Magier unter Verdacht
erwartete die Unsichtbar-Affen kein Paradies. Stattdessen lag eine Betonwüste vor ihnen, in der tiefe Risse prangten und die von kahlen Hinterhofmauern umgeben war. Nur an einer Seite war der Hof offen. Hinter einer niedrigen Mauer erstreckte sich eine Baustelle. Vor der Mauer standen ein paar Mülltonnen ordentlich in einer Reihe. Ansonsten gab es in dem Hof nur noch eine mit einem Gitter verschlossene Toreinfahrt und viele Fenster, die alle geschlossen waren. Lediglich ein Fenster stand einen Spalt weit offen und davor saß ein grüner Papagei auf einer Stange. Sein Fuß war angekettet.
Als Goffi ihn sah, kreischte er laut.
Sofort antwortete der Papagei mit einem durchdringenden Ruf und stellte den Kamm auf.
„Moses?“, rief eine krächzende alte Frauenstimme. „Was hast du?“
„Gefahr, Gefahr!“, kreischte der Papagei.
Das Fenster wurde aufgezogen und eine dicke Frau in einem Kittel streckte ihren Kopf hinaus. Forschend sah sie zu den Unsichtbar-Affen herunter.
„Was macht ihr da?“
„Wir wollten wissen, ob Sie einen roten Sessel gesehen haben“, rief Addi.
„Das hässliche Ding?“ Die Frau nickte. „Habt ihr den hier reingestellt? Herr Schneider hat sich vorhin ganz schön aufgeregt. Der Sessel hat den Eingang zu seiner Garage versperrt.“ Sie deutete auf ein grünes Holztor.
„Nein, wir waren das nicht“, sagte Jenny. „Aber wie ist denn der Sessel hierhergekommen? Wir verfolgen nämlich seine Spur.“
„Seine Spur!?“, wiederholte die Frau. „Hast du das gehört, Moses?“
„Moses hat Hunger“, krächzte der Vogel.
Die Frau streichelte ihm über den Schnabel. „Gleich, mein Alter.“ Dann wandte sie sich an Jenny. „Den haben hier ein paar Gören angeschleppt. Ich dachte, ihr wärt das gewesen.“
„Wohnen die hier?“, erkundigte sich Ağan.
„Nein, aber die kommen in den Hof, um Fußball zu spielen. Und ihr wart das wirklich nicht? Ihr seht nämlich aus wie die!“
„Bestimmt nicht!“, entgegnete Addi. Er sah sich um. „Wie soll man denn hier Fußball spielen?“
„Junge, das weiß ich doch nicht!“, rief die Frau. „Aber das waren Fußballgören. So, und jetzt bekommt mein Moses sein Futter!“
Sie ließ Moses von der Stange auf ihren Arm klettern, löste die Kette und verschwand mit dem Papagei in ihrer Wohnung.
„Wer spielt denn hier Fußball?“, fragte Addi an Ağan gewandt. „Hier gibt es nicht mal ein Tor.“
„Doch“, sagte Ağan. „Sogar zwei!“
Er zeigte auf die vergitterte Durchfahrt. „Da ist das eine. Und da“, er deutete auf die Mülltonnen, „war sicher das zweite. Die Mülltonnen sind der eine Pfosten …“
„… und der Sessel war der andere!“, rief Jenny. „Und er stand genau vor der Garage von dem Motorradfahrer. Jetzt ist alles klar.“
„Aber wenn man hier zu hoch schießt, fliegt der Ball doch über die Mauer“, meinte Addi. „Dann landet er auf der Baustelle und ist sehr leicht für immer futsch!“
„Stimmt alles“, erklärte Ağan. „Aber dafür fahren hier keine Autos.“
„Okay, Addi.“ Jenny beugte sich vor, um ihre bunt karierten Strümpfe hochzuziehen. „Wenn das so ist … müssen wir also nach Fußballspielern suchen.“
Ağan nickte nachdenklich. „Es gibt hier eine ganze Menge Fußballspieler. Aber leider kenne ich keinen einzigen von denen.“
„Wieso denn nicht?“, fragte Jenny.
„Ganz einfach, ich spiele kein Fußball“, antwortete Ağan. „Die haben immer gesagt, ich bin nicht gut genug. Und das stimmt, glaube ich, auch. Karu spielt viel besser als ich, obwohl er noch so klein ist.“
„Na und!“ Jennys Augen begannen zu blitzen. „Wir müssen ja auch nicht mit denen spielen, sondern sie nur finden. Kommt, es ist genau die richtige Uhrzeit dafür. Wer Fußball spielt, der spielt am Nachmittag.“
„Aber wenn sie jetzt spielen würden, dann wären sie doch wohl hier“, meinte Addi. „Und da hier keiner ist …“
„… spielen sie bestimmt woanders“, vollendete Jenny seinen Satz. „Wo sind denn hier noch Fußballplätze?“
Ağan zuckte die Schultern. „Ich weiß es nicht.“
„Oh Mann, Jungs!“ Jenny drehte sich um und marschierte vom Hof. „Dann werde ich mich wohl mal darum kümmern müssen!“
Gefolgt von Addi und Ağan ging sie auf die Straße und hielt dort nach anderen Kindern Ausschau. Nach kurzer Zeit hatte sie zwei Jungen ausgemacht, die an einer Bushaltestelle aus dem Bus stiegen.
„He, ihr!“ Jenny ging auf sie zu. „Wohnt ihr hier in der
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