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Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Titel: Magierdämmerung 03 - In den Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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hielt direkt vor ihnen auf den Klippenrand zu.
    Jonathan riss die Augen auf, und Kendra zuckte so heftig zusammen, dass Nevermore erschrocken aufflatterte. Unwillig krächzend schwang er sich in die Höhe und wurde sofort vom Nebel verschlungen.
    Das mächtige Segelschiff, das aussah, als stamme es aus dem letzten oder gar vorletzten Jahrhundert, stand unter vollen dunkelgrauen Segeln, die gebläht waren, obwohl kein Lüftchen ging. Holzplanken ächzten, und die Takelage knarrte, als der Dreimaster langsam im Nebel näher driftete. Es sah aus, als schwimme er durch stille Wasser. Aber Jonathan wusste, dass dort vorne jenseits der Klippen nichts war als ein schwindelerregender Abgrund. Das Schiff schwebte offensichtlich mitten in der Luft.
    »Gütiger Himmel«, murmelte Robert gedämpft. »Was ist das?«
    »Allem Anschein nach hat doch jemand unseren Ruf gehört«, sagte Jonathan. »Hoffen wir nur, dass es derjenige ist, den Mister McKellen im Sinn hatte, als er uns das Horn gab.«
    Das Schiff gab keinen Hinweis darauf, ob es Freund oder Feind gehörte. Lautlos schob sich der bauchige Bug über den Klippenrand, wobei sich deutlich zeigte, dass der Rumpf eine gute Manneslänge über dem Fels schwebte. Das unheimliche Gefährt wurde langsamer, und als es die drei Wartenden erreicht hatte, erschlafften die Segel, und das Schiff ragte stumm und bedrohlich über ihnen auf. Nichts regte sich an Bord.
    »Es sieht aus wie ein Geisterschiff«, stellte Kendra fest. »Ob dort oben überhaupt etwas lebt?«
    Wie um ihre Frage zu beantworten, fiel ein Netz über die Reling und den Rumpf hinab. Offenbar befand sich durchaus irgendjemand an Bord, und er wollte, dass sie zu ihm hinaufkletterten.
    Jonathan sah Robert an. Sein Freund strich sich nachdenklich über den gepflegten Schnurrbart. »Nun ja«, sagte er. »Wir haben den ganzen Tag hier ausgeharrt. Daher sollten wir die Einladung, die uns dieser ominöse Fremde ausgesprochen hat, wohl annehmen.« Er machte eine vielsagende Geste. »Ich überlasse dir gerne den Vortritt, alter Knabe. Immerhin bist du derjenige von uns beiden, der sich magisch seiner Haut zu erwehren weiß, sollte es erforderlich sein .«
    »Ich bezweifle, dass das viel nützen würde«, brummte Jonathan. »Andererseits wäre das alles ziemlich viel Aufwand für eine Falle.« Er ergriff mit der Rechten das Netz und wollte anfangen, daran emporzuklettern, doch Robert hielt ihn mit einer Hand am Arm zurück.
    »Unterschätze niemals deine Rolle in diesem Spiel, Jon«, warnte er leise. »Wenn das Artefakt, das du unter Stonehenge zu erschaffen geholfen hast, wirklich die Macht in sich birgt, diese Quelle der Magie zu schließen und die Pläne Wellingtons zu durchkreuzen, wird er Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um dich daran zu hindern, es an sein Ziel dort draußen auf dem Meer zu bringen. Vertraue niemandem.« Robert sah ihn eindringlich an.
    Diese Worte weckten eine unerfreuliche Erinnerung in Jonathan. Vertraue niemandem , hatte auch der sterbende Erste Lordmagier Albert Dunholm in der dunklen Gasse unweit des Fleischmarkts am Smithfield gesagt. Nur Randolph … Cutler … Holmes … Keiner dieser drei Männer war im Augenblick bei ihm. Aber er würde sich schon durchzuschlagen wissen. Immerhin hatte er mit Robert seinen besten Freund bei sich und mit Kendra McKellen eine Frau, zu der er beinahe vom ersten Moment an eine eigentümliche Verbindung gespürt hatte. »Ich werde auf mich aufpassen« , versprach er. »Und ansonsten ist ja noch Rupert an meiner Seite. Und den will wahrhaftig niemand zum Feind haben, glaub mir.«
    Rupert gab ein vielsagendes Quäken von sich.
    Mit kraftvollen Bewegungen kletterte Jonathan an dem Netz hoch, das von der Reling des dunklen Schiffes hing. Oben angekommen, ergriff er mit beiden Händen die wurmstichigen Planken und zog sich an Bord. Die Hände in einer unbewussten Abwehrhaltung nach vorne gestreckt, ließ Jonathan seinen Blick über das hölzerne Deck schweifen. Es wirkte so verlassen und menschenleer wie vom Boden aus. Und dennoch … irgendwie konnte er sich des Gefühls nicht erwehren, dass er beobachtet wurde. »Hallo?«, rief er. »Ist hier jemand?«
    Einige bange Atemzüge lang geschah gar nichts. Dann vernahm er auf einmal eine Stimme. »Sie sind nicht McKellen.« Es war die Stimme eines Mannes, klangvoll, aber von einem Hauch von Bitterkeit überschattet, und obwohl der Unsichtbare leise sprach, vermochte Jonathan ihn so gut zu verstehen, als stünde er direkt

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