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Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Titel: Magierdämmerung 03 - In den Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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bezweifelte, dass es irgendeinen Schaden anrichten würde, wenn sie dem Instrument, das Giles McKellen seiner Enkelin vorgestern Nacht in einem Gasthaus in Sunningdale westlich von London vermacht hatte, erneut jenen hellen, klaren Ton entlockten, mit dem sie bereits heute früh auf dem Rand der Klippen stehend den neuen Tag begrüßt hatten. Andererseits war er sich auch ziemlich sicher, dass es nichts bringen würde.
    Unvermittelt runzelte Jonathan die Stirn. Erst jetzt fiel ihm auf, dass sich die Sicht auf See verschlechtert hatte. Dichter Nebel näherte sich von Süden her der Küste. Und obwohl Seenebel in dieser Gegend nichts Ungewöhnliches war, breitete sich ein mulmiges Gefühl in Jonathans Magengegend aus, als er in das undurchdringliche Weiß starrte, das sich lautlos wie ein Raubtier auf Beutezug an sie heranschlich. »Robert, Kendra, kommt mal her und schaut euch das an.«
    Die beiden traten zu ihm. Robert beschattete seine Augen mit den Händen, während er aufs Meer hinausstarrte. Kendra machte ein fragendes Gesicht. »Das ist Nebel, Jonathan. Was ist daran so ungewöhnlich?«
    »Ich weiß es auch nicht«, gestand Jonathan. »Und dennoch sagt mir irgendetwas, dass dies kein normaler Nebel ist.«
    »Da stimme ich dir zu, mein Freund«, sagte Robert.
    »Wie gelingt es Ihnen, normalen Nebel von unnormalem zu unterscheiden, Mister Pennington?«, wollte Kendra wissen.
    Jonathans Freund bedachte sie mit einem leicht spöttischen Blick. »Nun, zum einen zieht gewöhnlicher Nebel nicht quer zum vorherrschenden Wind auf. Der Wind weht im Augenblick von Westen her, diese Nebelbank nähert sich von Süden. Und zum anderen naht er viel zu schnell. Schauen Sie genau hin. Dieser Dunst wird nicht über die Wellen zu uns getrieben. Er scheint direkt aus ihnen zu entstehen. Das ist in dieser Geschwindigkeit völlig unmöglich.«
    »Seit einigen Tagen ist dank der Magie nichts mehr völlig unmöglich«, merkte Jonathan dumpf an. Ein Schauer lief ihm über den Rücken, und er unterdrückte ein Frösteln. Kam es ihm nur so vor, oder war es tatsächlich kälter geworden?
    »Vielleicht sollten wir von hier verschwinden«, schlug Kendra vor. Die junge Frau erweckte den Eindruck, als würde sie das Phänomen an irgendetwas erinnern – etwas, das ihr überhaupt nicht gefallen hatte.
    Robert schüttelte den Kopf. »Weglaufen wird uns nicht weiterhelfen. So schnell, wie diese Nebelbank ist, wird sie uns in weniger als fünf Minuten erreichen. Wenn wir Glück haben, bleibt sie an den Klippen hängen. Ich würde allerdings nicht darauf wetten.«
    »Es ist genau wie in Lockerbie«, murmelte Kendra leise.
    »Was meinen Sie damit?«, fragte Jonathan.
    McKellens Enkelin wandte sich ihm zu. Auf ihrer Miene zeichnete sich nun offenes Unbehagen ab. »Auf unserer Reise von Glasgow nach London blieb unser Zug in einem kleinen Ort namens Beattock stehen. Es hieß, zwei Züge seien auf der Höhe von Lockerbie verschwunden und man wolle warten, bis noch mehr Einzelheiten bekannt würden. Großvater und ich mieteten eine Kutsche und reisten dennoch weiter. Wir passierten das Dorf in Sichtweite.« Kendras Stimme senkte sich zu einem rauen Flüstern. »Es war vollständig unter einer schwarzen Nebelglocke verschwunden. Nichts schien dort mehr zu leben. Ich habe noch nie etwas derart Unheimliches gesehen.«
    »Jetzt malen Sie mal nicht den Teufel an die Wand«, knurrte Robert. »Nicht jeder Nebel, der womöglich magischen Ursprungs ist, verschlingt alles Leben, das er einschließt.« Doch ungeachtet seiner Worte war er ein wenig bleicher geworden.
    »Mal sehen, vielleicht kann ich in der Wahrsicht etwas entdecken«, sagte Jonathan. Er konzentrierte sich kurz, und die Wirklichkeit riss auf wie ein Vorhang, der von scharfen Klauen zerfetzt wird. Dahinter kam das gelb glitzernde Chaos des alles verbindenden Fadenwerks zum Vorschein, das seit dem Auftauchen der Wahren Quelle lebendiger und unruhiger denn je erschien. Jonathan versuchte, das Gewimmel der Fäden im Gras zu seinen Füßen zu ignorieren, und bedachte auch die unsteten Fadenauren seiner Begleiter nur mit einem flüchtigen Blick. Stattdessen richtete er sein Augenmerk auf die dichten Schwaden, die sie mittlerweile beinahe erreicht hatten.
    Erschrocken schnappte er nach Luft.
    »Was siehst du?«, fragte Robert ihn in drängendem Tonfall.
    »Der Nebel ist auch in der Wahrsicht zu sehen«, berichtete Jonathan ihm. »Und er glüht geradezu vor magischer Energie! Du hattest recht. Dieses

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