Magnolia Steel – Hexennebel
plötzlich in der peinlichen Räubersprache. Konrad hatte sie ihm beigebracht, und er war sofort Feuer und Flamme, denn magische Wesen konnten diese Sprache nicht verstehen und mussten sie erst mühsam erlernen. Magnolia fand sie zwar albern, hatte aber keine Probleme damit. Bei Jörna und dem Rest der Truppe lag die Sache anders. Sie taten sich, zu Nemos Entzücken, erstaunlich schwer damit, sie zu lernen. Doch er ruhte nicht eher, bis jeder von ihnen das Prinzip der Sprache verstanden hatte. Denn sonst hätte er sich ja nicht unterhalten können.
»Ilewich aulewauch nilewicht«, erwiderte Konrad sofort und grinste zufrieden. Es gefiel ihm, dass Nemo so begeistert von dieser Sprachewar, denn schließlich kam sie von ihm. Genauer gesagt von seiner Großmutter.
Jörna verdrehte die Augen. »Pipikram«, sagte sie.
»Rolewolmolewops«, sagte Konrad genüsslich, und Nemo grinste.
Es dauerte eine Sekunde, bis Jörna sich das übersetzt hatte, dann langte sie rüber und fegte Konrad seinen Zylinder vom Kopf.
»Spinnst du?«, fragte Konrad in normaler Sprache und grapschte hastig nach seinem Hut, damit er nicht über Bord fiel. Jetzt war es Jörna, die grinste.
Magnolia hörte dem Geplänkel nur mit halbem Ohr zu. Sie hatte die ganze Zeit das unangenehme Gefühl, Milauros Blick auf sich zu spüren, und zog automatisch den Kopf ein. Nur gut, dass sie mit dem Rücken zu ihm saß. Dann hatten sie endlich den Bootssteg des stillen Sees erreicht. Wortlos legte der Gondoliere an, und genauso wortlos stiegen die jungen Hexen und Magier aus. Sie nickten Milauro noch einmal zum Abschied zu und waren froh, aus seinem Blickfeld zu verschwinden.
Am Strand stiegen sie noch immer schweigend auf ihre Besen und flogen über ein spiegelglattes Meer nach Bollwark, zu Runas Hallig.
Achtes Kapitel
Eine gefährliche Zutat
Auch auf Bollwark konnte man den Frühling bereits riechen. Der Wind, der noch vor Kurzem wie ein wilder Stier getobt hatte, strich heute sanft über die Salzwiesen der Insel, und im Strandhafer flötete der erste Seeregenpfeifer.
Runa erwartete ihre Schüler mit gewohnt strengem Blick und führte sie gleich nach der Landung hinter das Haus. Sie hatte dort sechs Zielscheiben aus Korb aufgestellt, die interessanterweise die Silhouette eines Trolls darstellten. Ihre Schüler waren angenehm überrascht.
»Sieht nach einer Menge Spaß aus«, stellte Magnolia erfreut fest.
»Stimmt. Endlich mal etwas anderes als das ewige Gedankenblockieren«, pflichtete Jörna ihr bei. »Ich schätze, Runa will uns bei Laune halten.«
»Ruhe!«, rief die Watthexe und klatschte energisch in die Hände. »Schluss mit dem ständigen Geplapper! Was ich euch jetzt sage, sage ich nur einmal, verstanden?«
Die Schüler nickten. »Dort hinten seht ihr sechs Bergtrolle. Ich will, dass ihr sie erledigt – und zwar mit dem klassischen Hexenschuss.«
»Wow!« Begeistert sahen sich die jungen Hexen und Magier an.
»Stellt euch in einer Reihe auf. Ihr braucht nicht zu drängeln. Jeder von euch hat seine eigene Zielscheibe.«
Die Schüler stellten sich wie verlangt auf und warteten.
»Das Besondere am Hexenschuss ist, dass man keinerlei Hilfsmittel wie zum Beispiel einen Zauberstab oder Ähnliches benötigt. Er lässt sich schnell und effektiv aus dem gestreckten Zeigefinger abfeuern und richtet nicht so einen Flurschaden wie ein Kugelblitz an. Noch Fragen?«
Die Schüler schüttelten stumm die Köpfe.
»Dann konzentriert euch auf euer Ziel. Streckt den Arm und den Zeigefinger aus und ruft laut und deutlich: ›Tonebat!‹ Die Betonung liegt auf der letzten Silbe.«
Die Schüler streckten ihre Zeigefinger aus und fixierten ihr Ziel.
»Ach ja. Es wird zu Anfang etwas wehtun, wenn der Schuss eure Fingerspitze verlässt.«
Augenblicklich ließen alle die Arme sinken.
»Das habe ich mir gedacht!«, polterte Runa. »Sobald es ernst wird, kneift ihr!«
»Tut es sehr weh?«, piepste Ronda ängstlich.
»Nicht mehr, als wenn ich dir ein paar Feuerdrachen unter den Hintern schiebe«, blaffte Runa. »Und jetzt los. Wer kneift, ist für die Zunft der Hexen verloren!«
Magnolia schluckte. War ja klar, dass der Spaß einen Haken hatte.
»Warum musste sie das unbedingt vorher sagen?«, brummte Jörna. Magnolia sah ihre Freundin an und nickte entschlossen. »Egal«, sagte sie und streckte Arm und Zeigefinger aus. Dann konzentrierte sie sich auf ihr Ziel und rief: »Tonebat!«
Es gab ein zischendes Geräusch und fühlte sich an, als hätte ein
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