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Magische Insel

Titel: Magische Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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brauchte keine äußeren Wunden, die inneren waren groß genug.
    Tamra protestierte nicht, als ich sie auf Gairloch setzte.
    Das Pferd scheute und riss mir beinahe die Zügel aus der Hand.
    »Ruhig, ruhig, du musst mir helfen«, erklärte ich ihm.
    Der Ritt nach Kyphrien würde eine Ewigkeit dauern, fürchtete ich. Erst bei Sonnenuntergang fand ich einen Bach in einer Nische neben der Straße der Magier. Tamra und ich waren abwechselnd auf Gairloch geritten. Sie blickte leer vor sich hin, ganz gleich, ob sie im Sattel saß oder auf der Straße dahinmarschierte.
    Zum Abendessen verzehrten wir wieder Brot und gelben Käse, dazu ein paar getrocknete Sauerbirnen. Tamra verzog keine Miene, während sie die sauren Fruchtscheiben aß.
    Als es dunkel geworden war, stellte ich mit letzter Kraft doppelte Abwehrstäbe auf – gegen Tamra und gegen Gefahren von außen.
    Doch waren sie unnötig gewesen. Als ich am nächsten Morgen erwachte, blickte Tamra immer noch leer vor sich hin.
    »Geht es dir gut?« fragte ich. Selbstverständlich war das nicht der Fall, aber ich musste fragen. Sie antwortete nicht. Ihre tiefblauen Augen nahmen alles ringsumher auf, sahen jedoch nichts. Sie tat alles, wozu ich sie aufforderte.
    Der zweite Tag schien besser, aber Tamra verhielt sich weiterhin wie eine Marionette. Ich spürte keinerlei aktives Chaos in ihr oder in ihrer Umgebung. Irgendwo tief in ihrem Inneren gab es eine bis zum Zerreißen gespannte Feder der Ordnung, die ich jedoch nicht zu berühren wagte. Warum, wusste ich nicht. Ich hoffte, Justen, der nicht nur ein Grauer Magier, sondern auch ein Heiler war, konnte ihr helfen.
    Wir ritten weiter, vorbei an dem schmalen Felspaß, den der Geisterritter mit seiner weißen Schar bewacht hatte. Ich sah nur die grüne Spitze seiner Lanze neben der Straße liegen.
    In der zweiten Nacht in den Westhörnern tat ich kaum ein Auge zu. Auch Tamra lag mit offenen Augen da und starrte zu den dunklen Wolken hinauf, aus denen kein Regen fiel, kein Donner ertönte, und die nur die Sterne verdeckten.
    Am späten Morgen des dritten Tages erreichten wir die alte Straße nach Kyphrien. Eine vertraute Gestalt ritt uns auf einem prächtigen Ross entgegen, begleitet von einem zottigen Bergpferd und einer bewaffneten Abteilung der Elite. Für alle Fälle hatten sie zwei reiterlose Pferde mitgebracht.
    »Yelena … Justen!« Meine Stimme klang rostig. Ich war nicht gerade begeistert, Justen zu sehen. Ihn zu sehen gab mir das unbestimmte Gefühl, versagt zu haben.
    »Glückwunsch, Meister der Ordnungs-Meister.« Er neigte den Kopf, als meinte er es ernst.
    Yelena wich meinem Blick aus und sah Tamra an. Ihre Hand blieb am Schwertgriff. Ihre Lippen waren schmal. »Was … ist geschehen? Ist sie eine Gefangene … oder was sonst?«
    Stumm blickte ich Justen an. »Weißes Gefängnis«, erklärte ich schließlich. »Ich tat, was ich konnte, aber ihre Seele steckt in einem äußerst engen Ordnungs-Knoten.«
    Justen blickte mich ruhig an. »Hast du nicht auf mich gehört?«
    »Ich habe es dennoch getan.«
    Er schüttelte den Kopf. »Ohne diese Erinnerungen kann sie nicht leben.«
    »Das weiß ich!« fuhr ich ihn an. »Warum habe ich ihre alten Erinnerungen wiederhergestellt? Aber vielleicht erinnert sie sich trotzdem an nichts.«
    »Wie hast du das erreicht?«
    »Es ist wie beim Weben von Energie, nur tut es viel mehr weh. Ich habe nur die Erinnerungen geschaffen, nicht die Schmerzen.«
    »Ordnungs-Meister, ich möchte Euch nicht drängen, aber …«, sagte Yelena.
    »Ja, wir können beim Reiten sprechen. Tamra braucht eine bessere Pflege, als ich ihr bieten kann.«
    Justen würdigte mich keines Blickes, sondern ritt zu Tamra und sprach leise mit ihr. Auch bei der Mittagsrast blickte er nicht in meine Richtung.
    Alle anderen sahen mich auch nur an, wenn sie glaubten, ich bemerkte es nicht. Äußerst höflich boten sie mir frisches Brot, weißen Käse und Obst, wenn wir rasteten. Doch beim Weiterreiten hielten sie achtungsvoll Abstand von Gairloch und mir, als wäre ich verseucht. Verdammt, sie redeten unbefangen mit Justen, und er war ein Grauer Magier. Aber selbst Justen schien sich in meiner Nähe nicht wohl zu fühlen. Stumm und in mich gekehrt ritt ich dahin.
    Worin unterschied ich mich von Antonin? Ich hatte meine gesamten Kräfte eingesetzt, selbst die unbewußten. Würde ich ein Grauer Magier werden? Oder etwas Schlimmeres?

 
LXVI
     
    W ieder stand ich auf einem Balkon in Kyphrien und sah zu, wie die Sonne

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