Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maigret - 31 - Mein Freund Maigret

Maigret - 31 - Mein Freund Maigret

Titel: Maigret - 31 - Mein Freund Maigret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
Vom Netzwerk:
irgendwie einzulassen.
    Rechts vom Hafen führte ein Pfad an der Steilküste empor und endete bei einer Hütte, deren Tür offenstand. Ein Fischer saß auf der Schwelle, hielt mit den nackten Zehen ein ausgespanntes Netz fest, und seine Hände, flink wie die einer Näherin, fuhren mit Nadel und Faden durch die Maschen.
    Dort war Marcellin ermordet worden. Die beiden Kriminalbeamten warfen einen Blick in die Hütte. In der Mitte stand ein riesiger Kessel, wie jene, die man auf dem Land zum Kochen des Schweinefutters benutzt. Hier wurden die Netze in einer bräunlichen Flüssigkeit gekocht, die sie gegen die Einwirkung des Salzwassers schützte.
    Alte Segel schienen Marcellin als Schlafstatt gedient zu haben. In den Ecken standen Farbentöpfe, Öl- oder Petroleumkannen, geflickte Ruder, und es lag allerlei Eisengerümpel herum.
    »Schlafen hier manchmal auch andere?« fragte Maigret den Fischer.
    Der Mann sah ihn gleichgültig an.
    »Der alte Benoit gelegentlich, wenn’s regnet.«
    »Und wenn es nicht regnet?«
    »Er schläft lieber draußen. Wie’s gerade kommt. Mal irgendwo am Strand oder auf Deck eines Schiffs. Hin und wieder auch auf einer Bank am Platz.«
    »Haben Sie ihn heute gesehen?«
    »Er war vorhin dort.«
    Der Fischer deutete auf den Pfad, der in einer gewissen Höhe weiter am Meer entlangführte und auf der einen Seite von Kiefern umsäumt war.
    »War er allein?«
    »Ich glaube, der Herr, der in der ›Arche‹ wohnt, hat ihn ein Stück weiter getroffen.«
    »Welcher Herr?«
    »Der mit dem Leinenanzug und der weißen Mütze.«
    Es war Chariot.
    »Ist er hier wieder vorbeigekommen?«
    »Ja, vor einer guten halben Stunde.«
     
    Die ›Cormoran‹ war noch immer ein weißer Punkt auf dem blauen Meer, aber dieser weiße Punkt hatte sich jetzt deutlich vom Ufer gelöst. Andere Schiffe waren hier und dort auf dem Wasser verstreut. Einige schienen stillzuliegen, andere trieben langsam dahin und ließen eine leuchtende Spur hinter sich.
    Maigret und Mr. Pyke stiegen zum Hafen hinunter und gingen wie am Abend vorher den Landungssteg entlang, wobei sie mechanisch einen Jungen anblickten, der dort angelte.
    Als sie an dem kleinen Schiff des Holländers vorüberkamen, spähte Maigret flüchtig hinein und war ein wenig überrascht, Chariot dort in einem Gespräch mit van Greef zu sehen.
    Mr. Pyke ging immer noch stumm hinter ihm her. Wartete er darauf, daß sich irgend etwas ereignete? Versuchte er, Maigrets Gedanken zu erraten?
    Sie gingen bis zum Ende des Stegs, kehrten dann um, kamen von neuem an der ›Liebesblume‹ vorüber, und Chariot stand noch immer an derselben Stelle.
    Dreimal gingen sie den hundert Meter langen Steg auf und ab, und beim drittenmal verließ Chariot gerade die Kajüte der kleinen Jacht, drehte sich um, um sich zu verabschieden, und betrat dann das Brett, das als Gangway diente.
    Die beiden Männer waren jetzt ganz nah bei ihm. Sie liefen einander fast in die Arme. Nach kurzem Zögern blieb Maigret stehen. Um diese Zeit mußte der Autobus aus Giens in Hyères ankommen. Das Trauergefolge würde dann noch einen Schnaps trinken, bevor es sich zur Leichenhalle begab.
    »Sagen Sie, ich habe Sie schon den ganzen Morgen gesucht.«
    »Wie Sie feststellen können, habe ich die Insel nicht verlassen.«
    »Gerade deswegen muß ich mit Ihnen sprechen. Es besteht kein Grund, Sie hier festzuhalten. Sie haben mir, glaube ich, gesagt, Sie seien nur für zwei oder drei Tage gekommen und wären, wenn Marcellin nicht ermordet worden wäre, schon wieder abgefahren. Der Inspektor hat es für gut befunden, Sie nicht fortzulassen. Ich gebe Ihnen Ihre Freiheit zurück.«
    »Besten Dank.«
    »Ich bitte Sie nur, mir zu sagen, wo ich Sie, falls ich Sie brauchen sollte, erreichen kann.«
    Chariot, der eine Zigarette rauchte, blickte nachdenklich auf die Aschenhaube.
    »In der ›Arche‹«, sagte er schließlich.
    »Sie fahren nicht wieder fort?«
    »Im Augenblick nicht.«
    Er hob den Kopf und blickte dem Kommissar fest in die Augen.
    »Wundert Sie das? Es scheint Sie sogar zu ärgern, wenn ich hierbleibe. Aber das darf ich doch wohl?«
    »Ich kann Sie nicht daran hindern. Ich würde allerdings, ehrlich gesagt, gern wissen, wieso Sie plötzlich Ihre Absicht geändert haben.«
    »Ich habe keinen Beruf, der mich besonders beansprucht. Kein Büro, keine Fabrik, kein Geschäft, keine Angestellten oder Arbeiter, die mich erwarten. Finden Sie nicht, daß es sich hier ganz gut leben läßt?«
    Er versuchte nicht, seine

Weitere Kostenlose Bücher