte. »Gut, das ist prima. Und die andere Frage: Möchtest du heiraten?«
Brett blieb stehen. »Wie bitte? Dich? Oder ganz allgemein?«
»Vorzugsweise mich«, antwortete Doll mit schelmischem Grinsen.
Brett zog sie an sich. »Seit ich dich zum ersten Mal gesehen habe, wollte ich dich heiraten – aber damals waren wir erst sechs, und du hattest mich gerade geschubst, weil ich am Spielplatz dein Hüpfspiel verpatzt hatte, und da dachte ich, ich warte lieber noch ein Weilchen, bevor ich dich frage.«
»Und nun, ein Vierteljahrhundert später?«
»Meine Gefühle für dich haben sich nicht verändert – aber
andererseits gab es bislang ja auch nicht wirklich einen Anlass, oder?«
Sie bogen um die Ecke und standen am Rand der Wiese. Der ganze Ort hatte sich versammelt, wie immer.
»Nun könnte es einen Anlass geben«, sagte Doll sanft. »Das heißt, wenn dir an den altmodischen Sitten von Hazy Hassocks etwas liegt und du möchtest, dass dein Kind ehelich geboren wird.«
Als Mitzi nach Hause kam, parkte sie den Wagen vor Nummer 33, vergewisserte sich, dass Richard und Judy nicht völlig verängstigt waren, weil über ihnen der Weltuntergang tobte, und
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