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Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Titel: Magierdämmerung 03 - In den Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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später.« Jonathan klopfte Robert aufmunternd auf die Schulter.
    Dieser schien unter der Berührung leicht zusammenzuzucken. Und als er erneut lächelte, wirkte sein Lächeln wieder eigenartig verzerrt, so als litte er Schmerzen oder als wisse er nicht mehr richtig, wie man lächelte. »Ich … danke dir, Jonathan. Ich danke euch beiden.«
    26. April 1897, 18:25 Uhr GMT
    England, London, Buckingham Palace
    An der Tür zu Feodoras Gemächern klopfte es.
    »Herein!«, rief sie, während sie im Spiegel zusah, wie Mina letzte Handgriffe an ihrer Abendgarderobe vornahm.
    Ein Diener erschien im Türrahmen. »Hoheit, die Kutsche steht bereit, und Captain Thomas Connery ist ebenfalls schon eingetroffen. Er erwartet Sie.«
    »Ich komme gleich«, sagte Feodora leicht gereizt.
    »Sehr wohl.« Der Diener verbeugte sich und zog sich zurück.
    Feodora verdrehte die Augen. Sie hasste es, gehetzt zu werden, auch wenn es in der Tat langsam Zeit wurde, zur abendlichen Theatervorstellung im Lyceum aufzubrechen, zu der sie der Captain ausführen sollte. Sie kannte Connery nicht. Ihre Großtante Louise hatte ihn für sie zur Abendbegleitung ausgesucht. Es hieß, dass er eine vielversprechende Laufbahn in der Admiralität der Royal Navy vor sich habe, aber Feodora verstand nicht, wie ihn das zu einem guten Gesellschafter machen sollte. Vermutlich würde er den ganzen Abend von Segelschiffen und soldatischer Ehre reden. Und bei ihrem Glück würde er nicht mal gut aussehen. Wahrscheinlich war er beleibt, hatte schütteres Haar und neigte zur Kurzatmigkeit. Sie unterdrückte ein Seufzen.
    »Fertig, Prinzessin«, meldete sich Mina zu Wort.
    »Danke.« Feodora drehte sich um die eigene Achse und überprüfte ihr Äußeres ein letztes Mal im Spiegel. Sie trug ein elegantes ärmelloses Abendkleid mit schmaler Taille und reich verziertem Dekolleté, dazu weiße Damenhandschuhe, die ihr bis zum Oberarm reichten, und ein kostbares Halsgeschmeide, das sie von ihrer Großmutter zum siebzehnten Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Vor allem der Schmuck würde sie deutlich von der Masse der Unternehmergattinnen und Töchter des niederen Adels abheben, die ihr heute im Theater begegnen würden. Das war auch gut so. Schließlich wollte Feodora nicht für irgendeine kleine Landadelige gehalten werden. Eigentlich hätte mich ein Admiral ausführen sollen, nicht so ein dahergelaufener Captain, ganz gleich, welche Karriere er noch vor sich hat.
    Mina legte ihr das Reisecape über die Schultern und reichte ihr Handtasche und Hut. »Ich wünsche Ihnen einen wundervollen Abend, Prinzessin. Es wird sicher ganz zauberhaft.«
    »Hab noch mal Dank, meine liebe Mina.« Feodora schenkte ihrer Zofe ein freundliches Lächeln. Ja, manchmal mochte das Mädchen eine einfältige Gans sein, aber zugleich war Mina eine unglaublich treue Seele und für Feodora die einzige Person im Palast, die so etwas wie einer Freundin nahe kam. »Ich wünsche dir auch einen schönen Abend. Wir sehen uns nach meiner Rückkehr.« Die Prinzessin nickte ihrer Zofe zu, dann verließ sie ihre Gemächer, um sich zum Innenhof des Palasts zu begeben, wo die Kutsche wartete.
    Auf dem Weg dorthin kehrten ihre Gedanken noch einmal zu ihrem Abendbegleiter zurück, und sie kam zu dem Schluss, dass ihr Connerys Qualitäten eigentlich herzlich gleichgültig sein konnten, denn schließlich hatte sie an diesem Abend Wichtigeres als simple Zerstreuung im Sinn. Sie würde die drei Männer wiedersehen, die – wie sie im Laufe des Tages erfahren hatte – William Christie, den Hofastronomen, besucht hatten. Leider war jener schon nicht mehr im Haus gewesen, als sie losgelaufen war, um ihn über das Trio auszufragen.
    Eine gewisse Aufregung vermochte sie nicht zu leugnen. Es konnte kein Zufall sein, dass die Körper aller drei genauso geleuchtet hatten, wie es ihr eigener tat, wenn sie einen ihrer Anfälle bekam. Sie hoffte sehr, dass es ihr gelingen würde, das Vertrauen der Männer zu gewinnen, auf dass sie ihr verrieten, was es mit ihrer eigentümlichen Krankheit, die womöglich gar keine war, auf sich hatte. Dass es sich für eine junge Dame von Adel überhaupt nicht schickte, nachts vor einem Theater heimlich drei wildfremde und deutlich ältere Männer zu treffen, scherte Feodora dabei nicht weiter. Es gab wichtigere Dinge, als sich über den gelegentlichen Klatsch und Tratsch der Gesellschaft Sorgen zu machen. In dieser Hinsicht komme ich wohl ganz nach Mutter, dachte sie zynisch. Charlotte von

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