Magyria 01 - Das Herz des Schattens
schlafen gehen.«
ELF
AKINK, MAGYRIA
»Nicht die Brückenwache«, flüsterte Mattim vor sich hin, immer wieder, wie einen Zauberspruch, »bitte, bitte, nicht noch mal auf die Brücke.«
»Mattim.« König Farank sah seinen Sohn mit strengem Blick und undurchschaubarer Miene an. »Ich lasse dich mit den Hütern Dienst tun, aber nur so lange, wie ich mir sicher sein kann, dass du gehorsam bist. Du wirst den Anweisungen des Anführers unbedingt Folge leisten. Dort draußen im Wald bist du nicht der Prinz, sondern bloß ein Diener der Stadt. Dort draußen bist du ein Mann des Königs, wie jeder andere auch. Ist das klar?«
»Klar wie Quellwasser.«
»Mattim! Ich meine es ernst. Hast du mich verstanden? Keine Eigenmächtigkeiten. Ein falsches Wort, eine unbedachte Bewegung, und du bleibst hier.«
»Ja, Vater. Weiß Morrit es schon?«
»Ich bin noch nicht bereit, dich der Nachtschicht zuzuteilen. Du tust Tagdienst, unter Hauptmann Solta, bis ich erkennen kann, dass deine Einstellung sich geändert hat.«
»Ja, Vater.«
Mattim bemühte sich, einen Ausdruck demütigen Gehorsams auf sein Gesicht zu zaubern. Es gelang ihm nicht einmal zur Hälfte. In ihm stritt die Freude darüber, dass er zurück in den Wald durfte, mit dem Ärger, dass man ihm den Dienst in der Nachtpatrouille verweigerte. Der Eindruck untertäniger Ergebenheit kam nicht wirklich zustande.
Sorgenvoll schüttelte der König den Kopf und entließ ihn.
Solta, der Anführer der Tagwache, begrüßte den Lichtprinzen knapp, aber Mattim entging nicht, wie die anderen Hüter ihm erfreut zunickten. Niemand, der nicht im Dorf dabei gewesen war, glaubte, dass seine Anwesenheit Gefahr bedeutete. Die Flusshüter dachten tatsächlich, dass er ihnen Glück brachte.
»Die Wölfe nehmen überhand in diesem Wald. Daher habe ich mich entschieden, dass wir anders als bisher vorgehen sollten«, kündigte Solta an. »Bis jetzt haben wir nur versucht, alle Eindringlinge abzuwehren. Unser vorrangiges Ziel war es, den Feind von der Brücke fernzuhalten. Jetzt wagen wir einmal etwas Neues.« Er winkte, und die erstaunten Hüter sahen mehrere Männer die Straße zum Brückenaufgang heraufkommen. Immer vier trugen einen großen, mit Tüchern verhüllten Kasten. Es waren insgesamt zehn. Hinter ihnen marschierte eine stämmige Frau mit einem großen Sack auf dem Rücken, in dem es zappelte und rumorte.
Vor den Flusshütern gingen sie über die Brücke, die Patrouille folgte ihnen stumm. Keiner sprach die Frage aus, die ihm auf der Zunge lag. Was immer es war, was da vor ihnen hergetragen wurde, sie würden es rechtzeitig erfahren.
Am anderen Ufer erteilte Solta seine Anweisungen. »Wir bleiben zusammen und schützen die Träger. In Abständen, die wir vor Ort festlegen, werden wir die Fallen aufstellen.«
»Wir wollen die Schatten fangen?«, fragte eine dunkelhaarige Frau namens Alita.
Solta runzelte die Stirn. »Habe ich das etwa behauptet? Die Schatten fangen, ha. Willst du der Köder sein? Nein? Dann halt den Mund.« Er kämpfte seinen Ärger nieder, bevor
die Anspannung sich auf die ganze Truppe übertrug. »Marsch!«
Die erste Falle fand ihren Platz nur wenige Hundert Meter von der Brücke entfernt. Die Träger stellten ihre Last ab und zogen das Tuch herunter. Zum Vorschein kam ein riesiger eiserner Käfig. Die fingerdicken Gitterstäbe umschlossen einen Raum zwischen zwei eisernen Deckeln. Vorsichtig spannte einer der Männer eine Gittertür hoch. »Alles bereit. Fehlt bloß noch der Köder.«
Die stämmige Frau griff in den Sack und holte eine wild mit den Flügeln schlagende Ente hervor. Sie hielt das Tier an den Füßen fest und wandte sich dem Käfig zu, zögerte aber dann.
»Ich brauche Hilfe«, sagte sie. »Jemand muss die Ente am Fuß anbinden, während ich sie halte. Sie soll doch leben?«
»Ja«, antwortete Solta. »Das soll sie.« Er warf einen Blick in die Runde und winkte Mattim nach vorne. »Mach dich nützlich.«
Der Prinz hob das dünne Seil vom Boden, das offenbar dafür vorgesehen war, und näherte sich vorsichtig dem immer noch heftig um seine Freiheit kämpfenden Vogel. Es war gar nicht so einfach, ein Bein zu fassen zu bekommen und einen Knoten zu machen. Sobald er fertig war, drückte die Frau ihm die Ente in den Arm. »Kriech du da rein«, befahl sie einfach.
Mattim ergab sich in sein Schicksal. Er bückte sich unter der hochgezogenen Klappe hindurch und trat auf den eisernen Boden. Im selben Moment schnappte die Falle zu, und die
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