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Magnolienschlaf - Roman

Magnolienschlaf - Roman

Titel: Magnolienschlaf - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Baronsky
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gesprochen hat.
    Mama. Das Gespräch klebt an Jelisawetas Gemüt wie ein schlechtes Gewürz, und nicht einmal die Aussicht auf drei Monate, in
     denen sie baden wird, sooft es ihrpasst, essen wird, was und wann sie mag, und sonntags fahren kann, zu wem und wohin sie will, bringt die Leichtigkeit, auf
     die sie sich so gefreut hatte. Es bleibt immer der Gedanke an Mama und deren sinnlose Appelle und Vorstellungen. Und wieder
     einmal, ganz zaghaft nur, gesteht sie sich ein, dass Mama ihr zuwider geworden ist. Dass nichts mehr übrig ist von der großen
     Zauberin, die Mama einmal gewesen war. Damals, bevor sie nach Smolensk gezogen sind und Jelisaweta sich beim Einkaufen zitternd
     hinter dieses Konservenregal gedrückt und versucht hat, durch die Latten spähend, den Boden abzusuchen …
     
    Jelisaweta erkennt die Stimme von Valentina Nikolajewna. Valentina Nikolajewna ist spitznasig und hinkt. Jelisaweta hat sie
     nie aus der Nähe gesehen, denn Mamas geheimnisvoller Zauber bewirkt, dass Valentina Nikolajewna immer die Straßenseite wechselt,
     wenn Jelisaweta an der Hand ihrer Mutter näher kommt. Eine Weile hat Jelisaweta geglaubt, es sei ihr eigener Zauber, und versucht
     ihn andersherum funktionieren zu lassen. Doch Valentina Nikolajewna ist weder stehen geblieben, noch hat sie zu hinken aufgehört,
     und auch das Kopftuch ist ihr nicht auf die Schultern gerutscht. Sie wechselt bloß immer die Straßenseite. Also ist es Mamas
     Zauber.
    »Möchte wissen, von wem die das Balg hat«, sagt eine andere, es muss die mit dem grünen Kopftuch sein, die fast immer hier
     ist und mit der Verkäuferin redet, wenn Jelisaweta mit Mama zum Einkaufen kommt.
    »Das will sie wohl selbst gerne.«
    Alle kichern.
    Selbst wenn Mama und Jelisaweta nicht erst Augenblicke zuvor das Geschäft verlassen hätten, wäre Jelisaweta von jedem Zweifel
     frei gewesen, dass es bei dem Gespräch um Mama geht. Und um Babka. Um ihre Familie, mehr sind sie ja nicht. Sie geht in die
     Hocke, sucht den Boden durch einen der unteren Schlitze im Regal ab. Endlich sieht sie einen Zipfel des geblümten Baumwollstoffs
     hinter der riesigen Kartoffelkiste hervorlugen. Ohne nachzudenken und ohne die Matronen anzuschauen, stürmt Jelisaweta aus
     ihrem Versteck hervor, schnappt sich den Stoffhasen und flüchtet auf die Straße hinaus.
    »Ich hab ihn«, ruft sie und rennt auf Mama zu. Bleibt vor ihr stehen und präsentiert ihr das geliebte Tier, bevor sie mit
     der freien Hand nach einem Henkel der schwarzen Einkaufstasche greift und sie gemeinsam mit Mama anhebt.
    »Mama, was ist ein Balg?« Dabei weiß sie längst, dass sie auch dieses Mal keine Antwort bekommen wird.
     
    Jelisaweta schreckt auf. Schlaftrunken sucht sie in der Dunkelheit nach der Uhr, fühlt eine Wand, wo der Nachttisch sein sollte.
     Erst dann begreift sie, wo sie ist. Da ist ein Geräusch gewesen, jemand hat nach ihr gerufen. Jelisaweta lauscht, tastet nach
     der Lampe. Sie hat ihre Tür offen stehen lassen und die von Frau Hennemann nur angelehnt. Jelisaweta setzt sich auf und schlingt
     sich das Wolltuch um die Schultern, offenbar schaltet sich die Heizung in der Nacht ab. Leise schleicht sie zum Schlafzimmer.
     Das Licht ihrer Nachttischlampe reicht bis zum Bett der alten Dame. Die liegt vollkommen ruhig, dieAugen geschlossen. Jelisaweta wartet einen Moment, zieht das Tuch fester und wendet sich zum Gehen. Es muss ein Traum gewesen
     sein. Gerade als sie die Tür wieder anlehnen will, beginnt Frau Hennemann zu röcheln, atmet schwer und unregelmäßig.
    »Hies-a.« Und wieder: »Hies-a.« Also doch. Frau Hennemanns Augen sind noch immer geschlossen, doch ihr Kopf und die Hände
     zucken. Sie träumt, denkt Jelisaweta verwundert. Von mir. Schon so bald.
    Zwei weitere Male wird Jelisaweta in dieser Nacht geweckt. Leises Wimmern dringt aus dem Schlafzimmer, doch wieder liegt Frau
     Hennemann schlafend, etwas scheint sie im Traum zu quälen. Todmüde denkt Jelisaweta an das Baby, den kleinen Friedrich, um
     den sie sich in ihrer Au-pair-Zeit in Darmstadt gekümmert hat. Wenn er während seiner Schläfchen geweint hatte, brauchte Jelisaweta
     ihm nur seinen Schnuller in den Mund zu schieben, schon war er still. Einen Augenblick überlegt sie, ob das bei Frau Hennemann
     auch funktionieren würde, und muss grinsen, dann schließt sie beide Türen, zieht sich die Decke über den Kopf und schläft
     endgültig ein.
     
    Gegen halb elf am Vormittag, Frau Hennemann hat in einer winzigen

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