Magnolia Steel – Hexennebel
Vorreden auf. »Ist Jörna nicht auch hier?«
Magnolia grinste. »Klar, sie sitzt vermutlich in der vorletzten Reihe und überlegt, wie sie Nemo so schnell wie möglich loswird.«
»Nemo?« Elon reckte den Hals. »Okay. Ich denke, dabei kann ich behilflich sein.« Mit diesen Worten war er im Gedränge verschwunden.
»Armer Nemo«, sagte Leander lachend. Die Zwergenkapelle von Hackpüffel spielte einen Tusch, und die von allen so sehnsüchtig erwartete Parade konnte endlich beginnen.
»Einmarsch der Kobolde!«, verkündete Jacko mit lauter Stimme. Er war Bürgermeister von Hackpüffel, und ihm fiel die ehrenvolle Aufgabe zu, die Vertreter der einzelnen Zünfte anzusagen.
Tja, und was dann kam, war, gelinde gesagt, enttäuschend. Da marschierten die Waldkobolde vor den Flusskobolden, gefolgt von den Silber- und Gipszwergen. Es liefen die Nussweiblein hinter einer Abordnung Sumpfhexen und so weiter … und so weiter …
Elon hatte Jörna inzwischen gefunden, und nun standen sie, von einem Ohr bis zum anderen grinsend, neben Magnolia und Leander.
»Das soll die große Parade sein?«, flüsterte Jörna. »Da habe ich eindeutig mehr erwartet.«
Magnolia ging es ganz genauso. Was ihnen hier geboten wurde, war Lichtjahre von dem entfernt, was man sich von einer großartigen Parade magischer Wesen versprach.
Danach ergriff Pestilla das Wort und setzte zu einer Dankesrede an, die sich gewaschen hatte. Wahre Füllhörner des Lobes schüttete die Oberhexe über den drei Spinnerinnen aus. Und ihre Rede wollte und wollte einfach kein Ende nehmen.
Allmählich wurde Magnolia ungeduldig. Sie hatte das Gefühl, jeden Augenblick bewusstlos vornüberzukippen, wenn Pestilla nicht endlich zum Schluss kam. Aber nicht nur auf sie hatten Pestillas Worte eine einschläfernde Wirkung. Belustigt stellte sie fest, dass Columbun plötzlich anfing, ganz ungeniert zu schnarchen, und Pestilla immer lauter werden musste, um sie zu übertönen.
Dann gab die Oberhexe endlich auf. Energisch klatschte sie in die Hände und rief: »Genug der langen Worte. Wie ich sehe, hat Kerbelkraut Keller und Scheunen geplündert, um uns mit einem opulenten Festmahl zu erfreuen. Mir bleibt nichts anderes übrig, als uns allen einen guten Appetit zu wünschen und die Tafel zu eröffnen!«
Jetzt war der Applaus so ohrenbetäubend, dass sogar Columbun aufwachte und sich zu einem milden Lächeln herabließ.
Die Spinnerinnen nahmen auf den Ehrenplätzen am Kopf der Tafel Platz, und das Festmahl konnte beginnen.
Magnolia hatte keinen Hunger. Sie hätte sich hundertmal lieber mit Leander unterhalten. Über das, was er in Neuseeland erlebt hatte, und weshalb er sich so selten bei ihr gemeldet hatte. Denn sosehr sie sich auch über seine Rückkehr freute, das Thema war für sie einfach noch nicht erledigt. Jörna dagegen strahlte wie ein Honigkuchenpferd. Man musste blind sein, um nicht zu bemerken, wie sehr sie in Elon verschossen war.
Irgendwann war auch das Festessen überstanden. Die Musiker der Zwergenkapelle kehrten zu ihren Instrumenten zurück und legten unverzüglich los. Sie spielten so laut, dass das Wacholderbier in den Krügen schäumte und das Geschirr auf den Tischen tanzte.
Sofort stand Elon auf. »Seid nicht sauer, aber Jörna hat versprochen, den ganzen Abend mit mir zu tanzen! Stimmt doch, oder?«
Jörna verdrehte die Augen. »Da war ich wohl etwas voreilig. Die Musik ist furchtbar.«
»Ach was, versprochen ist versprochen.« Elon nahm ihren Arm und zog sie einfach mit sich fort.
Auch die Hexen hielt nun nichts mehr auf ihren Plätzen. Sie stürzten auf die Tanzfläche, und der Ärger ließ nicht lange auf sich warten.
Einige Sumpfhexen hatten es vor lauter Übermut Schnecken regnen lassen und gerieten nun prompt mit ein paar Elfen aneinander, die über die Schleimspuren auf ihren Gewändern alles andere als begeistertwaren. Bevor es zu einer ernsthaften Auseinandersetzung kam, übernahm Pestilla das Kommando. Sie teilte die Tanzenden in verträgliche Gruppen ein und sorgte mit einem entsprechenden Zauber dafür, dass sie sich auf der Tanzfläche nicht in die Quere kamen.
Magnolia fand, dass es höchste Zeit war, mit Leander zu verschwinden. Denn die Oberhexe war mittlerweile so in Schwung, dass sie die Tänzer nicht nur grob in Gruppen einteilte, sondern ihnen auch die nötigen Tanzpartner verschaffte. Und dabei hatte sie nicht immer ein glückliches Händchen. Runa hatte sie beispielsweise einen gut gelaunten Gipszwerg zugeteilt.
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