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Magma

Magma

Titel: Magma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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beherrschende Frage lautete: Konnten sie unter solchen Voraussetzungen die Expedition fortsetzen? Durfte er als verantwortlicher Kommandant ein solches Risiko eingehen? Es konnte nur eine Antwort auf diese Frage geben.
    »Abbruch der Mission«, sagte er und bemühte sich, seiner Stimme einen entschlossenen Klang zu verleihen. An seinen Copiloten gewandt, fuhr er fort: »Alles für den Aufstieg vorbereiten.«
    »Was sagen Sie da?«, platzte die Geologin heraus. Sie sah ihn fassungslos an. »So dicht vor dem Ziel wollen Sie aufgeben?«
    »Ich gebe nicht auf.« Yamagata stand auf und wandte sich den drei Wissenschaftlern zu. »Ich sehe nur der Wahrheit ins Auge. Wir sind von der
Yokosuka
abgeschnitten; niemand kann uns hören. Sollte es zu technischen Problemen kommen, wären wir auf uns gestellt. Wir wären nicht mal in der Lage, ein SOS -Signal abzusetzen. Außerdem haben wir ein Hitzeproblem. Die
Shinkai
ist zwar für hohen Druck ausgelegt, nicht aber für hohe Temperaturen. Die Batterien funktionieren nur innerhalb eines Toleranzbereichs von etwa einhundert Grad Celsius. Wir haben keinen Hitzeschild, und mit jedem Meter, den wir tiefer sinken, wird das Wasser heißer. Und drittens sind da die Turbulenzen. Sie haben sie vorhin selbst zu spüren bekommen. Es ist, als würde man versuchen, in einem Topf mit kochendem Wasser zu tauchen. Bitte denken Sie immer daran: Es genügt eine Berührung mit den Wänden des Grabens, um die Druckkugel zu beschädigen. Jede noch so kleine Fraktur in der Hülle und wir wären auf der Stelle tot.« Er schüttelte den Kopf. »Tut mir leid. Ich kann dieses Risiko nicht eingehen. Wir können den Meeresboden unter diesen Umständen nicht erreichen.«
    Die Crew schwieg. Ella Jordan starrte betroffen zu Boden, unfähig zu sprechen oder ihm in die Augen zu blicken. Esteban kaute nervös an seiner Unterlippe. Einzig für Konrad Martin schien die Entscheidung in Ordnung zu gehen. Er quittierte sie mit einem stummen Nicken.
    Als Yamagata das Zeichen zum Aufbruch gab und sich die beiden Vertikalschrauben mit einem Surren in Bewegung setzten, sah er aus dem Augenwinkel, wie Ella Jordan in sich zusammensackte. Mit hängenden Schultern setzte sie sich in ihren Stuhl, richtete die Lehne auf und zog den Gurt fest.
    In diesem Moment meldete sich das Notebook der Wissenschaftlerin mit einem sanften Piepsen. Wieder waren zwei Stunden achtundvierzig Minuten verstrichen, wieder wurde die Erde von einem Beben erschüttert. Wieder in einer Stärke von 3 , 8 . Yamagatas Blick glitt über den Monitor, der gerade irgendwelche Daten in ein 3 -D-Modell des Meeresgrundes einfügte. Er war aufs Neue erstaunt, wie realistisch die Darstellung war. Irgendwann würde er die Professorin fragen, ob sie bereit war, ihm die Software zu verkaufen. Gebannt beobachtete er, wie sich das Bild von oben nach unten aufbaute. Zeile für Zeile wurde die Darstellung größer. Nach einer knappen Minute waren die Berechnungen abgeschlossen. Die Geologin glättete die Kanten noch ein wenig und starrte eine Weile ausdruckslos auf das Bild. Sie wirkte wie eingefroren. Yamagata spürte sofort, dass etwas nicht stimmte. »Gibt es Probleme?«, fragte er.
    »Stopp. Bitte halten Sie das Boot für einen Moment an.« Ihre Stimme klang dünn und zitterte vor Erregung.
    Der Kommandant runzelte die Stirn. »Was ist denn los?«
    »Sehen Sie mal.« Sie rückte etwas zur Seite, damit er das Bild besser betrachten konnte. »Sehen Sie diese Erhebung hier? Ich meine die, die wie eine überdimensionale Nase aus der Steilwand des Marianengrabens herausragt?« Sie deutete auf einen runden, geschwungenen Hügel.
    »Natürlich sehe ich sie.«
    »Laut
Cathy
misst sie schätzungsweise zweihundert Meter von einer Seite zur anderen.«
    »Und was soll damit sein?«, fragte Yamagata.
    »Nun«, sagte sie, »wenn ich das, was mir der Computer eben mitgeteilt hat, richtig interpretiere, so liegt sie nur etwa hundert Meter unter unserer jetzigen Position. Wir könnten bequem auf ihr landen und wären dort vor allzu großer Wärmeeinwirkung und Turbulenzen geschützt.«
    »Und was sollen wir dort?«, fragte Professor Martin ungeduldig. »Es ist ein Buckel, mehr nicht.«
    »Wenn Sie die Darstellung näher betrachten, so können Sie erkennen, dass dieser
Buckel
, wie Sie ihn so abfällig nennen, die Quelle der Divergenz ist.«
    Yamagata runzelte die Stirn. »Wollen Sie damit andeuten, dass die Erdstöße von diesem Hügel ausgehen? Ich dachte, wir müssten bis ganz

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