Magyria 01 - Das Herz des Schattens
zurück und streckte die Arme nach Hanna aus. Sie setzte sich auf seine Oberschenkel und lehnte sich an ihn.
»Verzeih mir«, flüsterte er ihr ins Ohr.
»Ja«, flüsterte sie zurück.
»Ach nee«, brummte Réka und stand auf. »Das wird mir jetzt zu viel. Ich geh nach oben. Nacht, Hanna.«
»Gute Nacht, Réka.«
Als sie allein waren, sagte Hanna: »Tu das nie wieder. Auch wenn du sagst, dass du gar nichts gemacht hast. Nie wieder.«
»Nein«, sagte Mattim leise. Er hatte nicht vor, jemals wieder so etwas zuzulassen.
»Wie sieht sie aus?«
Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Geht so.«
»Du lügst mich doch nicht an, oder?«
»Hanna.« Er küsste sie sanft. »Mirita war immer nur meine Kameradin. Mit ihr habe ich meine Pläne besprochen. Mehr war da wirklich nicht.«
»Auch für sie?«
Er zuckte die Achseln. »Darüber habe ich nie nachgedacht. Wir waren zusammen in der Nachtwache. Die gesamte Truppe war befreundet. Goran zum Beispiel gehörte auch dazu. Jetzt ist sie ein Schatten und wohnt in Kununs Haus. Hübsch ist sie außerdem. Wenn ich jemanden anders wollte, wäre es mit ihr viel einfacher. Aber ich will niemanden anders, Hanna. Ich will nur dich.«
Immer wieder hätte er diesen Satz aussprechen wollen. Doch Hanna kam ihm zuvor. »Du musst es ihr sagen, Mattim.
Wenn du sie das nächste Mal triffst. Dass sie sich irrt. Dass du nur zu ihr gekommen bist wegen der Nachricht. Das stimmt doch, nicht wahr? Du wolltest ihr bloß die Nachricht überbringen?«
Er schrak hoch. »Pst. Bist du sicher, dass Réka nicht zuhört?«
Lautlos glitt Hanna von seinem Schoß und schlich zur Tür. Sie schüttelte den Kopf. »Du leidest schon unter Verfolgungswahn. Réka ist in ihrem Zimmer.« Sie seufzte leise. »Mattim, das nächste Mal musst du dieser Mirita irgendwie klarmachen, dass sie für dich nur eine Freundin ist. Am besten, bevor sie dich wieder küsst.«
Er nickte. »Versprochen.« Noch einmal würde Mirita ihn bestimmt nicht überrumpeln.
»Bist du denn irgendwie weitergekommen? Hast du schon eine Idee, wie du die Pforte schließen kannst?«
Mattim musste zugeben, dass sein Besuch in Magyria nicht viel gebracht hatte. »Eine Idee? Außer der, dass man das Haus zum Einsturz bringen müsste, um den Durchgang unpassierbar zu machen? Selbst das würde vermutlich nicht viel bringen. Wenn man durch Wände gehen kann, dann sicherlich auch durch Schutt und Geröll. Ich muss wissen, wie Kunun diese Pforte überhaupt aufgemacht hat.«
»Was, wenn er sie zufällig gefunden hat?«, fragte Hanna. »Wenn sie immer schon da war?«
Mattim dachte an die dunkle Höhle. Wie verzweifelt er damals, als er noch der Prinz von Akink gewesen war, versucht hatte, herauszufinden, was sich darin verbarg.
»Man stolpert nicht einfach über eine unsichtbare Schwelle und ist drüben! Man muss bewusst hinübergehen, und das ist nur möglich, wenn man weiß, wo sich der Übergang befindet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Kunun einfach in die Höhle gegangen ist, um sich zu verstecken, und dann - hoppla, wo bin ich denn hier? So funktioniert das nicht.«
»Kannst du ihn denn nicht fragen?«, schlug Hanna vor. »So verpackt, dass er nicht merkt, worum es geht?«
»Kunun lässt sich nicht so leicht belügen.« Kununs dunkle, forschende Blicke, vor denen man in die Knie gehen wollte … Und ständig zu denken, dass er einen durchschaute, dass er alles wusste, dass er das Spiel nur mitspielte, damit er später umso härter zuschlagen konnte. Auch auf der Jagd hatte sein Bruder sich nicht täuschen lassen, obwohl Mattim hätte schwören mögen, dass Kunun ihm glaubte. »Man weiß nie, was er wirklich denkt. Ich müsste mir jedenfalls eine verdammt gute Lüge ausdenken. Könnten wir nicht …«
Hanna schüttelte heftig den Kopf. »Nein, vergiss es. Niemals. Das ist viel zu gefährlich.« Sie wirkte, als wollte sie gleich auf ihn losgehen.
»Du weißt doch gar nicht, was ich sagen wollte!«, protestierte Mattim.
»Das ist nicht schwer. Du willst jemand anders für dich lügen lassen«, sagte Hanna leise. »Es muss jemand sein, dem Kunun vertraut. Es gibt nur eine, die infrage kommt.«
»Atschorek«, sagte Mattim. Konnte sie allen Ernstes seine Gedanken lesen? Es war unglaublich.
Aber Hanna sagte: »Ich dachte an Réka. Du meinst gar nicht Réka? Ich hatte schon Angst, du würdest wollen, dass wir sie dazu bringen, Kunun seine Geheimnisse zu entlocken.«
Mattim fühlte sich von dieser neuen Idee geradezu berauscht. »Das
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