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Magma

Magma

Titel: Magma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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fuhren zurück. Das war der Augenblick, in dem der Fallensteller entschied, dass es Zeit war zu handeln. Er stopfte sein Fernglas in die Umhängetasche, schulterte sein Gewehr und klopfte seinem Wolf auf den Rücken. Dann rannte er auf der dem Lager abgewandten Seite des Hügels hinab, dorthin, wo die Straße dem Hügel am nächsten war.
     
    »Saubande! Kriminelle Vollidioten! Kretins!« Ella zog ihre Handschuhe aus und warf sie in die Ablage. Ihre Wut und Übermüdung entlud sich in einem wahren Feuerwerk von Schimpfwörtern. So lange gereist, so viele Strapazen auf sich genommen, nur um dann an der Haustür abgewiesen zu werden wie ein Klinkenputzer.
    »Scheiße, dabei hat Helène uns versprochen, dass alles glatt gehen würde. Hatte sie nicht angekündigt, irgendwelche Kontakte spielen zu lassen, um uns die Türen bei VEKTOR zu öffnen? Aber warte, mit der werde ich noch ein paar Takte zu reden haben.« Sie blickte aus dem Fenster. Ein auffrischender Nordostwind wirbelte Schneeschauer über die Fahrbahn.
    »Jetzt beruhigen Sie sich doch«, sagte Konrad Martin, während er sich bemühte, das Fahrzeug auf der Straße zu halten. »Es hat keinen Sinn, nach einem Schuldigen zu suchen. Ich bin sicher, sie war über den aktuellen Stand der Entwicklung nicht ausreichend informiert.«
    »Informiert zu sein gehört aber zu ihrem Job. Schließlich ist sie es, die uns um die ganze Welt scheucht. Sie sitzt ja in ihrem warmen Nest in der Schweiz und macht sich nicht die Finger schmutzig.« Ella fühlte, wie ihre Wut langsam verrauchte. Mit einem Seufzen lehnte sie sich zurück. »Ach verdammt, Sie haben ja Recht. Ich bin einfach nur müde«, sagte sie. »Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich habe seit Tagen nicht mehr richtig geschlafen. Ich habe immer geglaubt, ich würde einiges aushalten, aber verglichen mit Ihnen bin ich ein echter Waisenknabe. Mein Pullover kratzt, ich habe Hunger, und ich wünsche mir nichts sehnlicher, als ein warmes Bett.« Sie spürte, wie ihre Augen sich mit Tränen füllten. »Oh, wie ich diesen Job hasse …«
    »Wir werden jetzt erst mal auf die Straße zurückkehren und in dem Rasthof einkehren, den wir vor zwei Stunden passiert haben. Dort werden Sie sich ausruhen, während ich mit Madame Kowarski Kontakt aufnehme. Versuchen Sie eine Runde zu schla …« Wie aus dem Nichts tauchte in diesem Moment eine dunkle, zottelige Gestalt vor ihnen auf. Martin reagierte sofort. Er riss das Lenkrad herum und trat auf die Bremse. Der Wagen begann zu schlingern und zu taumeln und kam dann mit einer sanften Drehung zum Stillstand. Eine Wolke aus aufgewirbeltem Schnee hüllte das Fahrzeug ein.
    »Was zum Henker war denn
das?«
    Ella drehte sich um, konnte aber nichts erkennen.
    »Haben Sie es erkennen können? Sah beinahe aus wie ein Bär. Soll ich mal nachsehen?«
    »Auf gar keinen Fall. Wenn es wirklich ein Bär war, sollten wir …«
    In diesem Moment tauchte die dunkle Gestalt neben Ellas Fenster auf. Sie hob eine Pranke und klopfte gegen die Tür.
    Ella hielt die Luft an. Das war keine Pranke, es war eine Hand. Eine Hand, die von dicken Lagen Stoff umhüllt war. Es war auch kein Bär, sondern ein Mensch. Bis zur Unkenntlichkeit eingehüllt in dicke Felle, die Füße in breiten Schneeschuhen steckend, lugten nur seine Augen und ein Teil der Nase aus der Kapuze hervor. Der Typ sah wirklich Furcht erregend aus. Betroffen erblickte sie das Gewehr in seinen Händen. War das ein Überfall? Wenn ja, warum richtete er die Waffe nicht auf sie? Das Gewehr über den Rücken gehängt, breitete die Erscheinung ihre Hände in einer Geste des Friedens aus. Ella wollte schon aufatmen, da bemerkte sie den grauen Schatten. Es war ein Wolf, ein gewaltiges Tier, dessen Fell mit Schnee und Eis verkrustet war. Ganz ruhig und aufmerksam stand er da und blickte sie aus stahlgrauen Augen an. Langsam begann sie zu verstehen. Die Fellkleidung, das Gewehr, der Wolf – der Mann war wahrscheinlich Jäger. Und er sah aus, als wollte er ihnen irgendetwas mitteilen. Als er Ellas besorgten Blick bemerkte, winkte der Mann den Wolf beiseite. Dieser trottete folgsam auf die andere Seite der Straße und legte sich dort in den Schnee. Dann bedeutete ihr der Mann, sie möge die Scheibe herunterkurbeln.
    »Nicht.« Konrad Martin legte ihr besorgt seine Hand auf die Schulter. »Wir wissen nicht, was er will.«
    »Wir werden es nicht erfahren, wenn wir nicht mit ihm reden.« Sie drehte die Scheibe herunter. Sofort stach der Wind eiskalt

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