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Magyria 01 - Das Herz des Schattens

Titel: Magyria 01 - Das Herz des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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herabließ, auf einem Sessel Platz zu nehmen und ihre Aufmerksamkeit auf Hanna zu richten. »Habt ihr euch gestritten?« Leiser fügte sie hinzu: »Kunun und ich streiten uns nie. Aber so etwas ist sehr selten. Das weiß ich. Wenn man so zusammengehört wie wir … das ist etwas wirklich Außergewöhnliches.«
    Réka war also in der Stimmung, über Kunun zu reden. Hanna nutzte die Gelegenheit, um von Mattim abzulenken.
    »Was, wenn du vergisst, dass ihr euch gestritten habt?« Sie dachte an die Szene am Fluss, an Rékas aufflackernde Widerspenstigkeit. »Das könnte durchaus sein. Dass er Dinge von dir verlangt, die du nicht willst. Dass er dich zu irgendetwas zwingen will. Dass …«

    »Kunun liebt mich«, unterbrach Réka sie empört. »Er würde mich nie zu etwas zwingen. Auf die Idee würde er gar nicht kommen. Er ist nicht so. Du kennst ihn nicht. Was wir haben … es ist vollkommen.« Mit den Füßen malte sie Kringel und Herzchen in die Luft. Hanna sah ihr dabei zu und fühlte sich unerträglich erwachsen.
    Kunun hatte Réka gewählt … Sie gehört mir, hatte er gesagt. Warum gerade Réka? Was wollte er mit ihr? Sie war recht hübsch, und sie konnte sogar charmant sein, wenn sie wollte, aber warum sie? Warum nicht das nächstbeste junge Mädchen, frisch und voller Leben?
    »Wie habt ihr euch eigentlich kennengelernt?«, fragte Hanna.
    »Ich dachte, Mária hat dir davon erzählt. Sie hat allen davon erzählt, was Kunun angeblich getan hat. So ein Schwachsinn.«
    »Was war davor?«, hakte Hanna nach. »Hast du ihn zufällig in der Disco getroffen? Mir ist, als hätte Mária gesagt, du wolltest wegen eines Jungen dorthin. War das Kunun? Dann musst du ihn schon vorher gekannt haben. Wie willst du sonst gewusst haben, dass er dort sein würde?« Sie bemühte sich, ihre Aufregung nicht zu zeigen, während sie merkte, dass sie auf einen Punkt zusteuerte, der ihr von Anfang an suspekt vorgekommen war. »Du warst vorher schon in ihn verliebt, vor eurem ersten Tanz.«
    Réka lächelte in sich hinein. Ihre Zehen schrieben »Kunun«, immer wieder »Kunun«, während sie die Beine über die Armlehne hängen ließ.
    »Wir waren füreinander bestimmt«, flüsterte sie. »Ich dachte, er würde mich nie beachten … Aber irgendwie habe ich es gewusst. Irgendwie wusste ich, dass er es ist, er und kein anderer.«
    »Wo ist er dir aufgefallen?«
    »Überall«, sagte Réka leise, und in ihrer Stimme lag Erstaunen, »ich hab ihn gesehen, wie er an der Schule vorbeigefahren
ist in seiner Wahnsinnskarre … und ich bin ihm in der Stadt begegnet. Manchmal hielt er an einer roten Ampel, vor der ich gewartet habe. Er ist mir sofort ins Auge gesprungen. Oder beim Einkaufen, da hab ich ihn auch gesehen. Einmal hatte er ein paar Freunde dabei, und sie haben ihn gerufen, seitdem wusste ich, wie er hieß.«
    »Wahrscheinlich haben sie sich auch laut darüber unterhalten, wo sie abends hingehen würden?«
    Réka drehte sich auf ihrem Sessel, bis sie Hanna anschauen konnte. »Ich habe es gehört, und da wusste ich, dass ich dort hinmusste. Es gab gar keine andere Möglichkeit. Ich wollte ebenfalls dort sein und ihn sehen, den ganzen Abend. Das ist Schicksal.«
    Kunun hatte Réka also tatsächlich ausgewählt. Gezielt, wie es schien. Viel zu lange hatte Hanna sich mit der Erklärung zufriedengegeben, dass Rékas Alter das Mädchen für den König der Schatten attraktiv machte. Er hatte es darauf angelegt, gerade diese Vierzehnjährige zu sich zu locken - warum bloß, um alles in der Welt?
    »Ich habe ihn gefunden«, murmelte Réka. »Bevor er mich geliebt hat, konnte ich ihn schon finden. Wir wurden zueinander geführt, weil wir füreinander bestimmt sind.«
    Hanna fand es auf Dauer ermüdend, ihr zuzuhören. Am liebsten hätte sie Réka von einem anderen Kunun erzählt. Einem Kunun, der im Dunkeln die Arme um sie gelegt hatte, von einem Kunun, den es nach Blut dürstete …
    Die Türglocke ließ sie aus den Überlegungen hochfahren, ob sie es wagen sollte, etwas gegen Kunun vorzubringen. Réka war vor ihr an der Tür, und von oben hörten sie Attilas Ruf: »Wer ist da? Mama? Ist Mama da?«
    Réka starrte auf den kleinen Bildschirm, bevor sie den Toröffner betätigte. »Für dich, Hanna.«
    Ihr Herz machte einen Sprung, als sie den Prinzen den Gartenweg heraufkommen sah. Mattim, die Hände in den Jackentaschen vergraben, den Kopf gesenkt gegen den
wirbelnden Schnee. Weiße Flocken senkten sich auf sein blondes Haar. Durch ein paar lange

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