Magyria 01 - Das Herz des Schattens
ich auch nicht.« Er genehmigte sich einen zweiten
Bissen. »Ich könnte jeden Tag mit dir hier sitzen und zusehen, wie du Schokoladenkuchen isst. Und probieren, um herauszufinden, wie das schmeckt, was du magst. Ich möchte alles kennen, was dir etwas bedeutet.«
»Ein Wurstbrot hätte es auch getan. Was mich angeht. Mattim, ich wollte, dass du es schmeckst! Deine ehrliche Meinung. Zu süß? Zu schwer?«
Es fühlte sich nicht viel anders an, als miteinander in der Küche der Szigethys zu sitzen. Vertraut, scherzend. Wenn es ihr nur gelang, den Schmerz auszuschalten, den Reiter und das, was er aussagte. Das müsste Mattim sein. Das! Ein unnahbarer Krieger auf einem Streitross. Es machte die Tatsache, dass er hier neben ihr saß, noch kostbarer. Das schöne Café mit den türkisfarbenen Metallstühlen war jetzt am Vormittag nicht ganz voll, trotzdem waren noch genug Menschen da, die sie bemerken konnten: Mit diesem Jungen bin ich hier. Seht genau hin! Mit ihm! Mit ihm!
» Ich muss Kununs Wohnung durchsuchen«, sagte Mattim. »Vielleicht gibt es irgendwelche Hinweise, die wir nutzen können. Das Problem ist nur, dass ich gar nicht weiß, wo er wohnt.«
Hanna hob die Brauen. »Ich dachte, er wohnt bei dir im Haus? Es ist doch seins.«
»Ja, zumindest sein Hauptquartier und der Zugang zur Pforte. Allerdings weiß ich bis heute nicht, hinter welcher der Wohnungstüren Kunun leben könnte. Das ist mir erst jetzt so richtig aufgefallen, als ich darüber nachgedacht habe, bei ihm einzubrechen. Alle Schatten, die ich kenne, haben dort mindestens ein Zimmer, Kunun dagegen kommt eigentlich nur ins Haus, um etwas zu erledigen, mit den Schatten zu sprechen oder um mir eine Lektion zu erteilen. Es ist ja nicht so, dass er ein Bett zum Schlafen bräuchte, aber irgendwo muss er seine Sachen haben. Wenn ich bloß wüsste, wo. Auch dieses besondere Auto, das er angeblich fährt - wo steht es? Am Baross tér jedenfalls nicht.«
»Hat er vielleicht ebenfalls eine Villa, so wie Atschorek? Mattim, wenn Kunun schon seit hundert Jahren hier ist, kann er auch zwanzig Häuser besitzen.«
»Réka wird ihn finden«, sagte Mattim leise. »Ich folge ihr einfach, und dann bleibe ich an den beiden dran, bis er sie gehen lässt. Danach werde ich ja sehen, wo er hingeht und ob er tatsächlich noch mehr Häuser besitzt.«
»Das gefällt mir nicht.« Auf einmal schmeckte der Kuchen nach nichts. Nach etwas Klebrigem, Süßem, das einem den Mund verstopfte. Wie können wir darauf warten, dass sie zu ihm geht?, wollte Hanna ausrufen. Das ist nicht richtig. »Ich werde versuchen, Réka aufzuhalten«, sagte sie. »Wenn ich das schaffe, wirst du niemanden haben, den du verfolgen kannst.«
Sie sah ihn an, sie wartete darauf, dass er sie bat, es nicht zu tun. Auf einmal fühlte es sich an, als wären sie auf unterschiedlichen Seiten. Erhoffte er sich wirklich, dass sie Réka zu Kunun schickte, damit er den Schlupfwinkel seines Bruders finden konnte?
»Réka oder Akink?«, fragte Mattim leise, tauchte die Gabel in die Schokoladencreme und zog sie wieder heraus. »Darum geht es doch gar nicht. Wir kämpfen beide gegen Kunun, Hanna. Die Frage ist vielmehr, wie wir ihn am besten treffen. An welcher Stelle wir zuerst zuschlagen. Wo wir aus taktischen Gründen besser ein wenig warten. Wenn du ihn jetzt verärgerst, kann es sein, dass er sich noch etwas ganz anderes einfallen lässt - und ich kann dir nicht versprechen, dass ich dich schützen kann.« Er senkte den Blick. Mit der kleinen Gabel spießte er den Kuchen auf, als hätte er einen Feind erledigt. »Wenn ich dagegen die Pforte schließen kann, wenn ich ihn von der menschlichen Lebenskraft abschneiden kann, dann ist er für Akink nicht mehr so gefährlich. Und Réka ist ihn ein für alle Mal los.«
Er wartete auf ihre Zustimmung.
»Aber ich wünsche mir, dass es anders geschieht«, sagte Hanna. »Ich wünsche mir, dass Réka nicht einfach so von ihm befreit wird, sondern dass sie sich willentlich von ihm lossagt. Dass sie begreift, was er mit ihr tut, dass er sie aufs Schändlichste ausnutzt. Dass er ihre Liebe nicht verdient. Ich fände es schrecklich, wenn sie ihm auch noch nachtrauert. Wenn sie von einer Liebe träumt, die es nie gegeben hat.«
»Das Mädchen ist vierzehn«, erinnerte Mattim. »Sie wird es irgendwann verstehen. Vielleicht kann sie es zurzeit gar nicht. Du bringst sie nur gegen dich auf. Und Kunun auch. Beides können wir im Moment wirklich nicht gebrauchen.«
Er hatte
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