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Magyria 01 - Das Herz des Schattens

Titel: Magyria 01 - Das Herz des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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tödlich für unsereins ist wie der Donua? Du lebst seit einem Jahrhundert hier und musst es gerade jetzt ausprobieren?«
    »Was glaubst du denn, wie man Details über das Dasein als Schatten herausfindet? Wie habe ich erkannt, dass das Blut der Menschen uns vor dem Tageslicht schützt? Glaubst du, das wusste ich von Anfang an? Ich habe hier gelebt, jahrzehntelang, in der Nacht. Glaubst du, man wagt sich einfach hinaus in die Sonne, wenn man damit rechnet, dass man zu Asche verbrennt?«
    »Hast du es damals genauso gemacht?«, fragte Mattim bitter. »Hast du da auch jemanden vorgeschickt?«
    Kunun lachte leise über die hilflose Wut des Jungen. »Nein«, antwortete er. »Im Grunde war es Zufall, wenn man so will. Ein sehr überraschender Zufall … Aber niemand stürzt zufällig in den Fluss. Ich musste es wissen.«
    »Was?«, fragte Mattim wieder. »Dass er uns tötet? Oder dass menschliches Blut uns in diesem Fall nicht schützt? Wolltest du so nach Akink, über den Fluss?«
    »Dumm bist du nicht, auch wenn du es wieder nicht ganz getroffen hast«, sagte Kunun. »Wäre die Zeit nicht so
knapp, könnte man dich sogar zum Truppenführer ausbilden. - Komm mit. Ich will dir etwas zeigen.«
    Er hielt ein Taxi an, indem er nur kurz am Straßenrand winkte. Es war, als ob alle ihm gehorchten, dem finsteren König mit dem schönen Gesicht, und Mattim wunderte sich nicht darüber, dass die Fahrerin verklärt dreinblickte, als sie nach dem Fahrtziel fragte.
    »Zum Hilton. Oben an der Burg.« Kunun lehnte sich zurück. Er wirkte nicht wie jemand, der gerade eben einen seiner Untergebenen ermordet hatte.
    »Du wohnst in einem Hotel?«, fragte Mattim. »Seit so vielen Jahren bist du hier und lebst in einem - Gasthaus?«
    Der Schattenprinz antwortete nicht. Anscheinend war er nicht gewillt, vor einer Zeugin irgendetwas zu verraten.
    Die Taxifahrerin errötete, als Kunun ihr das Geld in die Hand legte und dabei ihre Finger streifte. Sie warf ihm noch einen schmachtenden Blick durch die Scheibe zu, bevor sie weiterfuhr.
    Mattim betrachtete die weiße, von blassen apricotfarbenen Streifen durchsetzte Fassade des Hotels, vor dem ein in einen dunklen Mantel gehüllter Bediensteter mit Pelzmütze sich die Hacken abfror. »Willkommen zu Hause, Herr Magyar«, grüßte der Mann höflich.
    Kunun schubste Mattim unsanft in die Drehtür; auf der anderen Seite kamen sie in einem großen Foyer hinaus. Mehrere Angestellte nickten freundlich, doch der Dauergast beachtete sie gar nicht und eilte zu den Aufzügen. Geräuschlos schwebte der geräumige Fahrstuhl nach oben.
    »Passt irgendwie besser zu dir als das Haus am Baross tér«, sagte Mattim schließlich. »Du musst dich hier wie in einem Schloss fühlen, wo man dich umsorgt wie einen Prinzen. Wo man dir jeden Wunsch von den Augen abliest. Ich hätte mir denken können, dass du dir die kostspieligste Bleibe in der ganzen Stadt aussuchst.«
    »Es gibt teurere Hotels.« Kunun öffnete die Tür zu einer
Suite, deren Fenster den Blick auf die Donau und das Parlament freigab. Die ganze Stadt schien ihnen zu Füßen zu liegen.
    »Als wären wir hoch oben in unserer Burg«, sagte der Ältere leise. »Und unter uns der Fluss.«
    »Darum geht es dir? Auf dieser Seite zu wohnen? Prinz von Akink zu spielen?« Mattim sah sich um. Sein Bruder musste sich oft hier aufhalten, denn die Suite wirkte, so sauber und aufgeräumt sie auch war, ohne Zweifel bewohnt. Nicht nur auf dem Schreibtisch türmten sich Bücher, teilweise aufgeschlagen, auch auf dem Sofa und den Sesseln. Auf dem Couchtisch lag ein großer Bildband mit Fotos, die die ganze Doppelseite einnahmen. Was war darauf zu sehen, Wolken? Er warf einen Blick ins Schlafzimmer. Sogar auf dem Bett stapelten sich dicke Wälzer, schmale Bändchen, ausgebreitete Karten. Mattim wunderte sich. Für einen begeisterten Leser hätte er Kunun nicht gehalten, und wie ein Gelehrter sah er auch nicht gerade aus.
    »Ich glaube, deine Erinnerung täuscht dich. Unsere Burg zu Hause in Akink ist nicht halb so ausgestattet wie das hier. Dagegen wirkt sie kahl und leer.« Weil sie von Licht erfüllt war, kam es einem so vor, als würden einem überall Schätze entgegenstrahlen. Allein das Licht bewirkte den Zauber, den Akink besaß.
    Kunun legte den Arm um Mattims Schulter und führte ihn zum Fenster. Der Jüngere fühlte sich unbehaglich dabei. So hatte sein Bruder auch Wondir umarmt, bevor er ihn mitnahm, um ihn zu opfern, so legte er auch den Arm um Réka,

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