Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Magma

Magma

Titel: Magma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
Vom Netzwerk:
bringen konnte.« Ihre Stimme versagte. Sie schenkte sich noch ein Glas Wasser ein. Als sie das Glas zum Mund führte, zitterten ihre Hände. Es dauerte eine ganze Weile, ehe sie wieder sprechen konnte. »Aber bitte erzählen Sie doch weiter«, sagte sie. »Sie wollten mir von dem Anschlag berichten.«
    »Richtig.« Madame Kowarski machte ein ernstes Gesicht. »Einer meiner Mitarbeiter, Elias Weizmann, Chef der Abteilung Radiologie, stand dem Projekt von Anfang an skeptisch gegenüber. Ein hochbegabter Wissenschaftler, aber psychisch labil. Wir fanden heraus, dass er heroinsüchtig ist. Heroin löst, wie Sie sicher wissen, paranoide Wahnvorstellungen aus. Kurz nach dem Zwischenfall mit Schmitt hatte ich ein seltsames Gespräch mit ihm. Er sagte mir, dass wir die Forschungen an der Kugel unverzüglich einstellen sollten. Ich wusste, dass er zu den Skeptikern in unserer Gruppe gehörte, aber die Heftigkeit seiner Worte war mir neu. Hätte ich geahnt, wie ernst es ihm damit war, hätte ich den Anschlag verhindern können.« Sie strich sich mit der Hand über ihre Haare. »Er war eine Zeit lang in der israelischen Armee tätig, ehe er zu uns in die Schweiz übersiedelte. Atomwaffenforschungsprogramm, verstehen Sie?« Helène lächelte traurig. »Das war auch der Grund, warum wir ihn immer
Oberst
nannten. Er war die rechte Hand meines Vaters und half dabei, unser Institut aufzubauen. Es hätte nicht viel gefehlt und ihm wäre die Leitung übertragen worden. Er hat das Angebot jedoch ausgeschlagen.« Helène schüttelte den Kopf. »Wie ich erst jetzt erfahren habe, ist der Kontakt nach Israel nie vollständig abgerissen. Es scheint, dass er immer noch gute Kontakte zum Mossad hat. Vermutlich ist das die Quelle, aus der der Zünder, der Sprengstoff sowie die Elektronik kam, die nötig war, um die Bombe zu bauen. Ich hätte niemals damit gerechnet, dass Elias dazu in der Lage gewesen wäre – dass er jemals zu solch extremen Mitteln greifen würde. Er war so ein ruhiger, besonnener Mann …«
    Ella spürte, dass es Helène schwerfiel, über das Thema zu sprechen. Elias Weizmann schien ein guter Freund gewesen zu sein. Als sie fortfuhr, von dem Attentat zu sprechen, tat sie dies mit leiser und trauriger Stimme. »Eli hatte nur wenig Zeit für seinen Plan. Er muss wie ein Besessener daran gearbeitet haben. Wir fanden in seinen Räumen Konstruktionsskizzen der
Shinkai
, technische Spezifikationen, Sicherheitsvorkehrungen usw. Er wusste genauestens Bescheid, wo er die Bombe installieren musste.«
    »Die Explosion ging von Professor Martins Notebook aus …«, warf Ella ein.
    Madame Kowarski nickte. »Das war die einzige Schwachstelle im System. Die Computer, die jeder von Ihnen mit an Bord bringen durfte, unterlagen nicht denselben Sicherheitsstandards wie der Rest des Schiffes. Er wusste, dass sie kaum Zeit haben würden, Ihre Geräte eingehend zu untersuchen. Außerdem wurden die Notebooks in speziellen Halterungen an der Außenwand befestigt. Ideal, um einen Sprengsatz zu zünden, der einen Bruch der Hülle verursachte. Es würde wie ein Unfall aussehen.«
    »Aber was war sein Ziel?«, fragte Ella. »Was wollte er mit dem Anschlag bewirken?«
    »Er wollte um jeden Preis verhindern, dass das Projekt weiter vorangetrieben wird. Seiner Theorie nach verändert ein Beobachter das Beobachtete und umgekehrt. Er behauptete, dass unsere Untersuchungen überhaupt erst der Auslöser für die Veränderungen an den Kugeln gewesen seien. Wie ein Krebsgeschwür, das erst durch die Sonden und Medikamente der Ärzte bösartig wird.«
    »Hab ich schon mal gehört«, sagte Ella. »Heisenbergsche Unschärferelation, oder?«
    Madame Kowarski lächelte anerkennend. »Er sah diese Kugel stets als eine Bedrohung, als eine Art von Gott gezogene Grenze, die der Mensch mit Ehrfurcht hinnehmen sollte. Das Überschreiten dieser und ähnlicher Grenzen, zu denen er übrigens auch die Entwicklung der Atombombe zählte, führt seiner Meinung nach unweigerlich zum Untergang der menschlichen Spezies. Er hat mit mir oft über dieses Thema gesprochen, und ich habe seinen skeptischen, verantwortungsvollen Ansatz stets respektiert. Seiner Meinung nach hatte er durch seine aktive Mitarbeit an der Entwicklung immer effektiverer Atomwaffen schwere Schuld auf sich geladen. Ich vermute, es war dieser Konflikt, der ihn in die Drogensucht getrieben hat. Wie auch immer – was deutlich wurde, als wir seine Aufzeichnungen studiert haben, war, dass er unsere

Weitere Kostenlose Bücher