Magnolia Steel - Hexenflüstern (German Edition)

an die riesige Kröte, die sie einmal in Tante Linettes Garten gefunden hatte. Er hatte goldene Augen mit senkrecht stehenden Pupillen, dicke Schwimmhäute zwischen den Fingern und eine graue, schuppige Haut.
    »Ihr habt mich gerufen und ich bin gekommen«, schnarrte er.
    »Ich danke dir.« Die Oberhexe war gerade so dicht an den See herangetreten, dass ihre Schuhspitzen das Wasser berührten. »Bei unserem letzten Treffen habe ich dir von den Faltern des Lichts erzählt. Du hast versprochen, uns zu helfen, sie zu vernichten, und jetzt sind wir hier.«
    Pestilla zog die Flasche unter ihrem Umhang heraus, in der die Falter des Lichts wie die Derwische kreisten. Dann richtete sie das Wort an Runa und Linette.
    »Linette Kater und Runa Rickmoor«, sagte die Oberhexe feierlich. »Ohne euch stünden wir heute nicht hier!«
    »Ohne uns übrigens auch nicht«, flüsterte Magnolia Jörna zu.
    »Allein eurem Mut und eurer Besonnenheit ist es zu verdanken, dass wir uns heute von einer Gefahr befreien können, die seit vielen hundert Jahren wie das Damoklesschwert über uns Hexen und Magiern schwebt. Deshalb gönnen wir euch diesen Ruhm von ganzem Herzen und rufen euch zu: Nun bringt die Sache, die ihr einmal angefangen habt, zu einem guten Ende! Versenkt diese abscheuliche Flasche im Abfluss zur Unterwelt«, Pestilla strahlte die beiden Hexen an, als hätten sie gerade den Jackpot geknackt.
    »Ich habe bereits alles mit Pumput besprochen. Wenn ihr also bereit seid, dann übergebe ich euch hiermit feierlich die Geißel der gesamten Hexenwelt, die Falter des Lichts!«
    Überrascht sahen sich Runa und Linette an. Sie waren nicht sicher, ob sie sich über diese Ehre wirklich freuen sollten.
    Auch Magnolia stöhnte hörbar auf. »Jetzt ist es aber langsam genug. Zur Abwechslung könnte sich auch einmal jemand anderer in Gefahr bringen. Pestilla zum Beispiel«, murrte sie leise.
    Runa wollte gerade etwas erwidern, da legte Linette ihr die Hand auf den Arm. »Wie großzügig, uns diese Auszeichnung zuteilwerden zu lassen. Da bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als dein nobles Angebot anzunehmen.« Sie sah die Oberhexe spöttisch an.
    »Meinst du?« Erstaunt zog Runa die Augenbrauen hoch. »Ich würde vorher gern noch ein paar Fragen klären. Die Sache mit der Luft, zum Beispiel. Ich kann sie maximal eine Minute anhalten, dann ist Schluss. Und tauchen kann ich übrigens auch nicht.«
    Linette winkte ungeduldig ab. »Wie sagst du immer? Stell dich nicht an wie ein Mädchen! Die Sache mit der Luft lässt sich ganz einfach lösen.«
    Erleichtert wendete sich Pestilla an Runa. »Sei unbesorgt, meine Liebe. Die Sumpfhexen haben aus Wasserwurzeln einen Kaugummi hergestellt, damit könnt ihr ganz bequem eine Stunde unter Wasser atmen. Außerdem werden euch zwei Kelpies bis zum Grund des Sees tragen.«
    Erwartungsvoll blickte Pestilla die zwei Hexen an. »Nun, wie lautet eure Antwort?«
    Linette und Runa wechselten noch einen letzten schnellen Blick. »Wir nehmen dein Angebot an!«, sagte Runa dann knirschend.
    »Ich habe nichts anderes erwartet«, antwortete Pestilla zufrieden und übergab die Flasche der Falter schnell an Linette.
    »Dann brauchen wir jetzt bloß noch diesen, ähh, diesen Kaugummi und es kann losgehen.« Suchend sah Pestilla sich danach um.
    Die Sumpfhexe neben ihr spuckte einen walnussgroßen schwarzen Klumpen aus und zerriss ihn in zwei gleich große Teile.
    »Iiiiih!« Angeekelt sahen Magnolia und Jörna sich an. Die Oberhexe bedachte sie mit einem strengen Blick.
    »Ich habe ihn schon mal eingekaut, damit er auch funktioniert«, erklärte die Sumpfhexe und drückte Runa und Linette jeweils ein Teil davon in die Hand.
    Die beiden Hexen blickten angewidert auf den schleimigen, klebrigen Klumpen und schoben ihn sich dann tapfer in den Mund.
    »Bevor es losgeht, noch ein kleiner Tipp«, sagte Pestilla. »Ihr dürft unter Wasser nicht sprechen. Versteht sich beinah von selbst, oder? Der Kaugummi könnte euch sonst leicht aus dem Mund gespült werden.«
    Es wurde noch einmal unruhig, als zwei riesige braune Kelpies aus dem See auftauchten und die beiden Hexen aufsitzen ließen. Kaum hatten Runa und Linette auf ihren Rücken Platz genommen, gab die Oberhexe ihnen auch schon einen Klaps und sie galoppierten durch das aufspritzende Wasser zurück in den See.
    Linette holte vorsichtig Luft. Es funktionierte einwandfrei. Schwerelos glitt sie auf dem Kelpie durch das Wasser. Nur am Rande nahm sie Schnecken und Molche wahr, die