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Magma

Magma

Titel: Magma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Geburt eines Vulkans. Es war der Traum eines jeden Geologen. Oder besser gesagt,
der Albtraum
. Von den Wissenschaftlern, die den See und das Objekt erforscht hatten, schien keiner mehr am Leben zu sein. Sie mussten bei der gewaltigen Eruption ihr Leben verloren haben.
    Neben ihr tauchten plötzlich die Gestalten von Alexej und seinem Wolf auf. Der Fallensteller war verschwitzt. Das Haar klebte ihm am Kopf, sein Atem ging stoßweise. Auch das Tier litt unter den mörderischen Temperaturen. Hechelnd versuchte er, sich etwas Kühlung zu verschaffen. »Mein Gott«, keuchte der Russe, als er sah, was geschehen war. »Das ist ja …«
    »… ein Vulkan. Ganz recht«, beendete Ella den Satz. »Zumindest die Geburt eines Vulkans. Er ist noch recht klein, aber es wird nicht lange dauern, bis er kräftiger wird. Und wenn das geschieht, dann wird er das Land hier über viele Kilometer hinweg verändern.«
    »Was ist mit den Wissenschaftlern?« Alexej deutete dorthin, wo einst das Zeltlager gestanden hatte.
    Ella schüttelte den Kopf. »Wen die Druckwelle nicht getötet hat, der ist vermutlich durch die giftigen Dämpfe ums Leben gekommen. Selbst wenn einige von den Leuten kurz nach der Eruption noch benommen oder bewusstlos waren, so hat die Hitze inzwischen ihr Leben ausgelöscht. Keine Chance.« Ella wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Wenn ich mir vorstelle, dass die uns reingelassen und wir hier übernachtet hätten – wir wären ebenfalls tot.«
    »Tunguska«, flüsterte Alexej. »Neunzehnhundertacht.«
    »Wie bitte?«
    Der Jäger sah sie mit einem schwer zu deutenden Gesichtsausdruck an. »Haben Sie schon einmal von Tunguska gehört?«
    »Natürlich. Ziemlich einsame Gegend nördlich des Baikalsees. Irgendwann zu Beginn des 20 . Jahrhunderts soll dort ein Meteorit heruntergekommen sein, oder? Hat eine ganz schöne Verwüstung hinterlassen, wenn ich mich recht erinnere.«
    Der Fallensteller nickte. »Nur dass es kein Meteorit war.«
    »Nicht? Was war es dann?«
    »Das weiß niemand so genau. Nur eines ist gewiss: Was immer dort explodierte, es hatte die Vernichtungskraft von zweitausend Nagasaki- und Hiroshima-Atombomben zusammen genommen. Tausende von Quadratkilometern dichtester Wald wurden umgeknickt wie Streichhölzer. Das Merkwürdige war, dass die Bäume alle nach außen gedrückt worden waren, von einem bestimmten Zentrum weg. Es wurde aber niemals ein Krater oder etwas Ähnliches gefunden. Manche Augenzeugen berichteten von einem Feuerball, andere von einer Säule aus Licht. Es war von einem Dröhnen der Erde die Rede, von einer minutenlangen Erschütterung des Bodens – und zwar
ehe
der Feuerball gesichtet wurde.«
    »Das kann sonst was bedeuten. Wenn es keinen Krater hinterlassen hat, war es vielleicht kein Meteorit, sondern ein Komet, ein schmutziger Schneeball, der kurz vor Auftreffen auf den Erdboden zerplatzt ist.«
    Auf Alexejs Gesicht zeichnete sich Missbilligung ab. »Nein. Es war etwas anderes.« Dann, nach einem kurzen Zögern. »Haben Sie noch nie etwas von den
versunkenen Kesseln
gehört?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    Der Fallensteller überlegte kurz, dann sagte er mit kaum hörbarer Stimme: »Heutzutage sieht man sie nur noch selten. Es gibt immer weniger davon. Sie sind so schwer, dass sie langsam im Erdboden versinken. Damals fand man sie über die ganze Taiga verteilt. Riesige kupferfarbene Schalen, die wie Bruchstücke von Kugeln aussehen. Mein Großvater hat mir mal ein solches Stück gezeigt, inzwischen ist aber auch das versunken. Ich habe es jedenfalls nie wieder gesehen. Das Material war hart wie Diamant, er konnte es nicht mit seinem Messer ritzen.«
    »Adamas«, entfuhr es Ella. Die Geschichte begann sie zu interessieren.
    »Wie bitte?«
    »Nichts, nur so ein Gedanke. Was war mit diesem Bruchstück?«
    »Es war warm. Warm wie die Steine eines heruntergebrannten Lagerfeuers. Genauso warm wie die Kugel dort drüben …« Er schwieg. Mit einem mulmigen Gefühl blickte Ella in die Senke. Die Hitze war mörderisch. Hier, auf dem Grat, lag überhaupt kein Schnee mehr. Er war vollkommen weggetaut und hatte den Permafrostboden in eine matschige Moorlandschaft verwandelt. Dann erblickte sie den Baum, unter dem ihr Auto gestanden hatte. Er war umgestürzt und hatte an einigen Stellen Feuer gefangen. Brennende Zweige und dürre Äste regneten herab. »Verdammt!«, rief sie und setzte sich in Bewegung. Sie musste jetzt schnell handeln. Die Hitze wie eine Wand vor sich her schiebend,

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