Magma
Forschungen bereits seit Jahren torpediert hat. Ganze Ordner voller hochinteressanter wissenschaftlicher Erkenntnisse hatte er einfach unterschlagen. Wir wissen nicht, wie viele Informationen er in dieser Zeit vernichtet hat, aber das Wenige, was er uns übrig gelassen hat, reicht aus, um unser Wissen über das Objekt ein großes Stück voranzutreiben. Aber kommen wir zurück zu dem Anschlag …« Sie strich sich über ihr Haar. »Eli schien mit einem Mal eine Möglichkeit gesehen zu haben, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Seinen verhassten Kollegen aus dem Weg zu räumen …«, sie warf einen Seitenblick auf Konrad Martin, »und die Chance, das Projekt ein für alle Mal zu stoppen. Es war eine Chance, wie sie sich ihm kein zweites Mal bieten würde. Und beinahe wäre er damit durchgekommen. Mein Fehler, dass ich von seiner Sucht und seiner radikalen Überzeugung nichts wusste. Als Direktorin sollte man stets über alle seine Mitarbeiter informiert sein.«
Ella seufzte. »Eine tragische Geschichte und eine unglückliche Verkettung der Umstände«, sagte sie. »Es fällt mir nicht leicht, es einzugestehen, aber ich sehe keinen Grund, Ihnen noch länger Vorwürfe zu machen. Wenn das stimmt, was Sie sagen, scheinen Sie keine Schuld zu tragen. So gern ich auch einen Sündenbock gehabt hätte, auf den ich meine Wut hätte laden können.«
Ihre Gastgeberin ergriff ihre Hand und drückte sie. »Um ehrlich zu Ihnen zu sein, ich habe nicht gewusst, wie dieses Gespräch enden wird. Danke, dass Sie sich meine Geschichte angehört haben.«
»Was wird jetzt mit Elias Weizmann geschehen?«
Madame Kowarski senkte den Kopf. »Als wir sein Quartier aufbrachen, war er bereits verschwunden. Keine Spur von ihm und kein Hinweis, wohin er geflohen sein könnte. Es tut mir leid.«
»Dann könnte es also durchaus sein, dass er uns noch einmal gefährlich wird«, fluchte Ella. »Dieser Verbrecher.«
»Sie würden nicht so über ihn reden, wenn Sie ihm begegnet wären. Er war mal ein herzensguter Mensch. Humorvoll, geistreich und integer. Ein Mensch, auf den man sich hundertprozentig verlassen konnte. Ich war viele Jahren mit ihm befreundet. Doch Rauschgift verdirbt auf Dauer jeden Charakter.« Sie zuckte die Schultern. »Als wir seine Räume durchsuchten, stießen wir auf einen Wust von Unterlagen, die uns auf seine Spur führten. Außer den erwähnten Dokumenten über die
Shinkai
gab es da Details über den Sprengstoff und die Zündvorrichtung, die man in Professor Martins Notebook eingebaut hat. Eine hochenergetische Plasmaladung, eine relativ neue Technologie. Die Armee experimentiert damit erst seit einem knappen Jahr. Man kann damit auf einer geringen Fläche enormen Schaden anrichten. Die Menge einer Erbse reicht aus, um ein Loch in zehn Zentimeter dicken Stahl zu stanzen. Auch wenn Eli das Material vom Mossad erhalten hat, so müssen wir davon ausgehen, dass ihm jemand beim Zusammenbau und der Installation der Bombe geholfen hat. Er ist kein Sprengstoffexperte. Ich vermute, er hat Hilfe aus unseren eigenen Reihen erhalten.«
Ella schüttelte den Kopf. »Dann haben wir es also möglicherweise mit mehr als einer Person zu tun? Das wird ja immer schlimmer. Können Sie die Verschwörer ausfindig machen?«
»Wir tun alles, was in unserer Macht steht. Bisher jedoch sind wir nicht weitergekommen. Das sollte aber nicht Ihr Problem sein. Wir müssen uns über etwas anderes unterhalten.« Lächelnd goss sie sich und Ella ein Glas Sherry ein. Konrad Martin bot sie kein Glas an, er schien dies aber auch nicht zu erwarten. Wie es schien, trank er grundsätzlich keinen Alkohol. »Was ich Ihnen anzubieten habe, ist Folgendes: Ich möchte, dass Sie für mich auf Reisen gehen. Sie wissen, wonach wir suchen …«, sie tippte mit dem Finger auf die Fotos, »Ich kann hier, aus nahe liegenden Gründen, nicht weg. Wir müssen die Forschung an der Kugel intensivieren und gleichzeitig den Maulwurf ausfindig machen. Ich brauche jemanden da draußen, der für uns auf die Suche geht. Jemanden mit Ihren Qualifikationen. Mein Führungsstab und ich sind uns einig, dass es hier nicht um singuläre Ereignisse geht. Es wird sich ausbreiten. Das Beben im Marianengraben ist erst der Anfang.«
Ella, die das Glas schon an die Lippen geführt hatte, hielt inne. »Was soll das heißen,
erst der Anfang?
Wollen Sie etwa andeuten, es gäbe noch mehr von diesen Kugeln?«
Madame Kowarski sagte: »Sie waren lange unterwegs. In der Zwischenzeit ist viel
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