Magierkrieg - Mithgar 07
zu sehen waren. Phais allerdings bemerkte sie nicht, weil sie mit ihren Gedanken woanders war. »So viele Seelen, die ihren Tod hinausschrien«, murmelte sie. »So schrecklich viele Seelen.«
»Wohlan«, erwiderte Beau. »Nehmt Euch so viel Zeit, wie Ihr benötigt. Ich bin sicher, die anderen Heiler und ich kommen schon zurecht.«
Loric nickte und nahm Phais an die Hand. »Kommt, Chier.«
Mit einem letzten Blick auf Tipperton und Bekki, und einem leisen »Ich hoffe wirklich, dass sie Güldminze finden« machte sich Beau auf den Weg ins Gefängnis, während der Alor und die Dara zu den Stallungen gingen.
Der frische Duft von Kiefern vermischte sich mit dem Geruch des Zedernholzes, das in einem kleinen Kreis aus Steinen brannte. Vögel huschten durch die Juliluft und zwitscherten, doch Phais und Loric saßen sich am Feuer gegenüber, in tiefe Meditation versunken. Die Sonne hatte ihren Zenit bereits überschritten, und in dem gefleckten Sonnenlicht blieb alles ruhig.
Plötzlich jedoch ertönte ein gewaltiges Donnern, wie von einem fernen Gewitterschlag, der über den klaren, blauen Himmel gerollt wäre.
Phais riss die Augen auf. »Hast du das gehört, Chier?«
Loric sah sie über die kleinen Flammen hinweg an. »Aye.« Vor Konzentration runzelte er die Stirn. »Es scheint ein Echo des donnernde Krachs von gestern gewesen zu sein, vom Tag der Qual.«
Phais nickte. »Aber diesmal habe ich keinen … keinen Todesschrei empfangen. O Loric, war das ein Echo, oder glaubst du, dass sich eine neue Katastrophe ereignet hat? Eine, bei der keiner unserer Artgenossen starb.«
Loric senkte den Kopf und barg sein Gesicht in seinen Händen. »Das kann ich nicht sagen.«
Phais trat um das Feuer herum und umarmte Loric. »Was ist geschehen, Chier? Sag mir, was geschehen ist!«
Loric antwortete nicht.
Frisch geschnittene Kiefernzweige lagen in dem Kreis, an dem vorher das Feuer gebrannt hatte, und der fast volle Mond segelte durch die Sterne am Firmament. Sie glitzerten und bewegten sich langsam über das vom Licht des Mondes indigoblau gefärbte Himmelszelt. Erneut knieten Phais und Loric in ihre Meditation versunken da, nachdem sie eine Todeselegie für jene gesungen hatten, die von ihnen gegangen waren. Jetzt störte nur noch das Zirpen der Zikaden die Ruhe dieser sternenklaren Nacht.
Da rollte erneut ein Dröhnen über den Himmel, wenngleich auch schwächer als jenes davor.
Phais sah Loric an, der sich nicht rührte und die Augen geschlossen hielt. Sie schloss sie ebenfalls und bat Elwydd stumm, ihr Herz zu beruhigen.
Am späten Vormittag des zweiten Tages der Meditation und des Fastens rumpelte es erneut am Himmel, wieder leiser als am Tag zuvor.
»Schon wieder«, sagte Loric.
»Und wieder empfing ich keinen Todesschrei«, meinte Phais.
»Trotzdem, es ist dasselbe Geräusch, wenn auch deutlich gedämpfter.«
»Stimmt«, meinte Phais.
Und noch einmal grollte es am Himmel, mitten in der Nacht, jetzt aber war es noch viel leiser.
Sie fasteten und meditierten noch einen Tag, den dritten seit ihrer Wache, und an diesem Tag hörten sie nur ein einziges Mal das schwache Grollen, nun am späten Vormittag.
Am nächsten Tag brachen Loric und Phais ihr Lager ab und kehrten nach Dendor zurück. Während sie zur Stadt ritten, sagte Loric plötzlich: »Sieh doch, Chier, es wird dunkler.«
Phais nickte. »Als hätte jemand einen Schleier von Westen nach Osten über den Himmel gezogen.«
»Vielleicht gibt es in der Ferne ein großes Feuer«, vermutete Loric.
»Möglich«, antwortete Phais. Sie ritten weiter nach Dendor. Doch bevor sie die Stadt erreichten, ertönte ein weiteres, schwaches Grollen am Himmel, das kaum noch zu hören war.
An diesem Abend sattelte Loric seinen Hengst und verließ die Stadt mit dem Passierschein des Königs. Als er die Geräusche der Stadt weit hinter sich gelassen hatte, wartete er unter dem dunklen Himmel. Da sich das Zwielicht über das Land senkte und die Nacht über den verschleierten Himmel hereinbrach, hörte er in der Stille das leise Murmeln am Himmel.
Später begann es zu regnen, und ein Wind frischte von Westen auf. Der Regen spülte in seinen Tropfen grauen Staub vom Himmel.
Während des ganzen nächsten Tages fiel der graue Regen vom Himmel. Trotzdem ritt Loric bei Sonnenaufgang, wiewohl die Sonne kaum zu erkennen war, hinaus auf die Steppe. Und obwohl der Regen hinabrauschte, hörte er mit seinen ausgezeichneten Ohren das ferne Donnern ein weiteres
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