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Magma

Magma

Titel: Magma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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die an Einfachheit kaum noch zu überbieten ist. Wie sind Sie nur darauf gekommen?«
    »Es war Konrad, der mich auf die Idee gebracht hat«, erwiderte Ella. »Er sagte mir, dass ich auf mich selbst hören und meine eigenen Bedürfnisse erkennen soll. Sie müssen wissen, dass ich seit beinahe zehn Jahren von meiner Familie getrennt lebe und dass ich meine Tochter sehr vermisse.« Sie zögerte einen Moment. Es fiel ihr nicht leicht, über das Thema zu reden. »Doch dann hat es in meinem Kopf
klick
gemacht«, fuhr sie fort. »Erinnern Sie sich an unser Gespräch am Lago Maggiore? In den Tagebuchaufzeichnungen des Geologen war von einem unbekannten Metall die Rede.«
    »Das Adamas?«
    »Genau. Einer Substanz, die zum ersten Mal in den Mythen des Hesiod erwähnt wird. Gaea, die Göttin der Erde, schenkte es ihren Kindern, damit diese sich aus der Unterwelt befreien und zu ihr zurückkehren konnten. Auf einmal wurde mir alles klar. Die kleineren Sphäroiden sind wie Kinder, die von ihrer Mutter gerufen werden. Aber sie können nicht zurückkehren. Nicht ohne Hilfe eines vernunftbegabten Wesens.«
    »Und all das soll Hesiod vorausgesehen haben?«, fragte Helène zweifelnd. »Wie denn?«
    Ella schüttelte den Kopf. »Ich bin sicher, dass Hesiod nichts weiter getan hat, als bereits existierende Mythen aufzugreifen und in poetische Verse zu kleiden. Die Vorstellung von einer Muttergöttin reicht bis zu den Anfängen der Menschwerdung zurück. Ich bin sicher, dass man Ähnliches finden wird, wenn man die Felsmalereien in der Sahara genauer unter die Lupe nimmt. Wo genau die Legende ihren Anfang nahm, weiß kein Mensch. Und was die Kugeln betrifft – vielleicht war ihre Existenz früher bereits bekannt. Vielleicht ist das Wissen über sie in den letzten Jahrtausenden verloren gegangen. Es gibt so viele Zeichen und Symbole aus jener Zeit, die wir noch enträtseln müssen.«
    Colin runzelte die Stirn. »Aber du sagtest doch, Intelligenz allein würde nicht ausreichen, um das Rätsel zu lösen. Also wenn du mich fragst, ich habe den Unterschied zwischen Intelligenz und Vernunft immer noch nicht begriffen.«
    »Man differenziert zwischen individueller und sozialer Intelligenz«, erläuterte Ella. »Individuelle Intelligenz lässt dich schwierige Aufgabe lösen – so, wie du es beim Öffnen der Kugel demonstriert hast. Soziale Intelligenz ermöglicht dir einen reibungslosen und produktiven Umgang mit deinen Artgenossen.
Teamwork
, um es mal modern auszudrücken. Führt man beides zusammen, so kann man von Vernunft sprechen. Vernunft lässt einen Dinge tun, die einem persönlich unter Umständen Schaden zufügen, dem Allgemeinwohl aber von Nutzen sind.«
    »Eine Eigenschaft, die der menschlichen Natur leider nicht in den Genen liegt«, sagte Jan. »Wenn die Zeichen schlecht stehen, ist sich doch jeder selbst der Nächste.«
    »Ja und nein«, sagte Ella. »Ich glaube, dass wir uns an einem Scheideweg befinden. In einem engen Umfeld sind die Menschen durchaus in der Lage, vernunftbegabt zu handeln. Nehmen Sie nur mal eine Familie. Die meisten Mütter oder Väter würden ohne zu Zögern ihr Leben opfern, um das Leben ihrer Kinder zu retten. Eine eindeutig vernunftgesteuerte Handlung. Auch im Krieg finden wir solche Verhaltensmuster. Es gibt Soldaten, die ohne zu zögern für ihre Kameraden durchs Feuer gehen. Hebt man das Ganze aber auf eine größere Ebene, funktioniert das Prinzip nicht mehr. Kein Mensch wäre bereit, seine persönlichen Ansprüche zum Wohle des Staates freiwillig zurückzuschrauben. Das funktioniert nur, indem es von oben verordnet wird. Noch schlimmer wird es, wenn wir es mit Staatengemeinschaften zu tun haben. Da geht es schlimmer zu als auf jedem Basar.«
    »Aber woran liegt das?«, fragte Jan. »Es ist doch eigentlich völlig inkonsequent.«
    »Es hat etwas mit unserer Abstammungsgeschichte zu tun«, entgegnete Ella. »Der Mensch hat seit Urzeiten immer in kleinen Gruppen zusammengelebt. Zehn, fünfzehn Menschen, die einander nahestanden, die sich kannten und liebten und die sich füreinander aufopferten. Wenn man es recht betrachtet, so haben wir uns in dieser Hinsicht nicht weiter entwickelt. Gewiss, unsere Freunde und Bekannten leben jetzt weiter verstreut voneinander, aber das hat nur etwas mit unserer erhöhten Mobilität zu tun. Im Grunde ist es immer noch der fünfzehnköpfige Stamm, den wir um uns scharen und in dem wir uns wohl fühlen. Auch unser Wirkungskreis hat sich nicht vergrößert. Wir jetten

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