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Maigret und das Verbrechen in Holland

Maigret und das Verbrechen in Holland

Titel: Maigret und das Verbrechen in Holland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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am Abend vorher g e sprochen hatte … Es ist entsetzlich, nicht wahr? Man kann es nicht verstehen …«
    Entsetzlich vielleicht! Aber man merkte nichts davon! Sicher kam das von der heiteren Atmosphäre, dieser ne t ten und gemütlichen Umgebung, von dem dampfenden Tee und der ganzen, kleinen Stadt, die wie ein Spielzeug aussah, das man zum Spaß am Ufer des Meeres aufg e stellt hatte.
    Wenn man aus dem Fenster schaute, konnte man über der roten Backsteinstadt Schornstein und Ko m mandobrücke eines großen Frachters sehen, der entl a den wurde. Und auf der Ems ließen sich Schiffe von der Strömung aufs Meer treiben.
    »Hat Conrad Sie oft nach Hause gebracht?«
    »Jedesmal, wenn ich ihn besuchte. Er war ein Freund.«
    »War Madame Popinga nicht eifersüchtig?«
    Maigret sagte dies aufs Geratewohl, weil sein Blick eben auf den verführerischen Busen des jungen Mä d chens gefallen war und vielleicht, weil ihm deswegen die Röte in die Wangen stieg.
    »Warum?«
    »Ich weiß nicht … Nachts … Sie beide …«
    Sie lachte und zeigte ihre strahlenden Zähne.
    »In Holland ist das immer so. Auch Cor brachte mich nach Hause.«
    »Und er war nicht in Sie verliebt?«
    Sie sagte weder ja noch nein. Sie gluckste. Genau das war es. Ein leises Glucksen zufriedener Koketterie.
    Durch das Fenster sah man, wie ihr Vater das Kalb aus dem Stall holte, es wie ein Baby auf dem Arm trug und mitten auf die Wiese in die Sonne stellte.
    Das Tier stand wackelig auf seinen vier zu dünnen Beinen, fiel beinahe um, setzte plötzlich zu einem G a lopp von vier oder fünf Metern an und blieb dann wie angewurzelt stehen.
    »Hat Conrad Sie nie geküßt?«
    Wieder ein Lachen, aber sie wurde ein wenig rot d a bei.
    »Doch …«
    »Und Cor?«
    Sie reagierte etwas zurückhaltender, wandte halb den Kopf ab.
    »Auch! Warum fragen Sie mich das?«
    Sie hatte einen eigenartigen Blick. Vielleicht erwartete sie, daß auch Maigret sie küßte?
    Draußen rief ihr Vater nach ihr. Sie öffnete das Fe n ster. Er redete holländisch mit ihr. Als sie sich umdrehte, sagte sie:
    »Entschuldigen Sie mich, ich muß in die Stadt zum Bürgermeister. Wegen des Stammbaums des Kalbes. Das ist sehr wichtig. Gehen Sie nicht auch nach Delfzijl?«
    Er ging mit ihr hinaus. Sie hielt ihr Fahrrad an der Lenkstange und ging neben ihm her, wiegte sich dabei etwas in den Hüften, die schon breit wie die einer Frau waren.
    »Ein schönes Land, nicht wahr? … Armer Conrad, er wird es nie mehr sehen! … Morgen machen die Bäder auf! Früher kam er immer und blieb eine Stunde im Wasser …«
    Maigret schaute beim Gehen auf den Boden.
    2
    Die Mütze des Baes
    G egen seine Gewohnheit prägte sich Maigret ein paar äußerliche, vor allem topographische Einze l heiten ein und bewies damit seinen Spürsinn, denn die Lösung sollte in der Folge von Fragen um Minuten und Meter abhängen.
    Zwischen dem Hof der Liewens und dem Haus der Popingas lagen ungefähr eintausendzweihundert Meter. Beide Häuser standen am Kanal, und um von einem zum anderen zu gelangen, folgte man dem Treidelweg.
    Ein übrigens beinahe unbenutzter Kanal, seitdem der viel breitere und tiefere Emskanal gebaut worden war, der Delfzijl mit Groningen verband.
    Dieser hier, das Amsteldiep, war schlammig, gewu n den, lag im Schatten schöner Bäume und wurde nur noch für den Transport der Holzstämme benutzt und von ein paar Schiffen mit geringer Tonnage durchfa h ren.
    Hier und da Bauernhöfe, eine Werft für Schiffsrepar a turen.
    Wenn man vom Haus der Popingas zum Hof ging, kam man zuerst, nach dreißig Metern, am Haus der Wienands vorbei. Dann an einem Haus im Rohbau. Danach kam ein großer leerer Platz und das Lager mit den Holzstößen.
    Hinter diesem Lagerplatz folgte wieder freies Gelä n de, danach machten der Kanal und der Weg eine Bi e gung. Von dort aus konnte man deutlich die Fenster bei den Popingas sehen und genau links davon den weißen Leuchtturm, der auf der anderen Seite der Stadt stand.
    »Ist das ein Leuchtturm mit einem rotierenden Licht?« fragte Maigret.
    »Ja.«
    »So daß er nachts immer wieder dieses Stück Weg b e leuchtet?«
    »Ja«, sagte sie wieder mit einem leisen Lächeln, als ob sie sich an etwas Erfreuliches erinnerte.
    »Für Verliebte nicht sehr lustig«, sagte er.
    Sie verließ ihn vor dem Haus der Popingas, angeblich um eine Abkürzung zu fahren, aber wahrscheinlich wol l te sie nicht mit ihm gesehen werden.
    Maigret blieb nicht stehen. Es war ein modernes Haus, ein Backsteinbau mit

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