Magier unter Verdacht
plötzlich über dem Ascheplatz aufglänzte wie eine Goldlaterne.
„Wenn ihr cool bleibt, kann ich es euch erklären. Aber ihr führt euch ja auf wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen. Jetzt hört also einfach mal zu. Wir suchen den Sessel, weil wir vorhin amStraßenrand darauf gesessen haben, und dann ist so ein Typ gekommen und hat ihn uns weggeklaut. Dieser Lügner hat behauptet, er hätte den Sessel heute Morgen bei einem Umzug vergessen.“
„Das kann nicht stimmen“, rief der Torwart. „Der Sessel war ja gestern schon da!“
„Eben“, nickte Ağan.
„Der hat euch angeschmiert“, meinte der schlaksige Stürmer. „Den Sessel haben wir gestern bei den Müllcontainern gefunden. Und Wampi hier hat den in den Hof mitgeschleppt.“
Der dicke Torwart grinste. „Genau, mit meiner eigenen Hände Kraft. Ich habe gesagt, dann kann ich mich da reinsetzen, wenn meine Stürmer auf der anderen Seite zaubern. Das nenne ich endlich mal einen guten Torwartposten!“
„Weil du eine faule Sau bist!“, gackerte ein kleiner Spieler los.
„Ein Sesselfurzertorwart bist du!“
„Und du bist ein schneckenschleimiger Maulwurfstorjäger!“
Jenny verzog den Mund. „Und welche Müllcontainer meint ihr? Könnt ihr das noch sagen, bevor ihr euch die nächsten Beleidigungen um die Ohren knallt?“
„Das sind doch keine Beleidigungen, das sind Liebeserklärungen!“, rief der Torwart.
„Da hat Wampi recht!“, grölte der kleine Stürmer. „Der Sesselfurzer ist zwar ein Vollpfosten und der erste sitzende Sesselfurzvollpfosten im ganzen Rollbergkiez, aber ein echter Kumpel!“
„Okay“, sagte Jenny. „Kapiert! Aber wo sind die Müllcontainer?“
„Na, Mann“, sagte der lange Stürmer. „In der Selchower natürlich. Immer der Nase nach. Da, wo es am fiesesten riecht, seid ihr richtig.“
Jenny schüttelte ihr Haar, sodass es wie bleiche Funken um ihre Schultern flog. „Danke!“
Der dicke Torwart grinste. „Den habe ich da direkt vor der Müllabfuhr gerettet!“ Er wurde plötzlich ein bisschen rot. „Aber wir spielen jetzt hier weiter, also sucht mal schön! Und grüßt den Sessel von mir, wenn ihr ihn findet. Das war der beste Pfosten, den ich je hatte, und bei den Stürmer-Luschen hier kann man sich schon mal zwischendurch ’ne Weile hinpflanzen!“ Er drehte sich um und stapfte in sein Tor zurück.
„Und wann kommt die Müllabfuhr immer?“, rief Addi ihm nach.
„Na, immer Mittwoch und Freitag. So am Spätnachmittag.“
„Das ist ja genau jetzt“, entfuhr es Ağan. „Dann nichts wie los!“
„Mann, das war ja mal wieder typisch Jungs“, meinte Jenny, als sie durch die Straßen Richtung Selchower rannten. „Erst einen auf Obermacker machen und dann so sanft wie geschmolzene Butter.“
Natürlich roch es in der Selchower Straße überhaupt nicht nach Müll.
„Das mit dem Gestank war nur ein Spruch. Hab ich mir fast gedacht“, meinte Ağan. „Aber immerhin haben sie uns in die richtige Straße geschickt. Ich hatte schon Angst, die verkohlen uns.“
Jenny sah sich um. „Hoffentlich nicht. Nur wie finden wir jetzt die Container?“
Wie überall in Berlin standen auch hier die Mülleimer und Müllcontainer nicht offen an der Straße, sondern in den Hinterhöfen. Und dorthin kam man nur durch Treppenhäuser oder Einfahrten.
„Unsere einzige Chance“, sagte Addi, „sind die Müllmänner. Die müssen wir abpassen und sie dann fragen!“
„Guter Plan!“, stimmte Ağan zu. „Und die finden wir.“
„Ach ja?“, meinte Addi. „Und wie bitteschön? Ich sehe nämlich leider gerade keine Müllabfuhr. Das heißt ja wohl mal wieder warten!“
„Irrtum!“ Ağan zeigte zur nächsten Kreuzung. „Guckt mal, was da kommt …“
Vor den Augen der Freunde bog ein gewaltiger orangefarbener Lastwagen um die Ecke, an dessen Rückseite zwei Müllmänner in gleichfalls orangen Uniformen auf Trittbrettern standen und sich an Haltegriffen festhielten. Ihre Gesichter waren rau vomWetter, sie hatten kräftige Bäuche und unter den Jacken zeichneten sich starke Armmuskeln ab.
„Ich finde Müllautos cool“, sagte Jenny. „Besonders, wenn die Container hinten hochgefahren werden und der Müll reingekippt.“
Addi nickte. „Ja, das donnert und scheppert immer so schön.“
Ağan zog nachdenklich die Stirn kraus. „In einem Müllauto kann alles verschwinden. Da landen bestimmt auch viele Schätze.“ Er sah den großen Wagen an, der jetzt langsam näher kam. „Ich habe gehört, auf der
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