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Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Titel: Magierdämmerung 03 - In den Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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Wilkins’ Bewusstsein schrie vor Schmerz. Es schrie, als würde man ihn bei lebendigem Leibe verbrennen, was gewissermaßen sogar stimmte, denn die Magie kochte seinen Körper, ließ ihn schmelzen, nur um ihn anschließend aufs Neue zusammenzusetzen.
    »Dreißig Sekunden«, meldete Polidori. Er warf einen besorgten Blick auf den zuckenden Schemen. In seinen Augen glühte das Licht der Wahrsicht. »Nehmen Sie ihn raus, Wellington.«
    »Noch einen kurzen Moment«, widersprach dieser.
    »Er hält es nicht länger aus! Und was nützt er uns, wenn er tot ist?«
    Wellington tastete sich erneut in Wilkins’ Geist vor. Er schrie nicht mehr, sondern hatte das Bewusstsein verloren. Das schwach leuchtende Kerzenlicht seines verbliebenen Verstandes flackerte. »In Ordnung«, gab er nach und riss Wilkins mit einer kraftvollen Bewegung aus der Quelle. Hyde-White stand bereit, um den ohnmächtigen Körper aufzufangen.
    »Uff«, keuchte der Hüne. »Der Bursche ist ordentlich schwer geworden.« Er ließ ihn zu Boden sinken.
    Neugierig versammelten sich die drei Männer um den Gefallenen. Eine Weile sprach niemand ein Wort. Dann fing Polidori an zu glucksen, im nächsten Moment brach ein lautes Lachen aus ihm heraus. »Victor, Sie sind ein Teufelskerl!«, rief er und schlug sich mit der Faust in die flache Hand.
    Wellington tastete nach Wilkins’ Bewusstsein und stellte zufrieden fest, dass der Mann noch unter ihnen weilte. Ein triumphierendes Lächeln umspielte seine Mundwinkel, als er zu Polidori aufschaute. Sie hatten es tatsächlich geschafft.
    Ihm war klar, dass er mit dieser Tat eine Grenze überschritten hatte. Für viele Menschen würde er kein Teufelskerl sein, sondern vielmehr der Teufel persönlich. Andererseits war der Preis des Erfolgs nun einmal absolute Opferbereitschaft. Das hatte er immer akzeptiert, sonst wäre er nie so weit gekommen. Insofern konnte er auch mit dem Entsetzen und der Abscheu jener leben, die nicht imstande waren, Wellingtons Vision genauso zu teilen wie Polidori oder Hyde-White.

kapitel 35:
    die verschwörer von london
    »Toronto. Bei dem Versuch, durch eine Röntgenaufnahme einen ärztlichen Kunstfehler beim Heilen eines Beinbruchs zu beweisen, hat sich ein Mann selbst verletzt. Nach vier erfolglosen Aufnahmeversuchen, setzte der Fotograph James Pinell sein Bein zweieinhalb Stunden lang dem Röntgenstrahl aus. Bald darauf bildete sich an der Stelle eine große Blase, und nachdem sie abgeklungen war, befand sich auf der Haut ein brandig schwarzer Fleck. Welche Schäden genau das Gewebe genommen hat, können die Ärzte noch nicht mit Gewissheit sagen.«
    – New York Times, 26. April 1897
    26. April 1897, 16:50 Uhr GMT
    Atlantik, etwa 545 Seemeilen südwestlich von England
    »Ja, sehr gut, Mister Kentham. Gleich noch einmal.« Meister Fu, der mit untergeschlagenen Beinen auf seinem Kissen saß, holte mit der rechten Hand aus und schoss Jonathan ein flirrendes Fadenbündel entgegen. Dieser machte einen raschen Schritt zur Seite und leitete es mit einer Abwehrbewegung zum Boden ab. Es gab einen dumpfen Schlag, und die Holzbohlen knarrten.
    »Zweifacher Angriff«, verkündete Fu, seine Arme zuckten nach vorne, und zwei Fäden peitschten auf Jonathan zu. Dieser wich erneut aus und schlug kräftig gegen das rechte Fadenbündel, das daraufhin einer Billardkugel gleich das linke traf und dieses zur gewölbten Wand der Kabine ablenkte. »Sehen Sie her!«, rief er voller Begeisterung. Im nächsten Moment ächzte er, als er von einem dritten Fadenbündel direkt in die Brust getroffen wurde.
    Sein Laut der Überraschung – denn schmerzhaft waren die von ihrem asiatischen Lehrer ausgeteilten, abgeschwächten Fadenbündel nicht – wurde von einem empörten Ausruf Kendras begleitet, die Jonathans Unterweisung auf einer Kiste sitzend und mit leicht mürrischem Blick beobachtet hatte. »Warum haben Sie mich angegriffen?«, beschwerte sich die junge Frau. »Ich war überhaupt nicht an der Reihe!«
    Fu legte bedächtig die Hände in den Schoß. »Zwei Dinge haben Sie eben gelernt«, verkündete er mit seiner weichen Stimme in dozierendem Tonfall. »Sie, Mister Kentham, müssen stets erwarten, dass Gegner ein weiteres Mal angreift. Sie, Miss McKellen, dürfen nie vergessen, dass in Wirklichkeit Sie immer und überall zum Ziel Ihrer Feinde werden können. Seien Sie aufmerksam, beide. Es gibt noch viele Tricks, die Sie nicht kennen, und Gegner wird sie genau dann einsetzen, wenn Sie am wenigsten damit

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