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Magyria 01 - Das Herz des Schattens

Titel: Magyria 01 - Das Herz des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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Tür hinter ihm rastete mit einem lauten Krachen ein. Der Junge erschrak so sehr, dass er die Ente losließ. Wild flatterte sie in dem engen Käfig umher und versuchte, durch das Gitter zu entkommen. Das Gelächter von draußen trieb Mattim das Blut in den Kopf, während er immer wieder vergeblich nach der verzweifelten Ente haschte. Besonders
laut lachte Wikor, ein Bär von einem Mann. Seine Schadenfreude war mindestens so gewaltig wie seine Körpergröße. Einem wie ihm konnte man hinterher nicht einmal versehentlich auf den Fuß treten.
    Es war ein merkwürdiges Gefühl, im Käfig zu sitzen, während alle um ihn herumstanden und sich amüsierten. Von außen war ihm der Käfig viel größer vorgekommen. Stehen konnte man hier drinnen nicht; gerade das machte es ja so schwierig, den Vogel zu fangen. Geduckt musste er ihm nach, und nachdem er sich mehrere Male gegen das Gitter geworfen hatte, in der Hoffnung, die Ente einzuklemmen und greifen zu können, gelang es ihm schließlich, das Seil, das immer noch von ihrem Fuß herabbaumelte, in die Hände zu bekommen. Mit hochrotem Kopf band er es im hinteren Bereich des Käfigs fest.
    »Jetzt könnt ihr öffnen«, wies Solta die Träger an. Es war keine große Kraft nötig, um die Klappe hochzustemmen und den Mechanismus wieder in die Ausgangsposition zu setzen. Mattim rettete sich zwischen den Beinen der Wächter hindurch ins Freie.
    Von außen sah der Käfig, in dem nun nur noch die angebundene Ente lauthals schimpfte, wieder recht harmlos aus.
    »Sobald der Wolf die Bodenplatte betritt, fällt die Klappe herunter, und er sitzt in der Falle«, sagte der Anführer zufrieden.
    »Jeder Marder kann sie auslösen«, knurrte Mattim.
    »Aus diesem Grund müssen wir sie regelmäßig überprüfen«, sagte Solta. »Und neue Köder einlegen. Darin hast du ja jetzt Übung.« Wikor lachte wieder besonders fröhlich.
    Mit Sicherheit hatte sein Vater diese Männer angewiesen, ihn so zu behandeln. Ein guter Anführer hätte es nie darauf angelegt, ihn vor der versammelten Mannschaft lächerlich zu machen. Vielleicht hielt Farank das für ein gutes Mittel,
um ihm klarzumachen, dass er sich hier nicht als etwas Besonderes aufspielen durfte. Mattim hatte die Hände zu Fäusten geballt und zwang sich nun gewaltsam dazu, sie wieder zu öffnen. Er biss die Zähne zusammen. Er würde dem König keinen Grund liefern, ihn wieder auf die Brücke zu schicken.
    Sie bestückten alle zehn Fallen, abwechselnd mit Enten, Hühnern und Kaninchen. Zu Mattims Erleichterung verdonnerte man ihn nur noch ein weiteres Mal dazu, den Köder festzubinden. Diesmal setzte er ein Kaninchen aus, das ihm den Arm blutig kratzte. Zornig stampfend saß es in der Ecke, nachdem Mattim seine Pflicht getan hatte, und begann sofort an dem Seil zu nagen.
    »Viel Glück«, wünschte er ihm leise.
    »Das ist nicht dein Ernst.« Ausgerechnet Solta hatte ihn gehört. »Du willst, dass es entkommt?«
    »Den Mardern und Füchsen, ja.« Der junge Prinz scheute sich nicht, dem Anführer die Stirn zu bieten. »Den Wölfen? Falls sich je einer in diese Falle verirrt, wird es keiner der Wölfe sein, um die es geht.«
    »Ach, wirklich?«
    Mattim dachte an die dunklen, wissenden Augen der Wölfin. Über so eine Falle hätte sie nur gelacht, das wusste er.
    »Es gibt wichtigere Dinge in diesem Wald zu tun.«
    »Mag sein. Aber das entscheidest nicht du. Oder möchtest du lieber in der Burg sitzen und die Arbeit uns überlassen?« Er lächelte.
    Der Prinz lächelte nicht zurück.
     
    Der Wolf knurrte. Seine gelben Augen wirkten rund wie Monde. Er fletschte die Zähne, sein Nackenfell sträubte sich.
    »Sieh an. Behauptest du immer noch, die Fallen würden nichts bringen? Das ist der fünfte Wolf in diesem Monat.«

    Mattim hatte es aufgegeben, immer wieder zu betonen, dass die Wölfe, die ihnen erstaunlich zahlreich in die Falle gingen, nichts anderes als schlichte Wölfe waren. Dies waren keine Schattenwölfe, sondern gewöhnliche Tiere, gierig, auf ihre eigene Art schlau, doch mit Sicherheit nicht in der Lage, mit einem einzigen Biss einen lebendigen Menschen in ein Schattenwesen zu verwandeln. Manche Exemplare, die sie gefangen hatten, waren prächtig und so riesig, dass sie, wenn sie hin und her sprangen, den gesamten Käfig auszufüllen schienen. Besonders dieser hier war geradezu wunderschön. Sein Fell war fast schwarz, von einigen bräunlichen Flecken abgesehen. Alles an ihm verriet seine Kraft. Die schlanken Läufe, der mächtige

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