Magical Village 1 Zimt und Zauber
geschnappt und war raus auf den Gartenweg geflitzt.
Nachdem sie ihm versichert hatte, dass auch Mitzi noch immer im Gemeindesaal war und er sich um Lav und Lob keine Sorgen machen müsse, weil sich alle früher oder später am Feuer einfinden würden, hatten sie sich den Scharen warm eingepackter Menschen angeschlossen, die alle in Richtung Dorfanger strömten.
In einer Pause zwischen den Explosionen lächelte sie ihm
zu. Es gab noch vieles in Erfahrung zu bringen. »Ich liebe diese Beständigkeit, du nicht auch? Die Geborgenheit, wenn man Freunde und Familie um sich hat; zu wissen, dass jedes Jahr die gleichen Leute zur gleichen Zeit die gleichen Sachen machen, so wie heute Nacht und im Advent und Weihnachten und Ostern und an Sommerabenden und … na ja, das alles eben.«
»Wolltest du deshalb nie von hier fort?«
Sie nickte. »Schätze, ja. Natürlich will ich nicht ewig bei meiner Mutter wohnen. Aber ich werde mir in Hazy Hassocks was zur Miete suchen. Tja, sofern ich mir von meinem Gehalt je was Eigenes leisten kann … Wozu hätte ich aus dieser Gegend wegziehen sollen, wenn hier alles ist, was mir am Herzen liegt? Obwohl ich auch eine Zeit lang in Winterbrook gewohnt habe – aber das ist ja nur wenige Kilometer entfernt und nicht am Ende der Welt.«
»Hm. Lav und Lob haben mir davon erzählt … oh, danke …« Shay unterbrach sich, um Flo zwei Styroporbecher von einem Tablett abzunehmen. »Ist das Glühwein?«
Flo grinste. »Ja, so könnte man es nennen. Aus Rosenkohl und Steckrüben mit einem Schuss Wacholder. Und ein paar Gewürzen. Gekocht.«
»Gehört zur Tradition«, beruhigte ihn Lu, als sie ihren Becher nahm und Flo weiterging, um die Nächsten mit ihrem Wein zu beglücken. »Clyde braut dieses Gesöff immer zur Bonfire-Night. Also, und wie ist es mit dir? Bist du schon weit in der Welt herumgekommen?«
»Ja, ziemlich«, Shay nippte am Wein. »Lieber Gott im Himmel!«
»Der Geschmack ist gewöhnungsbedürftig.« Lu grinste und überlegte, ob es in diesem frühen Stadium ihrer Bekanntschaft
wohl zu weit ginge, ihm den Pullover abzuwischen. Nein, beschloss sie und fegte rasch mit ihren dicken Fäustlingen die Tropfen fort, wobei sie gegen das Verlangen ankämpfen musste, mit den Fingern an seinen Rippen entlangzufahren und über seine Bauchmuskeln und … sie schluckte und zog schnell ihre Hand zurück. »Und die Becher haben es so an sich, das Zeug sehr heiß zu halten.«
Shay lachte. Er hatte ein schönes Lachen. Und fantastische Augen. Und den tollsten Körper der Welt. Und Wuschelhaare wie Johnny Depp. Und zarte sinnliche Lippen. Und – oooh.
Lu krallte sich mit den Zehennägeln fest in ihre karierten Doc-Martens-Stiefel.
Sie schluckte erneut. »Also, erzähl weiter, du wolltest mir gerade von deinen Weltreisen berichten.«
»Ich weiß nicht, ob ich jemals wieder sprechen kann.« Er sah auf seinen Becher hinab. »Vielleicht lass ich das erst mal abkühlen – falls es jemals kühler wird … Und danke für die Abreibung … Ja, also, ich war ein Militärkind. Immer auf Achse. Mein Dad hatte unzählige verschiedene Posten, und ich war auf unzähligen verschiedenen Schulen; wir haben nie Wurzeln geschlagen; ich hatte nie längere Freundschaften. Als ich mit der Schule fertig war, hatte ich schon in sieben verschiedenen Ländern gelebt. Als mein Vater dann in den Ruhestand ging, sind meine Mutter und er in seine Heimatstadt im Ring of Kerry zurück – aber Mum hat es dort nicht gefallen. Sie konnte sich nicht eingewöhnen. Sie haben sich dann scheiden lassen. Er lebt noch dort. Sie wohnt in London. Beide sind glücklich mit neuen Partnern.«
Wow, dachte Lu und nickte. Ganz schön vertrackte Geschichte. Das erklärte einiges.
»Und der Sanitäterjob? Wolltest du das schon immer machen, oder bist du da mehr so reingerutscht?«
»Doch, das wollte ich, als ich schließlich erwachsen wurde. Vorher war ich während des Studiums und noch einige Zeit danach Bassist in einer Heavy-Metal-Band. Wir haben es eine Weile professionell versucht und wirklich wildes Zeug gemacht.«
Wow, dachte Lu. Sie konnte ihn bildlich vor sich sehen, wie er sich im Scheinwerfernebel mit seinem Rickenbacker lasziv hin und her wiegte und mit wehenden Haaren in hautengen zerfetzten Jeans und sonst kaum etwas am Leib den pulsierenden Rhythmus vorgab.
»Ich wünschte, ich hätte dich mal bei einem Auftritt gesehen. Hattest du Groupies?«
»Scharenweise. War’ne tolle Zeit.« Tapfer nahm Shay einen Schluck von
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