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Magma

Magma

Titel: Magma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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eintreffen. Seitdem waren schon zehn Minuten vergangen und Marten Enders bei seiner zweiten Zigarette angelangt. Wie er Überraschungen hasste. Besonders, wenn sie ihm von seinem Vorgesetzten in Bonn präsentiert wurden. In der Begründung hieß es, er solle sich nicht wundern, es handele sich um eine Geologin. Man stelle sich das vor. Ausgerechnet eine Geologin. Warum nicht gleich eine Theaterkritikerin. Sie wünsche eine Besichtigung der Anlage und hätte einige ganz allgemeine Fragen bezüglich der Supernova. Sein Vorgesetzter, Dr.Bardolf, hatte es bei diesen Andeutungen belassen. Nun war es wieder mal an Enders, die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Nun ja, er war das ja nicht anders gewohnt. Er wollte sich gerade eine weitere Zigarette anzünden, als er ein Auto die Auffahrt heraufkommen hörte. Rasch steckte er die Zigarettenschachtel in seine Hemdtasche und machte sich für den Empfang bereit.
    Ein dunkelblauer Golf bog um die Ecke, und Enders winkte die Fahrerin nach rechts auf den Mitarbeiterparkplatz. Seine Laune besserte sich, als er bemerkte, dass die Frau recht appetitlich aussah. Keine von diesen verbiesterten alten Jungfern, die man so oft in akademischen Kreisen antraf. Diese hier war jung, trug Jeans, eine weiße Bluse und einen sportlichen Blazer. Durchaus ein Typ wie Jan, wenn auch hoffentlich geistig etwas stabiler. Seine Assistentin hatte vor einigen Wochen einige sehr befremdliche Charakterzüge offenbart, die Enders bewogen hatten, die Finger von ihr zu lassen. Er hatte sie zu einfachen Arbeiten abkommandiert – nur zu ihrem eigenen Wohl natürlich und in der Hoffnung, sie möge sich wieder fangen. Jan war von ihm mit ihren verrückten Theorien viel zu lange allein gelassen worden. Ein wenig solide, einfache Arbeit würde ihr sicher gut tun, das war seine feste Überzeugung. Am meisten wurmte ihn allerdings die Vermutung, von ihr hinters Licht geführt worden zu ein. Es schien, als habe sie nur mit seinen Gefühlen gespielt, um zusätzliche Rechnerstunden für ihre seltsamen Experimente zu bekommen. Wie hatte er nur so leichtgläubig sein können? Beinahe hätte er seine Ehe und Familie aufs Spiel gesetzt, nur um mit diesem halbwüchsigen Teenager ein Verhältnis anzufangen – grausam, diese Vorstellung.
    Die Geologin hatte ihn erreicht und streckte ihm lächelnd die Hand entgegen. »Hallo, mein Name ist Ella Jordan.« Sie hatte einen bezaubernden amerikanischen Akzent. »Ich freue mich, dass Sie mich so kurzfristig empfangen.«
    »Die Freude ist ganz auf meiner Seite«, entgegnete Enders. Die Geologin war tatsächlich recht hübsch, auch wenn die Ringe unter ihren Augen sie etwas müde aussehen ließen. Vielleicht zu viel gefeiert.
    »Willkommen in Effelsberg«, sagte er und wies auf die Eingangstür. »Lassen Sie uns ins Trockene gehen. Man sagte mir, Sie seien an einer kleinen Führung interessiert?«
    »Sehr gern. Aber nur, wenn es Ihnen nichts ausmacht.«
    »Mein Vorgesetzter in Bonn hat leider versäumt, mich über Ihren Besuch rechtzeitig zu informieren. Wir werden zurzeit sehr von unserer Arbeit in Anspruch genommen. Sie erinnern sich an die Supernova vor einigen Wochen?« Er hielt ihr die Tür auf und folgte ihr in den Eingangsbereich.
    »Aber selbstverständlich«, entgegnete die junge Frau. »Ein wunderbares Feuerwerk. Schade, dass es so schnell wieder vorüber war.«
    Enders verdrehte im Geiste die Augen. Eine Supernova als Feuerwerk abzutun, dazu gehörte schon ein Übermaß an weiblicher Naivität. »Darf ich fragen, was Sie speziell an unserer Anlage interessiert?«, fragte er, während er die Tür wieder schloss und die Frau zum Panoramafenster führte. Von hier aus überblickte man den gesamten Kontrollraum und das dahinterliegende Teleskop. »Nehmen Sie mir meine Offenheit nicht übel, aber ich finde es schon recht ungewöhnlich, dass Sie sich als promovierte Geologin für Effelsberg interessieren. Nicht dass ich Ihre Arbeit in irgendeiner Weise abwerten möchte, aber die Schnittmenge unserer Interessen ist nicht eben groß, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    »Ich verstehe vollkommen. Darf ich fragen, was Ihr Vorgesetzter in Bonn Ihnen genau über meinen Besuch mitgeteilt hat?«
    »Er erging sich, wie üblich, nur in Andeutungen. Sagte, Sie kämen von einer Forschungsgruppe aus der Schweiz und wären eine gute Bekannte seiner Freundin Helène Kowarski. Das allein sei schon Grund genug, Ihnen jede nur erdenkliche Aufmerksamkeit zu erweisen. Über die Gründe Ihres

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