Maienfrost
Nummernschild erkennen?«
»Nein, dazu war der Abstand zu groß. Kaum war Vanessa eingestiegen, setzte der Wagen sich auch schon in Bewegung. Wie Sie sehen, lässt sich meine Beobachtung nicht beweisen. Deshalb hielt ich es auch für besser, sie zu verschweigen. Womöglich hätte mich das noch unglaubwürdiger gemacht.«
»Das war ein Fehler«, widersprach Henning. »Aufgrund Ihrer Aussage sollte es der Polizei gelingen, den wahren Täter dingfest zu machen. Ich danke Ihnen. Sie haben mir sehr geholfen.«
»Aber …«
Bevor Kajo Feldmann noch etwas erwidern konnte, ließ Henning den an der Tür stehenden Beamten wissen, dass das Verhör beendet sei und stürmte nach draußen. Um ein Haar wäre er auf dem Flur mit Peer zusammengestoßen. »Wir haben ihn!«, triumphierte er. »Es ist mir gelungen, ihn anhand der Wagenbeschreibung zu identifizieren.«
Anstelle des erwarteten Lobes, erntete er einen skeptischen Blick.
»Wäre es möglich, mich an deinem Wissen teilhaben zu lassen?«, erkundigte sich Peer.
»Aber sicher doch! Ich spreche von Micha Kronstedt. Oder glaubst du, dass es sich um einen Zufall handeln könnte, dass ausgerechnet er einen schwarzen Mercedes mit dunkel getönten Scheiben fährt? Meiner Meinung nach tätest du gut daran, deinen Vorgesetzten zu informieren und die Fahndung einzuleiten.«
»Bist du dir auch ganz sicher?«
»So sicher wie noch nie!«, zeigte sich Henning siegesgewiss. »Sag mir Bescheid, wenn ihr den Mistkerl eingelocht habt.« In diesem Moment gab es nichts, was ihn annehmen ließ, er könne sich täuschen. Für ihn stand fest, dass Micha Kronstedt der Täter war. Alles passte. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis er hinter Schloss und Riegel sitzen würde.
20
Beschwingten Schrittes ging Henning zu seinem Wagen zurück, um die Heimfahrt anzutreten. Er war auf Leonas Reaktion gespannt, wenn er ihr den Mörder präsentieren würde. Nicht ohne Stolz dachte er daran, dass es letztendlich seinen Bemühungen zu verdanken war, dass der Täter so schnell gefasst werden konnte.
Henning überlegte, ob er wohl noch einmal zugeschlagen hätte, entschied sich aber dagegen. Die magische alles verbindende Zahl drei war schließlich erreicht. Nur das Motiv war ihm nach wie vor schleierhaft.
In seine Überlegungen hinein, klingelte sein Handy. Während er die Freisprechanlage betätigte, fiel ihm auf, dass der Akku nahezu leer war. Er nahm sich vor, ihn zuhause aufzuladen. Auf sein gutgelauntes »Hallo« meldete sich Erich Kröger, sein Hamburger Kollege, zu Wort. »Ich habe noch etwas herausgefunden, das möglicherweise von nicht unbeträchtlichem Interesse für dich sein könnte«, ließ er ihn wissen. »Es geht um Pascal Austen. Sein Beruf hat mich veranlasst, mich eingehender mit ihm und seinen Geschäften zu befassen. Und dabei …«
»Ich weiß es zu schätzen, dass du dich so ins Zeug legst«, unterbrach ihn Henning. »Aber es ist nicht mehr nötig, in diese Richtung zu ermitteln. Wir haben den Täter.«
»So?«
»Ja. Wieder einmal half uns Kommissar Zufall auf die Sprünge.« In den kommenden Minuten berichtete Henning seinem Freund, was er herausgefunden hatte.
»Na hoffentlich täuschst du dich nicht«, gab Erich Kröger zu bedenken. »Willst du dir nicht doch erst einmal anhören, was ich in Erfahrung gebracht habe?«
»Meinetwegen.«
»Wusstest du, dass Pascal Austen neben mehreren privat genutzten Immobilien, zu denen auch ein unter seinem Namen geführtes Wochenendgrundstück in Vitt gehört, Miteigentümer der Residenz Ostseeblick in Sellin ist? Ich dachte …«
Stille. Entgeistert starrte Henning auf sein Handy, bevor ihm dämmerte, dass dessen leerer Akku für das abrupte Ende des Gesprächs verantwortlich war. Noch während er nach einem Sinn des Gehörten suchte, begann in einem verborgenen Winkel seines Hirns eine Alarmglocke zu läuten. Sie mahnte ihn an, etwas Entscheidendes übersehen zu haben. Diese Erkenntnis verhalf ihm zu einer weiteren, noch viel gravierenderen Eingebung. Wie gelähmt hielt der Kommissar das Lenkrad umklammert. Einem Impuls folgend, verlangsamte er gleichzeitig das Tempo. Mit nicht mehr als vierzig Stundenkilometern schlich sein Wagen über die gepflasterte Alleestraße, die Garz mit Putbus verband. Bei einer der nächsten Parkbuchten hielt er an. Der Grund für seinen inneren Aufruhr bestand in Erichs Nachricht, die besagte, das Pascal Austen Miteigentümer der Residenz Ostseeblick in Sellin war. Diese Information an sich stellte
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