Magma
Ich bin einfach keine Führungspersönlichkeit. Nicht so wie du.« Seine Stimme war mit den letzten Worten immer leiser geworden. Schließlich versagte sie ganz.
Einen Moment lang sah Helène Kowarski ihren langjährigen Weggefährten scharf an, dann wurden ihre Gesichtszüge weicher. »Ich bitte dich, Eli«, sagte sie mit versöhnlichem Tonfall. »Gib diesem Projekt noch eine letzte Chance. Wenn es zu gefährlich wird, werde ich diese Türen eigenhändig verschließen, das verspreche ich dir.« Sie legte ihm vertrauensvoll ihre Hand auf die Schulter. »Ich brauche dich jetzt hier. Mehr denn je. Was heute Nacht geschehen ist, ist bedauerlich, aber es hat eine Kette von Ereignissen in Gang gesetzt, die weder du noch ich stoppen können.« Sie griff in die Brusttasche ihres Arbeitskittels, zog ein gefaltetes Stück Papier heraus und reichte es ihm. »Du verfügst noch nicht über alle Informationen. Hier, lies das.«
Weizmann nahm ihr das Papier aus der Hand und begann den Inhalt der Nachricht zu überfliegen. Er runzelte die Stirn. Dann gab er es an Helène zurück. »Was soll das? Das ist doch eine Ente, oder?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich fürchte nicht. Ich glaube, es ist der Beginn von etwas, das mit unserem Fund in Zusammenhang steht.«
Weizmann schüttelte den Kopf. »
Merkwürdige Aktivitäten im Marianengraben? Eine amerikanische Expedition in elftausend Metern Tiefe?
Das hat doch seit Ewigkeiten niemand mehr gemacht. Soweit ich weiß, besitzen die Amerikaner nicht mal ein Tauchboot, das dafür geeignet wäre.«
»Aber die Japaner. Die
Shinkai 11 000
wurde vor drei Monaten von der Helling gelassen und befindet sich seither im Versuchsstadium.«
»Die Amerikaner zusammen mit den Japanern? Die Geschichte wird immer absurder.« Er blickte noch einmal auf den Zettel und überflog die Mitteilung. »Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, was da unten sein soll. Und abgesehen davon – selbst wenn es ein neuer Mount Saint Helens ist, was geht es uns an? Ich sehe da keinen Zusammenhang. Und wer zum Himmel ist diese Ella Jordan?«
»Sie ist eine der angesehensten Seismologen der Welt«, erwiderte Helène. »Ich habe Nachforschungen über sie anstellen lassen. Sie stimmen alle darin überein, dass sie auf ihrem Gebiet eine echte Koryphäe ist. Sie gilt als absolut kompetent und glaubwürdig. Und was den Grund für dieses Himmelfahrtskommando angeht: Vielleicht wirfst du mal einen Blick auf diese Dinge.« Sie reichte ihm einen weiteren Zettel, auf dem nichts weiter zu sehen war als ein paar Diagramme, aufgezeichnet von einem Seismographen. Sie dokumentierten merkwürdige Vorgänge über einen Zeitraum von vier Stunden. Weizmann war kein Fachmann für Erdbebenforschung, aber die Ausschläge waren selbst für ihn als Laien Aufsehen erregend. Auf einmal hörte er wieder dieses entfernte Klingeln im Ohr. Wie ein Güterzug, der sich mit hoher Geschwindigkeit näherte, während man selbst an die Gleise gefesselt war.
»Unser Informant verbürgt sich für die absolute Richtigkeit dieser Angaben«, fuhr Helène fort, als sie seinen verblüfften Gesichtsausdruck bemerkte. »Wir haben inzwischen eigene Messungen vornehmen lassen, die diese Angaben bestätigen.« Sie tippte auf das Blatt. »Stärke zwei Komma sechs auf der Richterskala. Und sieh dir den Zeitraum zwischen den Ausschlägen an. Das kann unmöglich ein Zufall sein. Sieh es dir an!
Zwei Stunden achtundvierzig Minuten
. Ich finde, das ist ein hinreichend guter Grund, um der Sache unsere volle Aufmerksamkeit zu widmen. Die
Shinkai
startet übrigens in vier Tagen.«
»Hast du eine Vorstellung, was sich dort unten befinden könnte?« Sein aufkeimendes Interesse konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich seine Befürchtungen mit einem Schlag vervielfacht hatten.
Helène Kowarski warf einen kurzen Blick auf das Objekt im Inneren des mächtigen Glaszylinders und murmelte: »Wenn ich das bloß wüsste.«
Weizmann knetete seine Handflächen. »Dann gibt es nur eine Möglichkeit. Wir müssen jemanden an Bord der
Shinkai
schleusen. Wenn das stimmt, was du mir da eben erzählt hast, sollten wir unsere Informationen aus erster Hand bekommen.«
Respekt leuchtete in den Augen der Direktorin auf. »Exakt. Ich habe bereits alles Nötige veranlasst. Es war nicht leicht, bei nur sechs Mann Besatzung. Doch ich habe unsere Kontakte in Fernost spielen lassen, und unsere Verbindungsperson wird zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein.«
Weizmann runzelte
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