Magical Village 1 Zimt und Zauber
Mum!« Plötzlich beugte sich Lulu über den Tisch. »Hallo, Joel. Können wir uns dazusetzen?«
Noch ehe sich einer von ihnen dazu äußern konnte, hatte
sie einen Stuhl herangezogen. Sie stopfte den müffelnden Afghanen unter den Tisch und strahlte die beiden an. »Shay holt gerade die Getränke. Habt ihr euch gut amüsiert?«
»Großartig«, antworteten sie wie aus einem Mund und lachten.
Lulu nickte. »Haben wir natürlich alles Großmutters Apfel-Liebeszauber zu verdanken … geiles Zeug. Ach schau – ein Familientreffen!«
Mitzi reckte den Hals und erspähte Dolls adretten Blondschopf, der sich mit Brett im Gefolge auf und ab hüpfend durch die Menge auf sie zubewegte. Es war nett, die beiden zu sehen, dachte sie. Wegen seiner Frühaufsteherei gingen sie abends nur selten aus, und Mitzi hätte nicht erwartet, dass sie nach dem Feuerwerk noch in den Pub kämen. Es ging wohl aufwärts mit den beiden.
»Hi!« Dolls Augen funkelten mehr als jedes Feuerwerk. »Ich bin froh, dass ihr hier alle versammelt seid. Dann muss ich es nur einmal bekanntgeben.«
Brett lächelte ihr zu und küsste sie auf den Scheitel.
»Oh, bitte!« Lu zog eine Grimasse. »Doch nicht in aller Öffentlichkeit!«
Doll streckte ihr die Zunge raus und drehte ihr Strahlen noch heller auf. »Mum, du wirst Großmutter. Lu, du wirst Tante. Joel, du wirst auf eine Assistentin verzichten müssen. Ach, und ihr seid alle zur Hochzeit eingeladen – an Heiligabend …«
16. Kapitel
A ls ich dich heute Abend zum Essen einladen wollte«, flüsterte Joel in der frostigen Finsternis des Gemeindesaals, »hatte ich mir das eigentlich ein bisschen anders vorgestellt.«
»Ja, ich weiß. Ich auch. Tut mir wirklich leid«, flüsterte Mitzi zurück und reichte ihm eins von Lavenders und Lobelias speziellen Fischpaste-Sandwiches mit Sardinengeschmack. »Aber das ist doch auch ein Spaß, oder nicht?«
»Und mal ganz was anderes«, sagte Joel mit zustimmendem Nicken. »In solchen Dingen komme ich seit meinem ersten Besuch in Hazy Hassocks immer mehr auf den Geschmack – im Gegensatz zu den Sandwiches.«
Mitzi kicherte, und der Dansette-Plattenspieler begann nun ächzend mit dem »Electric Blues« von Ragni, Rado und MacDermot.
Die vergangene Woche, seit Dolls und Bretts weltbewegender Bekanntmachung, war eine der merkwürdigsten ihres Lebens gewesen. Die Erfahrung, Großmutter werden zu sollen und genau zur gleichen Zeit so närrisch zu sein, sich zu verlieben, hatte ihre Welt vollkommen auf den Kopf gestellt.
Am Guy-Fawkes-Abend im Faery Glen hatte Mitzi nicht gewusst, ob sie lachen oder weinen sollte. Natürlich freute sie sich riesig für Doll und Brett, aber – da sie sich doch Joel
gegenüber gerade so aufgekratzt fühlte wie ein Teenager – diese Ankündigung hätte vom Zeitpunkt her nicht unpassender kommen können.
Natürlich hatte sie auch da schon gewusst, dass sie viel zu alt für ihn war. Eine Liebesbeziehung kam gar nicht infrage. Jedem halbwegs vernünftigen Menschen musste das klar sein. Auch hatte er keinerlei Interesse in dieser Richtung bekundet. Doch nach ihrer Halloween-Party hatte sie sich eine kleine Träumerei erlaubt – oder auch zwei oder drei -, wie es eventuell sein könnte, wenn man sich über Konventionen hinwegsetzte und Wunder geschähen und Wünsche wahr würden.
Dann war der Todesstoß gekommen.
Großmutter .
Okay, es war reichlich selbstsüchtig, aber das klang doch einfach ganz schrecklich alt! Sosehr sie auch das Gefühl haben mochte, im Geiste noch zweiundzwanzig zu sein und jugendlich im Aussehen, ihrer Kleidung und, na ja, allem eben – so gab es doch wohl kaum etwas Tödlicheres für eine aufkeimende Romanze mit einem atemberaubenden jungen Mann, als »Oma« genannt zu werden!?
Als sie an jenem Abend bei Otto und Boris am lodernden Kaminfeuer gesessen, Doll und Brett umarmt und versucht hatte, das alles zu verdauen, war ihr klar geworden, dass sie sich eben damit zufriedengeben musste, Joels Gesellschaft zu genießen. Sie würde das Beste aus der Freundschaft mit ihm machen, aber sich weitere alberne Ideen von beiderseitiger Liebe aus dem Kopf schlagen müssen. Während sie kurz zuvor noch den ganzen Weg von der Gemeindewiese bis zum Faery Glen wie auf Wolken gegangen war, war sie nun mit lautem Plumps wieder auf dem Boden der Tatsachen gelandet.
Nicht dass Mitzis Füße oder ihr Inneres sonderlich lange am Boden geblieben wären. Als sich die Nachricht von dem Baby und der Hochzeit am Heiligabend erst
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