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Magma

Magma

Titel: Magma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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»Dreihunderttausend Menschen sind damals ums Leben gekommen, nicht zuletzt deshalb, weil sie nicht rechtzeitig gewarnt wurden.«
    Ella hob den Kopf. »Warnungen gab es genug. Das U.S. Geological Survey veröffentlichte kurz nach dem Beben eine Meldung im Internet und gab umfangreiche Warnungen heraus. Für jedermann lesbar und zugänglich. Auch das indische Militär wusste von dem Beben. Die Ausschläge waren klar und deutlich auf ihren Seismographen zu erkennen. Eine diesbezügliche Warnung an die Regierung wurde jedoch einfach in den Wind geschlagen. Genau wie die vielen Meldungen, die von Sumatra, der ersten der betroffenen Inseln, verbreitet wurden. Thailand, das eine Stunde später von der Welle heimgesucht wurde, hat unzählige solcher Warnungen erhalten und einfach ignoriert. Dabei wäre es ein Leichtes gewesen, die Bevölkerung über Funk oder Radio zu warnen und aufzufordern, höher gelegenes Gelände aufzusuchen.« Sie atmete tief durch, als die Erinnerungen an das furchtbare Unglück lebendig wurden. »Eine verdammte Schlamperei war das. Aber in einem Punkt gebe ich Ihnen Recht, Admiral. Im Gegensatz zum Pazifik gab es im Indischen Ozean kein Tsunami-Frühwarnsystem. Seit langer Zeit schon haben wir Geologen versucht, die Anrainerstaaten von der Wichtigkeit einer solchen Einrichtung zu überzeugen, doch wir stießen überall auf Desinteresse. Stattdessen wurden uns Statistiken präsentiert, nach denen ein solches Beben im Indischen Ozean nur alle siebenhundert Jahre vorkommt. Leider hat erst die Katastrophe ein Umdenken bewirkt. Aber so ist es ja immer, nicht wahr?«
    Der Admiral betrachtete sie prüfend. »Finden Sie diese Bemerkung nicht etwas zynisch?«
    Ella lächelte gequält. »Zynisch sagen Sie? Nun, vielleicht bin ich das ja wirklich. Meine jahrelangen Reisen haben mir eines deutlich vor Augen geführt: Die schlimmste aller Naturkatastrophen ist die menschliche Dummheit.«
    »Da muss ich Ihnen leider Recht geben«, sagte der Admiral. »Meinen Sie, dass uns hier Ähnliches bevorsteht?«
    Ella schüttelte den Kopf. »Dafür sind die Amplituden viel zu gering. Man würde mich sofort informieren, wenn eine Gefahr bestünde. Ich selbst gehöre, wie Sie vielleicht wissen, dem internationalen Zusammenschluss führender Erdbebenforschungszentren, kurz:
I.R.I.S.,
an. Die Incorporated Research Institutions for Seismology sind genau aus solchen Gründen ins Leben gerufen worden. Wir wollen globale Zusammenhänge verstehen lernen, um eine bessere Vorhersage zu ermöglichen. Eine Katastrophe wie im Indischen Ozean darf sich nicht wiederholen.«
    »Das ist auch unser Ziel«, ergänzte Masters. »Aus genau diesem Grund ist jedwede seismische Aktivität, unbedeutend oder nicht, sofort dem Pentagon zu melden. Was uns aber momentan beschäftigt, ist nicht so sehr die Stärke der Ausschläge, sondern ihre merkwürdige Regelmäßigkeit. Ich sage Ihnen, da unten geht irgendetwas vor, und solange wir nicht wissen, ob es sich um ein natürliches oder ein von Menschen geschaffenes Phänomen handelt, bleiben wir auf DEFCON 4 .«
    »Laut unseren Berechnungen ist der Vorgang natürlichen Ursprungs«, wandte Esteban ein.
    »Diese Theorie wurde von Ihrer eigenen Abteilung inzwischen wieder verworfen«, entgegnete Masters. »Haben Sie denn die letzten Dossiers nicht gelesen? Die neuen Werte legen nahe, dass es sich nicht um ein zufälliges Ereignis handelt.«
    »Sie meinen, jemand
will
, das es da unten zu neuen Ausbrüchen kommt?« Ella konnte es nicht fassen. Noch viel weniger konnte sie glauben, dass so etwas technisch überhaupt machbar war.
    Sergeant Masters zuckte die Schultern. »Wie gesagt, wir wissen es nicht. Deshalb ist der Tauchgang ja so wichtig für uns.« Sie deutete auf das Modell. »Da, sehen Sie!«
    Mit besorgtem Blick erkannte Ella, dass ein neues Lämpchen zu blinken begonnen hatte, diesmal südlich von ihrem Tauchpunkt.
    Masters hatte ganz Recht, die Zone war in den letzten Stunden heiß geworden. Es hatte beinahe den Anschein, als würde die Nahtstelle zwischen der asiatischen und der pazifischen Platte zerreißen.
    Als würde eine uralte Narbe aufbrechen.

12
    D er Zeiger der Uhr rückte auf zwei Uhr. Jan Zietlow massierte ihre müden Augen und blickte hinüber zu der gewaltigen Schüssel des Radioteleskops. Halogenstrahler beleuchteten den Koloss von unten und verwandelten die Nacht in ein Spektakel aus Licht und Schatten. Schade, dass der Schnee so schnell wieder geschmolzen war. Es hatte ausgesehen

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