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Mahlstrom

Titel: Mahlstrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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Stirn und konzentrierte sich. »Zu ihren Eltern, meinen Sie?«
    »Ssie hat etwas von Sssault Ssainte Marie gessagt.«
    »Und wenn sie ihre Eltern nun nicht finden kann?«
    »Weisss nicht.«
    »Was würden Sie tun?«
    »Ich … würde ess weiter versssuchen …«
    »Nehmen wir einmal an, ihre Eltern sind tot«, sagte Rowan.
    »… weil wirssie umgebracht haben?«
    »Nein, nehmen wir an, sie waren schon … sie sind schon vor langer Zeit gestorben?«
    Lubin schüttelte schwerfällig den Kopf. »Die Leute, diessie hassst, ssind noch … am … Leben …«
    »Nur einmal angenommen, Ken.« Rowan wurde ungeduldig. »Ein theoretisches Szenario. Sie haben sowohl mit der NB als auch mit Ihren Eltern noch eine Rechnung offen, und Sie wissen, dass Sie keinen von beiden erreichen können. Was würden Sie tun?«
    Seine Lippen bewegten sich, doch kein Ton war zu hören.
    »Ken?«
    »… isch würde meine Aufmerkssamkeit auf etwas anderes rischten«, sagte er schließlich.
    »Wie meinen Sie das?«
    Lubin zuckte wie eine blinde Marionette, bei der die meisten Fäden durchschnitten waren.
    »Die gansse Welt hat mich verarscht. Isch … ich würde ess ihr mit gleischer Münssessurückzahlen.«
    »Hm.« Rowan schüttelte den Kopf. »Im Grunde tut sie das bereits.«
     
    Wie sich herausstellte, genügte eine Kreuzigung. Achilles Desjardins war nicht infiziert, wenn auch immer noch ungeschützt. Die zweite Operation, für die bereits alles vorbereitet war, zielte also nicht darauf ab, seine Eingeweide durch die Mangel zu drehen. Sie sollte ihn lediglich in eine Flunder verwandeln.
    Lubins kleines Gruselkabinett hatte für den Augenblick seine Tore geschlossen. Die Liege hatte sich in einen Lehnstuhl verwandelt, auf dem der Auftragsmörder saß, während eine mechanische Spinne an seinem Körper rauf und runter lief, auf Beinen, die wie Schnurrbarthaare mit Gelenken aussahen.
    Im angrenzenden Würfel saß Desjardins und beobachtete, wie ein ähnliches Gerät sich auch an seinem Körper zu schaffen machte. Ihm waren bereits ein halbes Dutzend maßgeschneiderte Viren gespritzt worden, von denen jedes den genetischen Code für eine bestimmte Reihe von Proteinen enthielt, die von ßehemoth nicht angegriffen werden konnten. In den nächsten Tagen würden weitere Injektionen folgen. Jede Menge davon. Innerhalb einer Woche würde er Fieber bekommen; die Übelkeit spürte er bereits.
    Die Spinne nahm Proben von seinem Körper: Bakterien von Haut und Haaren, Organbiopsien, Proben seines Darminhalts. Wieder und wieder durchstach ihr haarfeiner Rüssel seine Haut und verursachte einen diffusen Schmerz im Gewebe. Genetisches Reverse Engineering war heutzutage nicht leicht. Wenn man nicht aufpasste, konnten manipulierte Gene ebenso rasch die Mikroflora des Darms verändern wie den gesamten Körper des Wirts. Tauschte man nur ein einziges Basenpaar aus, konnten sich E.coli -Bakterien von Kommensalen in Krebserreger verwandeln. Ein paar schlaue Bakterien hatten sogar gelernt, ihre eigenen Gene in ein Trägervirus einzuschleusen, um auf diese Weise in die menschliche Zelle zu gelangen. Desjardins sehnte sich beinahe nach den guten alten Krankheitserregern zurück, die lediglich resistent gegen Antibiotika gewesen waren.
    »Sie haben es ihr nicht gesagt«, stellte Lubin fest.
    Rowan hatte sie allein gelassen. Desjardins sah durch zwei Membranschichten zu Lubin hinüber und versuchte dabei, nicht auf das Kribbeln auf seiner Haut zu achten.
    »Was meinen Sie?«, fragte er schließlich.
    »Dass ich Sie vom Schuldgefühl befreit habe.«
    »Ach ja? Weshalb sind Sie sich da so sicher?«
    Lubins Spinne kletterte an seinem Hals hoch und tippte ihm gegen die Unterlippe. Der Auftragsmörder öffnete gehorsam den Mund. Der kleine Roboter kratzte mit einem seiner Körperfortsätze an der Innenseite von Lubins Wange und zog sich dann über seinen Thorax zurück.
    »Sonst hätte sie uns nicht allein gelassen«, sagte Lubin.
    »Ich dachte, die hätten Sie an die Leine genommen, Horatio .«
    Er zuckte mit den Achseln. »Eine Leine von vielen. Es spielt keine Rolle.«
    »Doch, das tut es, verdammt noch mal.«
    »Warum? Denken Sie wirklich, ich wäre vorher vollkommen außer Kontrolle gewesen? Glauben Sie, ich hätte Sie vom Schuldgefühl befreien können, wenn ich wirklich geglaubt hätte, Sie könnten ein Sicherheitsrisiko darstellen?«
    »Klar, wenn Sie das Sicherheitsrisiko hinterher wieder beseitigt hätten. Ist das nicht Ihr Problem? Dass Sie bestimmte Situationen

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