Magma
hinunter.«
Ellas Augen leuchteten. »Scheinbar nicht. Laut meinen Berechnungen liegt das Epizentrum hier. Beinahe genau auf unserer Höhe.«
»Sind Sie sicher, dass das Programm einwandfrei funktioniert«, fragte der Kommandant. »Vielleicht haben Sie sich bei der Interpretation der Daten getäuscht. Was Sie da behaupten, wäre doch recht ungewöhnlich, oder?«
Ella nickte. »Ganz und gar ungewöhnlich. Ich erinnere mich aber, dass die NOAA unabhängig von mir zu derselben Einschätzung gelangt ist. Stimmt es nicht, Mr.Esteban? Ein Problem, über das wir schon vor Beginn unserer Reise gesprochen haben. Und hier ist der Beweis.« Sie deutete auf den Monitor. »Sehen Sie es sich selbst an. Sämtliche Erbebenwellen gehen von diesem einen Punkt aus. Dann machen sie sich auf den Weg und durchdringen dabei Tausende von Kilometern Gestein.«
»Es ist trotzdem unmöglich«, entgegnete Martin. »Eine Quelle, die einen lokal so eng begrenzten Raum einnimmt? So etwas wurde seit Bestehen der Erdbebenforschung nicht beobachtet.«
»Stimmt, Herr Professor«, sagte Ella. »Doch genauso wenig wurde jemals ein Beben beobachtet, nach dem man die Uhr hätte stellen können. Und doch genau das ist hier der Fall. Was wollen wir also machen? Die Fakten ignorieren und so tun, als gäbe es das alles nicht, oder endlich anfangen zu arbeiten? Ich sage Ihnen in aller Deutlichkeit: Die Antwort auf unsere Fragen liegt hier. Direkt unter unseren Füßen.« Sie warf dem Kommandanten einen flehenden Blick zu. »Yamagata-san, wir müssen die Sache untersuchen, auch wenn ein gewisses Risiko damit verbunden ist. Ich bitte Sie inständig, es sich noch einmal zu überlegen.«
Der Kommandant des Tauchbootes legte die Stirn in Falten und versank für eine knappe Minute in Gedanken. Dann hob er seinen Kopf und gab seinem Copiloten ein knappes Handzeichen.
18
M arten Enders streichelte sich zufrieden über den Bauch. Sein Blick wanderte durch die Scheibe der Eingangstür, während er beobachtete, wie das schwedische Kamerateam zurück zum Übertragungswagen ging. Die Korrespondentin von SVT 1 war ausgesprochen hübsch gewesen. Keine ätherische Schönheit wie Jan, aber doch von einer gewissen kühlen, nordischen Erotik. Sie hatte etwas verhalten Aufreizendes an sich, etwas, was sich nur schwer in Worte fassen ließ. Sicher ein flotter Feger im Bett. Wie war doch gleich ihr Vorname? Ingrid? Inga? War ja egal. Jedenfalls hatte es ihr sichtlich Vergnügen bereitet, ihm bei jeder sich bietenden Gelegenheit ihr üppiges Dekolleté unter die Nase zu halten. Was wiederum auch ihm viel Vergnügen bereitet hatte. Wenn doch alle Reportagen so anregend sein könnten. Der Filmbeitrag gehörte zu den wenigen, von denen Enders schon im Vorfeld wusste, dass er gut werden würde. Pointiert, kenntnisreich und mit dem gewissen Etwas. Er seufzte.
Das war sein letzter Termin für heute gewesen. Wenn er wollte, konnte er jetzt nach Hause fahren, den Kindern einen Kuss geben, sich ein Bad einlassen und den Abend entspannt mit seiner Frau vorm Fernseher abhängen. Verdient hatte er das. Er war gern bei seiner Familie. Die Abendstunden waren immer etwas Besonderes – der Inbegriff von Harmonie, angefüllt mit kleinen Zärtlichkeiten und Ritualen. Hausaufgaben kontrollieren, Schultaschen packen, schmusen und balgen, Zähne putzen, Gutenachtgeschichten vorlesen und Licht löschen. Er liebte diese Routine. Danach würden er und seine Frau vielleicht noch etwas miteinander reden und ein Glas Wein zusammen trinken, und wer weiß, was sich dann noch alles ergeben mochte.
Doch aus irgendeinem Grund konnte er dieser Aussicht heute keinen rechten Reiz abgewinnen. Es war zu entspannend, zu harmonisch … zu langweilig. Ihm stand der Sinn nach Abwechslung. Er spürte, dass immer noch ein letzter Rest Adrenalin durch seine Venen pulsierte. Damit verbunden war ein euphorisches Gefühl, das er noch eine Weile auskosten wollte. Er legte die Füße auf den Tisch, nippte an seinem Kaffee und warf einen dankbaren Blick auf das mächtige Radioteleskop. Wie ein flüchtiger Traum erhob es sich vor dem Panorama der Eifeler Mittelgebirgslandschaft. Ein Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. Einmal im Leben war er zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen. Seine Entdeckung hatte seinen Namen auf aller Welt bekannt gemacht. Natürlich hatte auch sein Talent für Öffentlichkeitsarbeit etwas mit dem Erfolg zu tun. Die Kameras liebten ihn. Forscherkollegen, die zuvor nur ein müdes Lächeln
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