Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maigret - 31 - Mein Freund Maigret

Maigret - 31 - Mein Freund Maigret

Titel: Maigret - 31 - Mein Freund Maigret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
Vom Netzwerk:
wissen, was ich denke? Sie wissen doch darüber genausoviel wie ich.«
    »Den großen Haufen eingeschlossen?«
    »Den großen Haufen eingeschlossen.«
    Chariot zündete sich eine neue Zigarette an und setzte hinzu:
    »Die großen Haufen haben mich immer interessiert. Wissen Sie jetzt Bescheid?«
    »Deswegen haben Sie heute morgen den Holländer besucht?«
    »Der ist arm wie eine Kirchenmaus.«
    »Soll das bedeuten, daß er nichts damit zu tun hat?«
    »Das habe ich nicht gesagt. Ich meine nur, Marcellin konnte nicht hoffen, aus ihm Geld herauszuholen.«
    »Sie vergessen das Mädchen.«
    »Anna?«
    »Ihr Vater ist sehr reich.«
    Chariot dachte einen Augenblick nach, zuckte dann aber nur die Schultern. Die ›Cormoran‹ fuhr an der ersten Felsenspitze vorüber und in den Hafen ein.
    »Erlauben Sie? Ich erwarte vielleicht jemand.« Und Chariot tippte ironisch mit zwei Fingern an seine Mütze und wandte sich der Landestelle zu. Während Maigret sich eine Pfeife stopfte, sagte Mr. Pyke:
    »Ich glaube, der ist sehr intelligent.«
    »Ohne das bringt man es in seinem Beruf nicht weit.«
    Der Hausdiener vom ›Grandhotel‹ ergriff das Gepäck eines jungen Paars, das sich offensichtlich auf der Hochzeitsreise befand. Der Bürgermeister, der an Bord gegangen war, prüfte die Etiketten der Kisten. Chariot half einer jungen Frau herunter und geleitete sie zur ›Arche‹. Er hatte also wirklich jemand erwartet. Bestimmt hatte er am Tage vorher telefoniert.
    Von wo hatte eigentlich Inspektor Lechat vorgestern angerufen, um Maigret den Mord mitzuteilen? Wenn er in der ›Arche‹ telefoniert hatte, wo der Apparat dicht bei der Theke an der Wand hing, hatten es alle gehört. Maigret durfte nicht vergessen, ihn danach zu fragen. Der Zahnarzt war auch wieder da, er war genauso angezogen wie am Morgen, war nicht rasiert, vielleicht nicht einmal gewaschen, und hatte einen alten Strohhut auf dem Kopf. Er sah sich die ›Cormoran‹ an, und das genügte ihm. Er schien sich seines Lebens zu freuen. Würden es Maigret und Mr. Pyke genauso wie die anderen machen, langsam zur ›Arche‹ hinaufschlendern, sich an die Theke stellen und das Glas Weißwein trinken, das man ihnen, ohne sie erst danach zu fragen, servierte?
    Der Kommissar blickte verstohlen seinen Begleiter an, und Mr. Pyke schien, obwohl sich nichts in seinem Gesicht regte, das gleiche zu denken.
    Warum sollten sie es schließlich anders machen als die anderen? Marcellins Beerdigung fand in Hyères statt. Ginette schritt als Vertreterin der Familie hinter dem Sarg und betupfte sich sicherlich mit ihrem zu einer Kugel zusammengerollten Taschentuch das Gesicht. Es war da drüben in den mit Palmen, die kein Windhauch bewegte, umsäumten Straßen bestimmt drückend heiß.
    »Trinken Sie gern den weißen Inselwein, Mr. Pyke?«
    »Ja, ich hätte nichts dagegen, jetzt ein Glas zu trinken.«
    Der Briefträger schob seinen Karren, auf dem sich die Postsäcke türmten, über den kahlen Platz. Als Maigret den Kopf hob, sah er, daß die Fenster der ›Arche‹ weit offenstanden, und in einem von ihnen lehnte Chariot. Hinter ihm, im Halbschatten stehend, streifte eine junge Frau gerade ihr Kleid über den Kopf.
    »Er hat allerlei geredet, und ich möchte wissen, ob er mir nicht noch mehr sagen möchte.«
    Nun, das würde schon noch kommen. Leute wie Chariot widerstehen schwer dem Verlangen, sich ins rechte Licht zu stellen. Als Maigret und Mr. Pyke sich auf die Terrasse setzten, erblickten sie Emil, der mehr denn je einer weißen Maus glich und mit einem Panama auf dem Kopf trippelnd über den Platz ging und dann schräg zur Post abbog, die ganz oben links von der Kirche lag. Die Tür stand offen. Vier oder fünf Menschen warteten, während das Postfräulein die Sendungen sortierte.
    Es war Samstag. Jojo schrubbte mit viel Wasser die roten Fliesen im Saal. Sie hatte bloße Füße, und ein Gerinnsel schmutzigen Wassers rann auf die Terrasse.
    Paul brachte nicht zwei Gläser Weißwein, sondern eine Flasche. »Kennen Sie die Frau, die mit Chariot in sein Zimmer hinaufgegangen ist?«
    »Das ist seine Freundin.«
    »Ist sie in einem öffentlichen Haus?«
    »Ich glaube nicht. Sie ist so was wie Tänzerin oder Sängerin in einem Marseiller Nachtlokal. Es ist das dritte- oder viertenmal, daß sie herkommt.«
    »Hat er mit ihr telefoniert?«
    »Gestern nachmittag, während Sie auf Ihrem Zimmer waren.«
    »Wissen Sie, was er zu ihr gesagt hat?«
    »Er hat sie nur gebeten, zum Wochenende

Weitere Kostenlose Bücher