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Magma

Magma

Titel: Magma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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war. Dann griff er nach einer Umhängetasche, zog seine Winterjacke an und stieg aus. Ella tat es ihm gleich. Sie vergewisserte sich noch einmal, dass sie nichts vergessen hatte, dann zog sie ihren eigenen Autoschlüssel heraus und schloss die Tür auf ihrer Seite. Die Luft war erfüllt von Schneekristallen, die der Ostwind nadelscharf über die Haut blies. Ella zog den oberen Rand ihres Rollkragenpullovers über Mund und Nase und setzte die Kapuze auf. Sie sah jetzt aus wie eine kleinere Version des Fallenstellers.
    Der Mann wartete an der Straße auf sie. Sein Wolf war wieder neben ihm, doch Ella bemerkte sofort, dass er sich nicht für sie interessierte. Die Schnauze schnuppernd in die Höhe haltend, schien er zu prüfen, wie sich das Wetter entwickelte. Der Mann deutete auf die Wand aus dunklen Wolken, die sich rasch näherte, und richtete einige Worte an Martin.
    »Was sagt er?«, erkundigte sich Ella.
    »Wir bekommen heftigen Schneefall«, übersetzte Martin. »In einer Stunde, vielleicht weniger. Wir sollen uns beeilen.«
    »Worauf warten wir dann noch?« Ella schulterte ihre Tasche und gab ihrem Führer ein Zeichen. Der Mann wandte sich um und begann die Straße, ihre einzige Verbindung zur Zivilisation, in östlicher Richtung zu verlassen. Mitten hinein in die menschenleere Tundra. Ella und der Professor folgten ihm.
    Nur wenige Minuten später waren ihre Spuren vom Schnee bedeckt. Es schien, als wären sie niemals hier gewesen.

32
    E s begann bereits dunkel zu werden, als sich die Konturen eines Hauses aus dem Schneegestöber schälten. Ella musste zweimal hinsehen, ehe sie überzeugt war, sich nicht geirrt zu haben. Nun ja, Haus war vielleicht übertrieben.
Behausung
hätte es besser getroffen. Gezimmert aus groben Baumstämmen und gedeckt mit Riedgras, schmiegte es sich an die Flanke eines steilen Felsabbruchs, rechts und links flankiert von schütteren Bäumen. Der Wind hatte den Schnee auf der einen Seite bereits zu einem Hang angehäuft. Es würde nicht mehr lange dauern, dann war die Hütte komplett bedeckt. Dann würde nur noch der Schornstein aus der weißen Pracht herausschauen.
    Der Jäger, den seine breiten Schuhe mühelos über den Schnee trugen, war ihnen vorausgeeilt und schaufelte die Tür frei. Es dauerte eine Weile, dann verschwand er im Innern seiner Hütte und entzündete ein Licht. Die gelbe Flamme wirkte wie ein Leuchtturm in der Nacht. Ella bemerkte, dass der Professor Schwierigkeiten beim Gehen hatte. Immer wieder strauchelte er oder musste anhalten, um zu verschnaufen. Merkwürdig, sie selbst hatte keine Probleme – trotz der eisigen Kälte. Sie griff ihm unter den Arm und warf einen kurzen Blick unter seine Kapuze. Er sah mitgenommen aus. »Was haben Sie denn? Geht es Ihnen nicht gut?« Sie blieb stehen und betrachtete ihn prüfend. Seine Haut war fahl, und seine Augen brannten mit fiebrigem Glanz. Sein Bart, dessen scharf begrenzte Kontur seinem Gesicht einen energischen Ausdruck verlieh, wirkte wie ein schwarzer Strich auf hellem Papier. »Es geht schon«, murmelte er und schob ihren Arm beiseite. »Mir geht es gut.« Der glänzende Blick und das Zittern in seiner Stimme straften seine Worte Lügen. »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich unsere Unterhaltung gern im Warmen fortsetzen.« Damit ließ er sie stehen und taumelte auf das Haus zu.
    Ella folgte ihm mit einem unguten Gefühl. Gewiss, es war kalt, und der halbstündige Marsch durch kniehohen Schnee hatte auch sie angestrengt, aber das erklärte nicht den schlechten Zustand des Professors. Er sah krank aus. Hoffentlich nichts Ernstes. Der Zeitpunkt wäre mehr als ungünstig. Was, wenn er ernsthaft erkrankte? Der Russe hatte bestimmt keine Medikamente im Haus, abgesehen von Lebertran vielleicht.
Hör auf
, schalt sie sich selbst. Ängste nützen jetzt nichts. Sie waren hier, um etwas herauszufinden, und wenn das erledigt war, würden sie sofort wieder verschwinden. Wenn der Professor wirklich erkrankte, würde sie ihn mit Hilfe des Fallenstellers ins Auto verfrachten, und dann ab mit ihm ins nächste Krankenhaus. Kein Problem.
    Ihr Gastgeber hatte sich inzwischen seiner Pelzbekleidung entledigt. Er stand an der Tür und winkte sie herein.
»Prachaditi paschalssta, prachaditi paschalssta.«
Sie folgten seiner Einladung und betraten das Haus. Mit energischem Schwung schlug der Mann die Tür zu und legte den schweren Riegel vor. Im Kamin züngelten bereits erste Flammen. Eine Petroleumlampe spendete gedämpftes

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