Maigret - 31 - Mein Freund Maigret
zu, daß du auch da soviel wie möglich erfährst. Aber das ist noch nicht alles. Noch nicht trennen, Mademoiselle. Hast du Verbindungen in Montparnasse? Informier dich dort über einen Jef van Greef, der mehr oder weniger Maler ist und eine Zeitlang auf seinem Schiff gelebt hat, das in der Nähe des Pont Marie vor Anker lag. Hast du dir Notizen gemacht? Das ist alles, ja. Aber ruf mich nicht erst wieder an, wenn du alle Informationen hast. Du kannst dir soviel Leute zu Hilfe nehmen, wie du willst. Ist im Büro alles in Ordnung? Wer ist von einem Kind entbunden? Janviers Frau? Übermittle ihr meine besten Wünsche.«
Als er aus der Zelle herauskam, sah er, wie Aglaja seelenruhig, ohne eine Spur von Verlegenheit, den Kopfhörer abnahm.
»Hören Sie immer die Gespräche ab?«
»Ich bin am Apparat geblieben für den Fall, daß die Verbindung getrennt würde. Ich traue nämlich der Beamtin in Hyères nicht. Das ist eine Megäre.«
»Sie machen’s aber trotzdem bei allen so?«
»Morgens habe ich wegen der Post keine Zeit dazu. Nachmittags geht es schon eher.«
»Notieren Sie alle Telefongespräche, die von den Inselbewohnern geführt werden?«
»Dazu bin ich verpflichtet.«
»Könnten Sie mir eine Liste aller Verbindungen geben, die Sie in den letzten Tagen, sagen wir in den letzten acht Tagen, hergestellt haben?«
»Wenn Sie sich ein paar Minuten gedulden, können Sie sie haben.«
»Sie nehmen auch die Telegramme an, nicht wahr?«
»Es wird hier nur wenig telegrafiert, außer in der Saison. Ich habe heute morgen eins gehabt, das Sie sicherlich interessieren wird.«
»Woher wissen Sie das?«
»Der Absender des Telegramms ist jemand, der sich zumindest für eine der Personen, über die Sie eben Auskünfte erbeten haben, zu interessieren scheint.«
»Haben Sie eine Kopie?«
»Ich suche sie Ihnen heraus.«
Kurz darauf reichte sie dem Kommissar ein Formular, und er las:
Fred Masson, bei Angelo, Rue Blanche, Paris.
Erbitte genaue Informationen über Philippe de Moricourt, Adresse Rue Jacob, Paris. Stop. Telegrafiert Porquerolles.
Gruß
Unterschrift: Chariot.
Maigret ließ das Telegramm Mr. Pyke lesen, der nur den Kopf schüttelte.
»Machen Sie mir bitte die Liste der Anrufe fertig, Mademoiselle. Ich warte inzwischen draußen mit meinem Freund.«
So setzten sie sich zum ersten Male auf die Bank im Schatten der Eukalyptusbäume des Platzes mit dem Rücken zur Wand, die rosa und heiß war. Irgendwo in der Nähe mußte ein Feigenbaum stehen. Sie konnten ihn nicht sehen, rochen aber seinen süßlichen Duft.
»Ich werde Sie gleich bitten müssen«, sagte Mr. Pyke mit einem Blick auf die Kirchenuhr, »mir zu gestatten, Sie für einen Augenblick zu verlassen, vorausgesetzt, daß es Ihnen recht ist.«
Tat er nur aus Höflichkeit so, daß es Maigret nicht recht sein könnte?
»Der Major hat mich um fünf Uhr zu einem Schnaps in seine Villa eingeladen. Ich hätte ihn beleidigt, wenn ich es abgelehnt hätte.«
»Aber ich bitte Sie, das ist doch selbstverständlich.«
»Ich habe angenommen, Sie würden wahrscheinlich sehr beschäftigt sein.«
Kaum hatte der Kommissar eine Pfeife geraucht und dabei den beiden alten Boulespielern zugesehen, als Aglaja mit schriller Stimme aus ihrem Schalter rief:
»Monsieur Maigret, die Liste ist fertig.«
Er holte sich das Blatt und setzte sich wieder neben Mr. Pyke. Sie hatte ihre Arbeit gewissenhaft verrichtet. Die Liste war in einer sauberen Schülerschrift geschrieben. Nur drei oder vier orthographische Fehler fanden sich darin.
Das Wort Metzger kam mehrmals in der Liste vor. Anscheinend telefonierte er jeden Tag nach Hyères, um Fleisch für den nächsten Tag zu bestellen. Ebenso häufig waren die Anrufe des Konsums, aber sie galten verschiedenen Nummern. Maigret zog etwas unterhalb der Mitte der Liste einen Strich und trennte so die Anrufe vor Marcellins Tod von denen danach.
»Machen Sie sich Notizen?« bemerkte Mr. Pyke, als er sah, wie der Kommissar ein dickes Notizbuch aufschlug.
Sollte das eine Anspielung darauf sein, daß er zum ersten Male Maigret sich wie einen richtigen Kommissar benehmen sah?
Der am häufigsten auf der Liste vorkommende Name war der Justines. Sie rief Nizza, Marseille, Béziers, Avignon an und hatte außerdem in einer Woche allein vier Gespräche mit Paris geführt.
»Nun, wir werden gleich alles Nähere wissen«, sagte Maigret. »Das Postfräulein wird wohl alles genau abgehört haben. Ist das in England auch so?«
»Ich
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