Magie des Windes - Feehan, C: Magie des Windes - Safe Harbor (5 - Hannah)
und sie anschreien.«
» Wie kommst du auf den Gedanken, dass ich das täte?«, fragte Jonas.
»Vielleicht hat dein Fluchen mir einen Anhaltspunkt dafür gegeben«, sagte Kate.
Hannah stellte fest, dass das Grummeln in ihrem Magen ein wenig nachließ. Jonas würde sie nicht so behandeln, als könnte sie jeden Moment in Stücke brechen, selbst dann nicht, wenn sie bereits zerbrochen war.
Jonas schlüpfte durch den Türspalt, schloss die Tür hinter sich und drehte den Schlüssel im Schloss um. Sie blieb ganz still stehen, während er sich ein Bild von dem entstandenen Schaden machte. Ihr antiker freistehender Spiegel war zerbrochen; nur zwei kleine spitze Scherben hingen noch an dem Rahmen. Das Glas war überall auf dem Fußboden verteilt. Manche Splitter ragten sogar wie kleine Dolche auf und funkelten wie Silber.
»Rühr dich nicht von der Stelle, Baby«, sagte er.
»Entgegen dem, was alle glauben, habe ich keine Selbstmordgedanken, ich verhalte mich lediglich irrational.« Ihre Stimme war das heisere Hauchen, von dem die Ärzte gesagt hatten, sie würde sich daran gewöhnen müssen. Sie hielt sich eine Hand vors Gesicht. Er hatte sie gesehen, als sie in Verbandszeug eingehüllt gewesen war, aber jetzt hatte sie die Verbände abgenommen, um nachzusehen, was sich darunter verbarg, und der Anblick war grässlich. Sie wollte sich nicht im Spiegel sehen und sie wollte sich auch nicht in seinen Augen gespiegelt sehen. Aber vor allem wollte sie kein Mitleid auf seinen Zügen sehen.
Jonas stapfte durch das Glas, hob sie hoch und zog sie auf seine Arme. »Aufs Bett oder auf den Balkon?«
Sie errötete, nicht nur ihr Gesicht, sondern ihr ganzer Körper. Sie fühlte seinen Atem warm auf ihrem Hals. Ihr Morgenmantel war aufgesprungen und er sah auf die Schnittwunden hinunter, die sich rot und entzündlich gegen ihr nacktes Fleisch absetzten. »Jonas. Schau nicht hin.«
» Warum zum Teufel nicht?«
»Hör auf zu fluchen. Und du weißt selbst, warum. Es ist g-g-grauenhaft.« Sie schloss die Augen. Sie würde nicht stottern.
Sie weigerte sich, noch kaputter dazustehen, als sie es ohnehin schon war.
Jonas trug sie zu den Flügeltüren und stellte sie dort ab. Seine Hände legten sich auf den Kragen ihres Morgenmantels und schlugen ihn auf, bevor sie ihn daran hindern konnte. »Ich bin so verflucht froh, dass du am Leben bist. Du glaubst doch nicht etwa im Ernst, mich stören die Nähte? Ich will nur nachsehen, ob sie ordentlich verheilen. Die Ärzte wollten dich schließlich noch nicht entlassen.«
Jede Spur von Farbe schwand aus ihrem Gesicht. Sie schnappte nach Luft. Ein kleiner erstickter Laut entrang sich ihr, als sie versuchte, vor ihm zurückzuweichen und ihren Bademantel blitzschnell zu schließen, doch er hielt den Stoff unbarmherzig auseinander.
»Ich weiß nicht recht, Baby«, sagte er versonnen, »es sieht immer noch so aus, als täte es ganz schön weh.« Seine Fingerkuppen strichen über die Rundung ihrer Brust. »Hat Libby sich das angesehen? Das ist nämlich dringend nötig. Die Stelle ist sehr rot. Sie könnte entzündet sein.«
Erst vor wenigen Wochen hatte Jonas ihre Brüste berührt und sein Mund war genau dort gewesen, wo seine Hände jetzt lagen, heiß und hungrig vor Verlangen. Sie rechnete damit, seinen Ekel und seine Entrüstung zu fühlen, doch stattdessen nahm sie stille Duldung wahr, verbunden mit Sorge um sie und Anerkennung für das Tempo, in dem ihre Schwestern sie heilten. Nicht so schnell, dass es ihnen sämtliche Energien raubte und sie zu nichts anderem mehr in der Lage waren, doch sie war am Leben und die Wunden heilten von innen heraus.
Sie fühlte sich sehr verletzbar, als sie nackt dastand und er ihren Bademantel aufhielt, während er die Wunden so sachlich untersuchte, als sei sie eine zerbrochene Statue, die wieder zusammengeleimt worden war, und nicht eine echte Frau aus Fleisch und Blut. Sie wusste nicht, was schlimmer war. Die
Wunden überzogen sie vom Gesicht bis zum Bauch, grauenhafte tiefe Schnitte und Stiche, die sich über ihre bleiche Haut zogen.
» Was hat Libby über Kinder gesagt?« Seine Stimme wurde mürrisch. Seine Fingerspitzen hoben sich auf ihre Kehle und glitten von ihren Brüsten auf ihre Rippen und von dort aus auf ihren Magen und schließlich auf ihren Unterleib. Er legte seine Handfläche darauf und spreizte die Finger. »Können wir trotzdem Kinder haben, Hannah?«
Sie blinzelte gegen ihre Tränen an, als sie hörte, wie rau seine Stimme geworden
Weitere Kostenlose Bücher