Magnolia Steel - Hexenflüstern (German Edition)
großen Schluck aus ihrem Weinglas.
»Hast du vielleicht auch schon eine Idee, wie wir das Ding außer Landes bringen? Sollen wir uns den Beryll einfach in die Rocktasche stecken und fröhlich winkend nach Hause fahren?«, wollte Runa bissig wissen.
»Du kannst ihn dir auch auf die Nase setzen. Er ist schließlich eine Brille!«, antwortete Linette spitz.
Pestilla sah sie streng an. Ihr war nicht zum Scherzen zumute. »Also?«
»Haben wir denn eine Wahl?«
Pestilla schüttelte den Kopf.
»Oder wenigstens eine Chance?«
Pestilla nickte. »Hoffe ich zumindest. Ihr dürft die Gorgonen nur nicht unterschätzen! Eigentlich ist es ganz einfach: Im Trubel des Hexenkongresses werden die Klabauter zu euch Kontakt aufnehmen und euch die Brille übergeben. Ihr habt dann nichts weiter zu tun, als sie unverzüglich nach Hause zu bringen. Mit unverzüglich meine ich selbstverständlich auch unverzüglich. Nicht, dass ihr auf die Idee kommt, den WWC bis zum letzten Tag zu genießen oder irgendwelche Verwandtenbesuche zu machen.«
Linette und Runa sahen Pestilla so empört an, dass die abwehrend ihre Hände hob. »Schon gut … schon gut! Ich wollte es bloß gesagt haben. Wir zählen auf euch!«
Mit diesen Worten wurden sie entlassen.
Der Rückflug war alles andere als angenehm. Tausend Fragen und Gedanken wirbelten durch Linettes Kopf.
Als sie schließlich zu Hause landete, kam ihr Magnolia aus der Küche entgegen. »Hallo, Tante Linette! Bist du nach Hackpüffel geflogen, oder warum hast du den Besen dabei?«
»Was? Ach so.« Abwesend sah die Hexe ihre Nichte an. »Ich hatte noch etwas in Rauschwald zu tun.«
»Hast du das Ballkleid bestellt?«
Linette sah Magnolia bestürzt an. »Ach du Schreck! Das habe ich tatsächlich vergessen.«
»Oh, Tante Linette, was ist, wenn sie jetzt keins mehr haben?«, jammerte Magnolia.
»Mach dir keine Sorgen. Ich werde unsere Bestellung sofort aufgeben. Falls sie noch ein Kleid haben, sollen sie es gleich morgen früh liefern. Deine Maße dürften ihnen noch von dem Mantel vorliegen, den du zur Hexenweihe bekommen hast.«
»Das muss aber sehr früh sein. Schließlich müssen wir zum Flughafen und vorher noch Jörna abholen.«
»Wird schon klappen«, antwortete Linette und hängte ihren Mantel in den Schrank.
Drittes Kapitel
Schlecht geflogen …
Es war noch stockdunkel, als Magnolia von Stimmen geweckt wurde. Die eine Stimme gehörte unverkennbar Tante Linette, die andere Stimme war ihr fremd, aber sie klang hell und melodisch. Allerdings meinte Magnolia so etwas wie Entrüstung herauszuhören. Neugierig sprang sie aus dem Bett und lief zur Treppe, um besser hören zu können.
»Das ist Ihre Meinung, Madame Kater! Aber wenn Sie nicht wollen, nehme ich es wieder mit.« Magnolia hörte, wie ihre Tante etwas mit gedämpfter Stimme erwiderte.
»Nun, da hätten Sie sich früher melden müssen. Diese Kleider liegen bei uns schließlich nicht auf Halde.« Die melodische Stimme bekam einen spitzen Unterton.
»So habe ich das nicht gemeint!« Tante Linettes Stimme klang beschwichtigend. »Es wird meiner Nichte schon gefallen, Mädchen lieben Rosa.«
Magnolia glaubte nicht recht zu hören. Sie hasste Rosa! In Windeseile sauste sie die Treppe hinunter. Zu spät. Die Haustür klappte und außer Tante Linette war niemand mehr zu sehen.
»War das mein Kleid?«
»Guten Morgen«, sagte ihre Tante betont langsam. »Ja, es war dein Kleid. Eine männliche Fee hat es gerade gebracht.«
»Kann ich es sehen?«
»Später, jetzt habe ich es bereits in meiner Tasche verstaut. Ich zeige es dir, wenn wir in Amerika angekommen sind.«
Das war ja reichlich merkwürdig. Magnolia kam ein schrecklicher Verdacht. »Zeig mir das Kleid, Tante Linette!«, forderte sie bestimmt.
»Ich habe dir doch gesagt, dass es bereits eingepackt ist …«, erklärte ihre Tante mit Nachdruck.
»Oh Tante Linette, ich glaube dir kein Wort! Sicher ist es …!«
»Hinreißend. Du wirst entzückend darin aussehen. Und jetzt wollen wir kein weiteres Wort darüber verlieren. Zieh dich an und bring deinen Koffer herunter, dann können wir noch schnell zusammen frühstücken.«
Wütend stampfte Magnolia mit dem Fuß auf. Ihr blieb nichts anderes übrig, als sich zu gedulden. Wenn ihre Tante so sprach, war jeder Widerstand zwecklos.
Während sie angezogen, mit Rucksack und Koffer im Schlepptau die Treppe herunterkam, hörte sie abermals Stimmen. Und obwohl sie sich noch über ihre Tante ärgerte, musste sie grinsen. Denn
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